Samstag, 27. September 2025

Beachte von nun an sorgfältiger deine Gelübde

 

Erneuerung der Gelübde beim Abendmahl
(Bild: Quelle)

“Und erhebe dich, und beachte von nun an sorgfältiger deine Gelübde, die du getan hast und noch tust, dann wirst du mit überaus großen Segnungen gesegnet werden.” (Lehre und Bündnisse 108:3). 

Lehre und Bündnisse 108:1–8 – Historischer Kontext und geistliche Lehren 

Am 26. Dezember 1835 empfing Joseph Smith eine Offenbarung für Lyman Sherman, die heute als Lehre und Bündnisse 108 überliefert ist. Diese Offenbarung ist von besonderem Wert, weil sie einen Einblick in das Verhältnis eines aufrichtigen Mitglieds der Kirche zu seinem Propheten gibt und zugleich zeigt, wie der Herr liebevoll mit den Schwächen, Sorgen und Hoffnungen Seiner Diener umgeht. Im Gegensatz zu manchen großen Visionen und weitreichenden Anweisungen in den Offenbarungen ist Abschnitt 108 sehr persönlich, fast wie ein vertrauliches Gespräch zwischen einem Gläubigen und dem Herrn. Dennoch enthält er universelle Lehren, die auch für uns heute von großer Bedeutung sind. 

Lyman Sherman – ein treuer, aber wenig bekannter Jünger Christi 

Lyman Sherman ist in der Kirchengeschichte weniger bekannt als viele seiner Zeitgenossen, doch sein Leben spiegelt die Hingabe vieler früher Heiliger wider. Er wurde 1804 in Vermont geboren und gehörte zu den ersten Mitgliedern der Kirche in Kirtland. Im Jahr 1835 war er bereits in die Ersten Siebzig ordiniert worden, einer Gruppe von Missionaren, die unter der Leitung des Kollegiums der Zwölf Apostel standen. Er diente treu und wurde später auch in das Hohepriestertum berufen. 

Interessanterweise ist Sherman auch dafür bekannt, dass er kurze Zeit nach dieser Offenbarung vom Hohen Rat in Kirtland berufen wurde, ein Teil der „Kirtland Safety Society“ – einer frühen Bank der Kirche – zu werden. Wenige Jahre später, im Dezember 1838, berief Joseph Smith ihn sogar in das Kollegium der Zwölf Apostel. Doch Sherman starb Anfang Januar 1839 plötzlich und konnte nie als Apostel ordiniert werden. Dies macht seine kurze Erwähnung in den Offenbarungen besonders bemerkenswert – sie ist gewissermaßen das bleibende geistige Vermächtnis dieses treuen Jüngers. 

Der Wunsch Shermans – Reinigung des Herzens und Führung 

Lyman Sherman kam am 26. Dezember 1835 zu Joseph Smith mit dem Wunsch, den Herrn durch Seinen Propheten zu befragen. Er fühlte, dass sein Herz und sein Leben einer erneuten Reinigung bedurften. Laut den Joseph Smith Papers bat Sherman ausdrücklich darum, zu wissen, „was er tun sollte, um dem Herrn wohlgefällig zu sein“. Dies ist bemerkenswert: Ein Mann, der bereits ein geweihter Führer und Missionar der Kirche war, suchte nicht nach einer neuen Aufgabe oder einem besonderen Titel, sondern nach innerer Reinheit und Bestätigung, dass sein Dienst angenommen sei. 

Der Herr antwortete auf diese Bitte mit einer kurzen, aber tiefgehenden Offenbarung, die reich an Zuspruch, Korrektur und Ermutigung ist. 

Die Botschaft der Offenbarung – Zuspruch, Ermahnung und Auftrag 

Ein zentrales Prinzip der Offenbarung ist die Vergebung der Sünden als Ausgangspunkt für weiteren Dienst. Sherman erhielt zunächst die Zusicherung, dass seine Sünden vergeben seien, bevor er zu weiteren Aufgaben aufgefordert wurde. In den Evangelien begegnen wir oft der Gewohnheit Jesu, Sündenvergebung an den Anfang Seiner Begegnungen zu stellen, bevor Er weitere Segnungen spendet. Ein prägnantes Beispiel findet sich in Markus 2:5: Als der Gelähmte durch das Dach zu Ihm gebracht wird, sagt Jesus nicht zuerst: „Steh auf und geh!“, sondern: „Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben.“ Erst danach heilt Er ihn körperlich. 

Anschließend wird Sherman ermahnt, weiterhin treu und eifrig in seinen Aufgaben zu sein und seine Brüder zu stärken. Hier zeigt sich die geistliche Logik des Reiches Gottes: Wer selbst gereinigt und gestärkt wird, übernimmt Verantwortung, andere zu unterstützen (vgl. Lukas 22,32). Das gilt nicht nur für persönliche geistliche Entwicklung, sondern auch für den Dienst an der Gemeinschaft und der Kirche. 

Sherman wird außerdem angewiesen, aktiv am Aufbau der Kirche mitzuwirken, zu reden und zu predigen, wie es durch den Geist eingegeben wird. Geistliche Reinigung soll nicht zum Rückzug führen, sondern zu verstärktem Engagement im Werk des Herrn. Wer seine Berufung erfüllt, wird durch göttliche Kraft gestärkt und vor Furcht bewahrt, eine universelle Wahrheit für jeden Jünger Christi. 

Geistliche Anwendung für uns heute 

Die Offenbarung an Lyman Sherman ist zwar individuell, enthält aber zeitlose Grundprinzipien, die auf jeden Jünger Christi übertragbar sind: 

  • Demütiges Fragen führt zu göttlicher Antwort: Sherman kam mit ehrlichem Wunsch zu wissen, was er tun sollte. Auch wir sind eingeladen, den Herrn um Führung zu bitten, sei es im Gebet, durch die Schriften oder durch lebende Propheten (vgl. Jakobus 1:5). 
  • Vergebung ist real und gegenwärtig: Sherman erhielt Zusicherung, dass seine Sünden vergeben sind. Das zeigt, dass göttliche Vergebung kein theoretisches Konzept ist, sondern eine tatsächliche, gegenwärtige Zusage (vgl. L&B 58:42). 
  • Gestärkt werden, um andere zu stärken: Wer geistig erneuert wird, soll diese Kraft weitergeben und andere ermutigen (vgl. 1. Thessalonicher 5:11). Treue im Dienst Gottes ist nie rein privat. 
  • Predigen nach dem Geist: Sherman wurde ermutigt, im Geist zu sprechen, wann immer sich Gelegenheit bietet. Auch heute gilt: Zeugnis geben sollte nicht aus eigener Kraft, sondern durch Eingebung des Heiligen Geistes geschehen (vgl. Lehre und Bündnisse 100:5–6). 
  • Furchtlosigkeit durch Treue: Der Herr versprach Sherman, ihn von Furcht zu befreien. Wahre Treue und gelebter Glaube vertreiben Angst und Unsicherheit (vgl. 1. Johannes 4:18). 

Ein Vermächtnis in wenigen Worten 

Obwohl Lyman Sherman kein Apostel im aktiven Dienst wurde und sein Leben relativ früh endete, ist sein geistiges Vermächtnis durch L&B 108 erhalten geblieben. Wir sehen darin das Bild eines Mannes, der nicht nach Macht oder Ansehen suchte, sondern nach Reinheit und göttlicher Führung. Sein Beispiel erinnert uns daran, dass im Reich Gottes nicht Titel oder Amt die entscheidende Rolle spielen, sondern das Herz, das sich demütig Gott zuwendet. 

Schlussgedanken 

L&B 108:1–8 ist ein Zeugnis von der Nähe des Herrn zu den Einzelnen. Es zeigt, dass Er aufrichtiges Fragen beantwortet, Vergebung schenkt, Mut gibt und uns zu treuem Dienst ermutigt. Auch wenn diese Offenbarung an einen einzelnen Mann erging, lädt sie uns alle ein, unsere eigene Bereitschaft zu prüfen: Suchen wir wie Sherman die Reinigung des Herzens? Sind wir willig, gestärkt zu werden, um andere zu stärken? Und vertrauen wir darauf, dass der Herr uns von Angst befreien und mit Kraft ausstatten wird? 

Wer diesen Prinzipien folgt, erfährt, dass Gott nicht nur die großen Führer, sondern auch den demütigen Jünger sieht – und dass selbst eine kurze Offenbarung, acht Verse lang, ein ganzes Leben prägen kann. 

findechristus.org

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