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„Deine Gebete sind vor mir annehmbar, und als Antwort darauf sage ich dir: Du bist jetzt dazu berufen, unverzüglich eine feierliche Kundmachung von meinem Evangelium zu erlassen, ebenso von diesem Pfahl, den ich als Eckstein für Zion gesetzt habe und der zu einer Feinheit geglättet werden wird, die der eines Palastes gleichkommt.“ (Lehre und Bündnisse 124:2).
Wie zeigt Gott in diesen Versen, dass er trotz menschlicher Schwäche große Aufgaben anvertraut – und wie können wir lernen, selbst mutig zu Zeugen seiner Wahrheit zu werden?
Lehre und Bündnisse 124:1–21 – Eine Kundmachung an Könige und Nationen
- Verse 1–2: Berufung trotz Schwäche
Der Herr beginnt die Offenbarung mit einer persönlichen Zusicherung an Joseph Smith: „Ich habe Wohlgefallen an deinem Opfer und Bekenntnis … damit ich durch das Schwache der Erde meine Weisheit zeigen kann.“ (V. 1). Diese Worte spiegeln ein zentrales Prinzip der Wiederherstellung wider: Gott erwählt nicht die Starken, Reichen oder Gelehrten, sondern er wirkt durch einfache Menschen, um seine Größe sichtbar zu machen. Der Gedanke, dass die „Schwachen der Erde“ seine Werkzeuge sind, zieht sich durch viele Schriften (vgl. 1. Korinther 1:27). Für Joseph war dies Trost und Auftrag zugleich: trotz Verfolgungen und Widerständen sollte er mit einem Auftrag betraut werden, der alle Nationen betraf. Vers 2 konkretisiert dies: eine „feierliche Kundmachung“ sollte unverzüglich erlassen werden. Historisch gesehen war dies die Aufforderung, die Botschaft der Wiederherstellung nicht nur im eigenen Umfeld zu verkünden, sondern an die „Könige“ und führenden Autoritäten der Erde. Geistlich gesehen lernen wir daraus, dass Gebetserhörungen oft mit Verantwortung verbunden sind: Gott erhört Josephs Gebet – und gibt ihm sogleich eine große, weltweite Aufgabe. Joseph selbst hat die Kundmachung nicht mehr verfasst, sie wurde erst 1845 von den Zwölf Aposteln herausgegeben (zur Proklamation lies hier).
2. Verse 3–7: Eine Botschaft an Könige und Nationen
Die Kundmachung sollte, so sagt der Herr, an alle „Könige auf der Welt … und an alle Nationen“ gehen (V. 3). Auffällig ist die Verbindung von Sanftmut und Kühnheit: „Sie soll im Geist der Sanftmut und durch die Macht des Heiligen Geistes geschrieben werden“ (V. 4), aber zugleich soll Joseph „mit lauter Kundmachung“ rufen und sich nicht fürchten (V. 7). Diese Spannung zwischen Demut und Furchtlosigkeit ist bis heute lehrreich. Wer Zeugnis von Christus ablegt, muss nicht aggressiv auftreten, sondern in Sanftmut sprechen – aber eben auch klar, ohne Kompromisse, und mit dem Vertrauen, dass Gott die Herzen bewegt. Dass Könige „wie Gras“ sind (V. 7), erinnert an Jesaja 40:6–8: menschliche Macht ist vergänglich, Gottes Wort aber bleibt. Für die damaligen Heiligen war dies eine gewaltige Perspektive: eine kleine, bedrängte Gemeinschaft sollte sich nicht fürchten, auch die Großen der Erde anzusprechen, weil ihre Botschaft göttlichen Ursprung hatte. Für uns bedeutet das, dass wir das Evangelium nicht klein machen müssen. Auch wenn wir in einer säkularen Welt manchmal eine Minderheit darstellen, ist unsere Botschaft ewig gültig.
3. Verse 8–11: Gericht und Einladung
In diesen Versen wird deutlich, warum die Kundmachung nötig ist: damit die Nationen „ohne Entschuldigung“ seien (V. 7–8). Der Herr kündigt Gericht an, wenn sie die Botschaft verwerfen (V. 8), aber auch Erweichen und Gnade, wenn sie sie annehmen (V. 9). Es ist bemerkenswert, dass Gott sowohl Gericht als auch Barmherzigkeit verheißt. Die Heimsuchung (V. 10) kommt plötzlich, doch vorher ergeht eine Einladung: „Erwacht, o ihr Könige der Erde! Kommt … meinem Volk zu Hilfe“ (V. 11). Die Balance zwischen Warnung und Einladung ist ein Muster, das wir auch in anderen Schriften finden – etwa in den Predigten Almas im Buch Mormon, wo sowohl Gericht als auch Umkehrmöglichkeiten betont werden (Alma 5). Für die Kirche in Nauvoo bedeuteten diese Worte eine Hoffnung: auch politische Führer könnten sich bewegen lassen, zugunsten der Heiligen zu handeln. Für uns heute heißt es: Gottes Wort ist stets beides – ernste Mahnung und liebevolle Einladung.
Heute erfüllt sich dieser Gedanke, wenn Regierungsvertreter der Kirche Respekt entgegenbringen, offizielle Begegnungen mit der Ersten Präsidentschaft oder dem Kollegium der Zwölf suchen und in Fragen von Religionsfreiheit, humanitärer Hilfe oder Familienwerten mit ihr zusammenarbeiten. Solche Kontakte zeigen, dass auch „Könige der Erde“ auf das Licht Zions aufmerksam werden.
4. Verse 12–14: Die Berufung Robert B. Thompsons
Der Herr wendet sich dann einzelnen Personen zu. „Lass meinen Diener Robert B. Thompson dir helfen, diese Kundmachung zu schreiben“ (V. 12). Das zeigt zweierlei: erstens, dass göttliche Aufträge Teamarbeit sind. Selbst Joseph Smith, der Prophet, sollte sich helfen lassen. Zweitens, dass Gott Freude daran hat, verschiedene Talente zusammenzubringen. Thompson wird mit „einer Vielfalt von Segnungen“ gesegnet, wenn er treu bleibt (V. 13). Zugleich wird er erinnert, dass seine Treuhandschaft Rechenschaft fordert (V. 14). Hier lernen wir, dass geistliche Aufgaben sowohl Ehre als auch Verantwortung bedeuten. Wer im Reich Gottes mitarbeitet, muss nicht perfekt sein, aber treu und rechenschaftsbereit. Für uns heißt das: jeder Beitrag im Dienst des Evangeliums zählt – aber er verlangt auch Treue.
5. Verse 15–17: Hyrum Smith und John C. Bennett
Im Folgenden werden Hyrum Smith und John C. Bennett hervorgehoben. Über Hyrum sagt der Herr: „… ich, der Herr, liebe ihn wegen der Lauterkeit seines Herzens“ (V. 15). Das Herz, nicht die äußerliche Position, ist entscheidend. Für John C. Bennett spricht der Herr Worte der Anerkennung und Verheißung (V. 16–17). Historisch wissen wir, dass Bennett später vom Glauben abfiel und der Kirche schadete. Umso bedeutsamer ist es, dass er hier als jemand beschrieben wird, der helfen sollte, das Wort Gottes zu verbreiten. Das zeigt: jeder Mensch steht in einer dynamischen Beziehung zu Gott – heutige Treue garantiert nicht automatisch künftige Beständigkeit. Gleichzeitig gilt: Gott erkennt aufrichtige Bemühungen an und belohnt Liebe und Treue, solange man darin fortfährt. Für uns heute mahnt das, demütig zu bleiben, standhaft und beständig, und nicht im eigenen Eifer nachzulassen.
6. Verse 18–19: Lyman Wight und die Erinnerung an Verstorbene
Über Lyman Wight sagt der Herr: „… er wird sich und meinem Namen Herrlichkeit und Ehre erzeugen“ (V. 18). Diese Zusage knüpft an Bilder aus Jesaja an: „wie auf Adlerflügeln emporgetragen“ (vgl. Jesaja 40:31). Es ist ein Bild der Stärke und des Schutzes. Der Herr deutet zudem an, dass Wight, wenn er treu bleibt, eines Tages zu ihm genommen werden wird – wie zuvor David Patten, Edward Partridge und Joseph Smith Sr. (V. 19). Diese Passage zeigt, wie sehr die Gemeinschaft von damals das Weiterleben nach dem Tod und die Gemeinschaft mit den Vätern betonte. Für die Heiligen war es Trost, zu wissen: ihre Führer, die gestorben waren, sind bei Gott. Für uns heute ist es eine Erinnerung: unsere Treue hat nicht nur Wirkung in diesem Leben, sondern reicht in die Ewigkeit.
7. Verse 20–21: George Miller und das Bischofsamt
Zum Schluss dieser Versgruppe wird George Miller hervorgehoben: „… ihm kann man wegen der Lauterkeit seines Herzens vertrauen“ (V. 20). Treue, Aufrichtigkeit und Liebe zum Zeugnis Christi sind die Eigenschaften, die ihn zum Bischof berufen. Er erhält den Auftrag, die Tempelweihungen zu empfangen und die Armen zu segnen (V. 21). Das Amt des Bischofs ist also zutiefst mit Fürsorge für die Bedürftigen verbunden. Das ist bis heute eine der wichtigsten Lehren: wahre Ehre im Reich Gottes bedeutet, den Armen zu dienen. „Niemand soll meinen Diener George verachten“ (V. 21) – eine eindrückliche Erinnerung daran, dass Gott seine Diener schützt und ehrt, auch wenn Menschen dazu neigen, sie geringzuschätzen.
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