Donnerstag, 16. Oktober 2025

Lasst sie sich von meinen Heiligen in der Stadt Far West verabschieden

 

Far West Temple-Site
(Bild: Quelle)

“Lasst sie sich am sechsundzwanzigsten Tag des nächsten Aprils von meinen Heiligen in der Stadt Far West verabschieden, und zwar auf dem Bauplatz meines Hauses, spricht der Herr.” (Lehre und Bündnisse 118:5). 

Lehre und Bündnisse 118 – Historischer Kontext und geistliche Lehren 

Einleitung: 1838 und die Notwendigkeit neuer Führung 

Das Jahr 1838 war für die junge Kirche Jesu Christi von tiefgreifenden Umbrüchen geprägt. In Far West, Missouri, befanden sich die Heiligen in einer politisch, rechtlich und gesellschaftlich angespannten Lage. Feindseligkeiten mit den Nachbarn verschärften sich, Verhaftungen und Vertreibungen standen bevor, und auch innerhalb der Kirche gab es Unruhe. Einige Führer fielen vom Glauben ab oder wurden abgesetzt, darunter auch Mitglieder des Kollegiums der Zwölf Apostel. In dieser schwierigen Situation wandte sich Joseph Smith erneut an den Herrn, um Anweisungen zur künftigen Leitung und Stärkung der Kirche zu erhalten. 

Am 8. Juli 1838 erging in Far West die Offenbarung, die heute als L&B 118 bekannt ist. Sie richtete sich direkt an das Quorum der Zwölf Apostel, bestätigte ihre Aufgabe, das Evangelium „unter allen Nationen“ zu verkündigen, und ordnete gleichzeitig personelle Veränderungen an. Besonders bemerkenswert ist, dass die Offenbarung einen Zeitpunkt für den Beginn einer Missionsreise nach Großbritannien auf den 26. April 1839 festlegte – ein Datum, das sich später in eindrucksvoller Weise erfüllte, obwohl die äußeren Umstände dies fast unmöglich erscheinen ließen. 

Verse 1–3: Die Sendung des Kollegiums der Zwölf 

Der Herr erneuert im Vers 1 die grundlegende Berufung des Apostelkollegiums: Sie sollen als besondere Zeugen Jesu Christi „unter allen Nationen“ wirken. Diese weltweite Ausrichtung erinnert an den Missionsbefehl Jesu in Matthäus 28:19: „Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker.“ Auch das Buch Mormon bestätigt die Universalität des Evangeliums: „Denn er gebietet allen Menschen, überall, umzukehren und an ihn zu glauben“ (2 Nephi 9:23). 

Die Formulierung „erst nachdem sie dies getan haben, sollen sie nach ihrem Heim zurückkehren“ macht deutlich, dass der Dienst nicht an Bequemlichkeit gebunden ist, sondern an den göttlichen Auftrag. Ein Apostel lebt nicht für sich selbst, sondern für das Zeugnis Christi. Für uns heute bedeutet das: Jüngerschaft ist kein Nebenschauplatz im Alltag, sondern verlangt, dass wir Christus an die erste Stelle setzen – auch wenn dies mit Opfern verbunden ist. 

Verse 4–5: Bestimmungen zur Nachfolge und zeitliche Festlegung 

Die Worte in Vers 4 enthalten mehrere bemerkenswerte Punkte. Erstens wird eine klare geografische Richtung angegeben: Europa. Schon seit einiger Zeit hatten die Heiligen den Eindruck, dass das Evangelium dort fruchtbaren Boden finden würde. Tatsächlich sollte sich die Mission in England als entscheidend für das Überleben und Wachstum der Kirche erweisen. Zweitens verweist der Herr darauf, dass nicht alle derzeitigen Apostel durchhalten würden. Einige fielen tatsächlich vom Glauben ab, was verdeutlicht, dass selbst hohe Berufungen keinen Schutz vor menschlicher Schwäche bieten. 

Vers 5 legt dann einen ganz konkreten Zeitpunkt fest, zu dem sie sich in Far West treffen sollten um sich von dort aus auf ihre Mission zu verabschieden. Diese Bestimmung erwies sich als ein Prüfstein des Glaubens. Denn als der 26. April 1839 heranrückte, waren die Heiligen bereits aus Missouri vertrieben worden, Far West stand unter feindlicher Kontrolle, und die äußeren Bedingungen schienen die Erfüllung unmöglich zu machen. Dennoch hielten die Apostel an jenem Tag eine Versammlung auf dem Tempelplatz in Far West ab und erfüllten, entgegen dem Vorhaben ihrer Feinde dies zu unterbinden, buchstäblich das Gebot des Herrn. 

Dieses Beispiel zeigt eindrucksvoll, dass Gottes Wort nicht ins Leere fällt. Auch wenn Umstände dagegenstehen, bleibt seine Verheißung bestehen. Für uns heute heißt das: Wir können den Verheißungen des Herrn vertrauen, selbst wenn äußere Situationen hoffnungslos erscheinen. 

Vers 6: Berufung neuer Apostel 

In Vers 6 nennt der Herr vier Männer, die zu Aposteln berufen wurden. Diese Offenbarung zeigt einmal mehr, dass der Herr seine Kirche lenkt, indem er konkrete Namen und Berufungen offenbart. Besonders bedeutsam ist, dass drei dieser Männer – John Taylor, Wilford Woodruff und Willard Richards – später eine zentrale Rolle in der Führung der Kirche spielten. John Taylor wurde der dritte Präsident der Kirche, Wilford Woodruff der vierte, und Willard Richards diente treu in der Ersten Präsidentschaft. 

Die Berufung dieser Männer erinnert daran, dass der Herr „seine Auserwählten ruft“ (Abraham 3:23) und die Gaben und Talente jedes Einzelnen kennt. Für uns bedeutet das: Auch wenn unsere Aufgaben kleiner erscheinen mögen, sind sie Teil des göttlichen Plans. Gott kennt uns beim Namen und beruft uns, ihm zu dienen, wo immer wir stehen. 

Anwendung für heute 

L&B 118 ist nicht nur ein historisches Dokument über einen schwierigen Abschnitt der Kirchengeschichte. Es spricht direkt zu uns in unserer Zeit. Mehrere Anwendungen lassen sich herausarbeiten: 

  1. Beständigkeit im Zeugnis: So wie die Apostel in Far West trotz äußerer Gefahr den Auftrag erfüllten, so können auch wir in einer Welt voller Widerstände standhaft bleiben. Paulus schreibt: „Darum, meine geliebten Brüder, seid fest, unerschütterlich, nehmt immer zu in dem Werk des Herrn“ (1 Korinther 15:58). 
  1. Vertrauen auf Verheißungen: Die präzise Erfüllung der Weissagung vom 26. April 1839 zeigt, dass Gottes Wort sicher ist. Wenn er sagt, dass er bei uns sein wird (Matthäus 28:20), können wir fest darauf bauen. 
  1. Missionarischer Auftrag: Wie die Zwölf nach Europa gesandt wurden, so sind auch wir eingeladen, das Evangelium zu teilen – sei es in unserer Familie, Nachbarschaft oder online. Das Buch Mormon fasst dies so zusammen: „Das ist meine Aufgabe: zu überzeugen, … dass Jesus der Christus ist“ (Titelblatt). 
  1. Führung durch Offenbarung: Die Berufung der neuen Apostel zeigt, dass der Herr seine Kirche nicht im Stich lässt. Auch heute empfangen wir durch Propheten und Apostel göttliche Führung. Dies lädt uns ein, ihre Worte aufmerksam zu studieren und in die Tat umzusetzen. 

Schlussgedanke und Frage 

L&B 118 führt uns mitten in eine Zeit äußerer Unsicherheit und innerer Prüfung, doch es zeigt, dass der Herr seine Kirche führt, seine Verheißungen hält und seine Diener befähigt. Die Offenbarung ist ein Zeugnis dafür, dass selbst in dunkelsten Stunden das Werk des Herrn voranschreitet und dass unser Vertrauen auf ihn nicht vergeblich ist. 

Die entscheidende Frage für uns heute lautet: Wie können wir inmitten eigener Herausforderungen den gleichen Glauben und die gleiche Beständigkeit zeigen wie die Apostel, die am 26. April 1839 in Far West standen und das Gebot des Herrn erfüllten? 

findechristus.org

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