Samstag, 30. August 2025

Du musst dein eigenes Haus in Ordnung bringen

 

(Bild: Quelle)

“Und nun, ein Gebot gebe ich dir: Wenn du befreit sein willst, musst du dein eigenes Haus in Ordnung bringen; denn es gibt vieles, was in deinem Haus nicht recht ist.” (Lehre und Bündnisse 93:43). 

Lehre und Bündnisse 93:41–53 – Zurechtweisung, Hausordnung und der Weg zu geistiger Reifung 

Im abschließenden Abschnitt von Lehre und Bündnisse 93 wenden sich die Offenbarungsworte sehr konkret an führende Persönlichkeiten der jungen Kirche: Frederick G. Williams, Sidney Rigdon, Joseph Smith Jr. und Newel K. Whitney. Die Verse bilden nicht nur eine scharfe persönliche Zurechtweisung, sondern enthalten auch Prinzipien von bleibender Bedeutung – über geistige Führung, Familienverantwortung und die Notwendigkeit, das Haus Gottes (im wörtlichen wie übertragenen Sinn) in Ordnung zu bringen. 

Geistliche Führer stehen unter besonderer Verantwortung (Verse 41–44) 

Der erste Aufruf richtet sich an Frederick G. Williams, damals Ratgeber in der Ersten Präsidentschaft. Ihm wird vorgeworfen, seinen Kindern nicht Licht und Wahrheit gemäß den Geboten Gottes vermittelt zu haben. Daraus ergibt sich eine bedrückende Konsequenz: „Und jener Schlechte hat noch immer Macht über dich, und das ist die Ursache deiner Bedrängnis“ (Vers 42). Dieses Muster erinnert an L&B 68:25, wo es heißt, dass Eltern, die ihre Kinder nicht im Glauben an Umkehr, Taufe und das Gesetz Gottes unterweisen, in Sünde vor dem Herrn verbleiben. 

Im Lichte dieser Verse wird klar: Geistige Führerschaft beginnt im eigenen Zuhause. Es genügt nicht, öffentlich geistige Autorität auszuüben, wenn im persönlichen Umfeld Unordnung herrscht. Präsident Ezra Taft Benson betonte: „Niemand kann Erfolg in der Kirche haben, wenn er im eigenen Zuhause versagt.“ (Conference Report, April 1984). 

Auch Sidney Rigdon wird gemahnt, zunächst sein Haus in Ordnung zu bringen. Die Offenbarung stellt klar: Geistliche Autorität erfordert Integrität und Treue in den grundlegenden Lebensbereichen – insbesondere in Bezug auf Familie und Erziehung. 

Eine Freundschaft mit Christus – verbunden mit Verpflichtung (Verse 45–48) 

Mit überraschender Wärme wendet sich der Herr an Joseph Smith: „Ich werde euch Freunde nennen, denn ihr seid meine Freunde, und ihr werdet ein Erbteil mit mir haben“ (Vers 45). Diese Formulierung erinnert stark an die Worte Jesu an seine Jünger in Johannes 15:14–15: „Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch gebiete. [...] Ich nenne euch nicht mehr Knechte [...] sondern Freunde.“ Diese Freundschaft ist nicht oberflächlich – sie bringt Vertrautheit, aber auch Verantwortung. 

Trotz dieser Ehre muss Joseph Smith hören, dass er die Gebote nicht gehalten habe und „notwendigerweise zurechtgewiesen vor dem Herrn dastehen“ müsse (Vers 47). Seine Familie müsse umkehren und auf seine Worte ernster achten, sonst drohe ihnen der Verlust ihres „Platzes“ (Vers 48). Dies ist ein wiederkehrendes Motiv in dieser Offenbarung: die Vorstellung, dass geistige Segnungen nicht garantiert, sondern abhängig vom Gehorsam sind. Der „Platz“ kann symbolisch als Stellung in der Kirche oder als Anteil am Reich Gottes verstanden werden. 

Ein universelles Prinzip: Was ich zu einem sage, das sage ich zu allen (Verse 49–50) 

Vers 49 weitet die bisher persönlichen Ermahnungen auf alle Gläubigen aus: „Was ich zu einem sage, das sage ich zu allen.“ Dieser Grundsatz zieht sich durch viele Offenbarungen der Letzten Tage (vgl. L&B 1:2, 61:36, 82:5) und betont, dass das Evangelium keine Privatauffassung ist. Auch wenn die Worte sich zunächst an bestimmte Personen richten, gelten sie uns allen. 

Insbesondere wird dazu aufgerufen, „immer zu beten, damit jener Schlechte nicht Macht in euch habe“. Dieses Gebot deckt sich mit Jesu Lehre in Lukas 21:36: „Darum wacht jederzeit und betet.“ Auch 2 Nephi 32:9 ruft zum Gebet auf, „in allem, was ihr tut“. Es ist durch ständiges Gebet, dass Menschen in Licht und Wahrheit bleiben und sich vor dem Einfluss des Bösen schützen. 

Auch Bischof Newel K. Whitney wird gemahnt, sein Haus zu ordnen. Die Formulierung „zu Hause eifriger und besorgter sein und immer beten“ (Vers 50) lässt sich als Appell zu gelebtem Familienglauben deuten – zur Schaffung eines geistigen Zuhauses, in dem das Evangelium im Alltag verankert ist. Präsident Henry B. Eyring erinnerte: „Der Glaube zu Hause wird durch kleine tägliche Entscheidungen aufgebaut – Gebet, Schriftstudium, gegenseitige Rücksicht.“ (General Conference, April 2019) 

Eiliges Handeln und Wachstumsauftrag (Verse 51–53) 

Die Verse 51–53 enthalten nun konkrete Aufträge: Sidney Rigdon soll sich beeilen, das Evangelium zu verkündigen. Joseph Smith und Frederick G. Williams sollen sich ebenfalls beeilen – nicht nur im Dienst, sondern insbesondere bei der Übersetzung der Schriften. Der letzte Vers, Vers 53, ist bemerkenswert in seiner Weite: 

„Es ist mein Wille, dass ihr euch beeilt, meine Schriften zu übersetzen und Kenntnis von der Geschichte und von Ländern und von Reichen, von den Gesetzen Gottes und der Menschen zu erlangen, und das alles für die Errettung Zions.“ 

Hier verknüpft der Herr geistige und weltliche Bildung mit einem hohen Ziel: der „Errettung Zions“. Diese Aufforderung deckt sich mit L&B 88:78–80, wo Wissen über „Staaten, Königreiche, Sprachen, Völker“ als Teil der Vorbereitung auf geistige Aufgaben beschrieben wird. Der Auftrag zu forschen, zu übersetzen, zu lernen, zeigt: Die Wiederherstellung ist nicht nur eine geistige Bewegung – sie ist auch eine Bildungsbewegung, eine Vorbereitung auf das Reich Gottes in all seinen Dimensionen. 

Joseph Smith sagte einmal: „Ein Mensch ist nur insoweit gerettet, wie er Wissen erlangt hat.“ (Lehren des Propheten Joseph Smith, S. 344) In dieser Perspektive wird Bildung – insbesondere über Gottes Gesetz und die Geschichte seiner Handlungen mit den Menschen – zu einem geistigen Dienst. 

Fazit: Ordnung im Haus Gottes – ein Auftrag an uns alle 

L&B 93:41–53 führt uns eindrücklich vor Augen, dass geistige Autorität immer mit persönlicher Verantwortung beginnt – insbesondere in der Familie. Die Offenbarung warnt, dass Nachlässigkeit im Glaubensleben und in der Unterweisung der Kinder dem Widersacher Raum gibt, dass aber durch Umkehr, Gebet und tatkräftige Umordnung wieder Hoffnung besteht. Der Herr ist ein Gott der Gnade – aber auch ein Gott der Ordnung. 

Der Schluss ruft zur Eile und zur geistigen sowie intellektuellen Rüstung auf. Zion wird nicht zufällig errichtet. Es braucht Hausordnung, Bildung, Opfer und Gebet. Diese Verse laden uns ein, heute zu prüfen: Ist mein Haus in Ordnung? Bin ich meiner Verantwortung gegenüber Kindern, Familie und geistiger Vorbereitung gerecht geworden? Und bin ich bereit, mit Eifer an der Errettung Zions mitzuwirken? 

Der Abschnitt 93 offenbart tiefgreifende Lehren über die Natur Christi und des Menschen: Jesus empfing Herrlichkeit, Gnade und Wahrheit Stufe um Stufe, und ebenso können auch wir zur Fülle gelangen. Jeder Mensch besitzt den göttlichen Lichtkern, der „Licht und Wahrheit“ genannt wird – der Geist Christi. Sünde bedeutet, von diesem Licht abzuweichen. Familien tragen die heilige Pflicht, Kinder in Wahrheit und Gebet zu erziehen. Führer und Heilige sind aufgerufen, ihr eigenes Haus zu ordnen, wachsam zu sein und sich geistig wie intellektuell für Zion zu rüsten. Wer Gottes Wahrheit lebt, wird nicht zuschanden werden – weder in dieser noch in der zukünftigen Welt. 

findechristus.org

Freitag, 29. August 2025

Eure Kinder in Licht und Wahrheit aufziehen

 

(Bild: Quelle)

“Ich aber habe euch geboten, eure Kinder in Licht und Wahrheit aufzuziehen.” (Lehre und Bündnisse 93:40). 

Lehre und Bündnisse 93:33–40 – Körper und Geist, Licht und Wahrheit – unsere Verantwortung im göttlichen Wachstumsplan 

Diese Verse bilden den abschließenden Teil einer tiefgründigen Offenbarung, die uns hilft zu verstehen, wer wir in Wirklichkeit sind, wie wir in Wahrheit vor Gott stehen – und was unsere göttliche Berufung umfasst. Sie verbinden den Plan der Erlösung mit der Verantwortung jedes Einzelnen, insbesondere auch der Eltern, das Licht und die Wahrheit aktiv weiterzugeben. 

Geist und Element – Grundlage der ewigen Freude (Verse 33–34) 

Die Offenbarung beginnt mit einer machtvollen Feststellung: „Der Mensch ist Geist.“ In unserer modernen Welt, die stark durch das Materielle geprägt ist, erinnert uns diese Aussage daran, dass wir im Kern geistige Wesen sind – nicht bloß Körper mit einem Geist, sondern Geister, die einen Körper erhalten haben. Diese Perspektive findet sich auch im Buch Mose 3:5, wo der Herr erklärt, dass „alle Dinge geistig erschaffen wurden“, bevor sie körperlich erschaffen wurden. 

Doch die Lehre geht weiter: Nicht nur der Geist des Menschen ist ewig, sondern auch „die Elemente“. Das heißt: Materie, wie wir sie kennen, ist ebenfalls von ewiger Natur – allerdings nicht in ihrer gefallenen, sondern in ihrer geordneten, heiligen Form. Die Aussage, dass „Geist und Element, untrennbar verbunden, eine Fülle der Freude empfangen“, ist von zentraler Bedeutung für unsere Sicht auf das ewige Leben. Im Gegensatz zu vielen traditionellen christlichen Lehren, die den Körper als Hindernis zur Heiligkeit sehen, offenbart diese Schriftstelle, dass es gerade die Vereinigung von Geist und Körper ist, die es dem Menschen erlaubt, vollkommene Freude zu empfangen. 

Dies erklärt auch, warum die Auferstehung – die vollkommene, unzerstörbare Verbindung von Geist und verherrlichtem Körper – so zentral im Plan Gottes ist. Ohne diese Verbindung ist keine Fülle der Freude möglich (vgl. Alma 11:43–45). Der Körper ist also nicht nebensächlich, sondern heilig. Genau darauf zielt auch die nächste Lehre ab. 

Der Mensch als Wohnstätte Gottes – ein heiliger Tempel (Vers 35) 

In einer überraschenden Wendung wird gesagt: „Die Elemente sind die Wohnstätte Gottes“, und noch deutlicher: „Der Mensch ist die Wohnstätte Gottes, nämlich ein Tempel.“ Diese Lehre bringt zwei Aspekte zusammen: Erstens, dass Gott in materieller Schöpfung wirken und wohnen kann – ein Widerspruch zu gnostischen Vorstellungen, die Materie als böse ansehen. Und zweitens, dass jeder Mensch, durch seine göttliche Herkunft, dazu bestimmt ist, ein Tempel Gottes zu sein. 

Die parallele Aussage des Apostels Paulus in 1. Korinther 3:16–17 verstärkt diesen Gedanken: „Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und dass der Geist Gottes in euch wohnt?“ Wer den Tempel – also seinen Körper und seine geistige Berufung – entweiht, verliert diesen göttlichen Einfluss. So wird deutlich: Heiligkeit beginnt nicht im Äußeren, sondern in unserem Innersten. Und diese Heiligkeit muss bewahrt und gepflegt werden, wenn Gottes Geist in uns wohnen soll. 

Licht und Wahrheit als göttliche Substanz (Verse 36–37) 

Die Offenbarung definiert die Herrlichkeit Gottes mit einem Begriff, der in Lehre und Bündnisse immer wieder verwendet wird: „Intelligenz“, mit anderen Worten: Licht und Wahrheit. Diese Definition rückt uns vom statischen Gottesbild ab – Gott ist nicht einfach ein allwissendes Wesen, sondern eine Quelle und ein Wesen von durchdringender, lebendiger Wahrheit und Licht. 

Diese Wahrheit ist nicht abstrakt. Sie hat Wirkung, verändert, belebt und erhebt. Es ist derselbe Gedanke wie in Johannes 1:9: Christus ist „das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet“. In Lehre und Bündnisse 88:40 heißt es sogar: „Intelligenz heftet sich an Intelligenz“ – Wahrheit zieht Wahrheit an, und Licht vermehrt Licht. 

Ein bedeutsamer Zusatz ist Vers 37: „Licht und Wahrheit verlassen jenen Bösen.“ Dies lehrt, dass Licht und Wahrheit nicht nur ein Geschenk, sondern auch eine Verantwortung sind. Wer sich vom Licht abwendet – sei es durch Ungehorsam, Stolz oder Apathie –, verliert das, was ihm gegeben wurde. Es bleibt nicht automatisch. So entsteht geistige Finsternis nicht durch Mangel an Intelligenz, sondern durch aktiven Abfall vom Licht. 

Der Fall, Unschuld und kindliche Reinheit (Verse 38–39) 

Diese Verse verbinden tiefe theologische Konzepte mit praktischer elterlicher Verantwortung. Zunächst wird bezeugt: „Der Geist jedes Menschen war im Anfang unschuldig.“ Das erinnert an Abraham 3:22–23, wo von edlen und großen Geistern die Rede ist. Jeder Mensch beginnt im Zustand geistiger Unschuld. 

Nach dem Fall Adams, so die Offenbarung, wurde durch das Sühnopfer Christi der Zustand kindlicher Unschuld wiederhergestellt. Dies entspricht auch Lehre und Bündnisse 29:46–47, wo klar gesagt wird, dass kleine Kinder vor Gott heilig sind. 

Doch diese Unschuld kann verloren gehen – nicht durch natürliche Entwicklung, sondern durch zwei Hauptfaktoren: „Ungehorsam“ und „die Überlieferung ihrer Väter“. Der erste ist die individuelle Verantwortung jedes Menschen; der zweite verweist auf kollektive Verantwortung: Welche Glaubensmuster und Prägungen geben Eltern weiter? Werden Kinder in Licht und Wahrheit erzogen – oder in Traditionen, die Licht und Wahrheit rauben? 

Das Buch Mormon spricht in 2. Nephi 2:5 davon, dass Menschen durch das Gesetz und das Bewusstsein zwischen Gut und Böse zur Rechenschaft gezogen werden – doch wer dieses Licht nie erhält, kann auch nicht darin leben. Es ist also unsere Aufgabe, dieses Licht zu vermitteln. 

Elternverantwortung – Kinder im Licht und in Wahrheit aufziehen (Vers 40) 

Dieser Teil der Offenbarung endet mit einem machtvollen Gebot: „Ich aber habe euch geboten, eure Kinder in Licht und Wahrheit aufzuziehen.“ Dieser Vers bringt die gesamte Theologie der vorangehenden Verse in einen konkreten Auftrag: Eltern haben die Pflicht, das Licht, das sie empfangen haben, an ihre Kinder weiterzugeben. Es ist kein bloßer Erziehungsrat, sondern ein göttliches Gebot. 

Dies steht im Einklang mit Sprüche 22:6: „Erziehe den Knaben seinem Weg gemäß; er wird nicht davon weichen, auch wenn er alt wird.“ Es bedeutet, Kinder nicht nur moralisch zu formen, sondern sie an die göttliche Wahrheit, an Christus selbst, heranzuführen. Der „Geist der Wahrheit“ ist, wie in Vers 26 erklärt, Christus selbst. Ihn gilt es im Elternhaus gegenwärtig zu machen. 

Schlussgedanke 

Die Verse 33–40 zeigen uns eine tief verwurzelte Wahrheit der Wiederherstellung: Der Mensch ist ewig, sein Körper heilig, seine Verantwortung groß. Licht und Wahrheit sind nicht nur Prinzipien, sondern Substanz, Lebenskraft – und Aufgabe. Sie müssen bewahrt, gelehrt und weitergegeben werden. In einer Welt, die oft das Gegenteil vermittelt, ruft uns diese Offenbarung dazu auf, unseren Geist zu ehren, unseren Körper zu heiligen und unsere Kinder zu erziehen – im Licht und in der Wahrheit Gottes. 

findechristus.org

Donnerstag, 28. August 2025

Wer seine Gebote hält, empfängt Wahrheit und Licht

 

(Bild: Quelle)

“Wer seine Gebote hält, empfängt Wahrheit und Licht, bis er in der Wahrheit verherrlicht ist und alles weiß.” (Lehre und Bündnisse 93:28). 

Lehre und Bündnisse 93:21–32 – Ewige Herkunft, göttliches Wachstum und heilige Zugehörigkeit 

Verse 21–22: Die Kirche des Erstgeborenen – Christus im Zentrum 

Der Offenbarungsteil beginnt mit der machtvollen Aussage, dass Jesus Christus im Anfang beim Vater war und als der Erstgeborene bezeichnet wird. Damit wird seine Vorrangstellung im Plan des Heils unterstrichen. Christus ist das Urbild, an dem sich alles Weitere ausrichtet – in ihm offenbart sich das Wesen des Vaters. Doch die Offenbarung bleibt nicht bei Christus allein stehen: Alle, die durch ihn gezeugt sind – also durch seinen Geist neu geboren wurden und sich seinem Erlösungswerk zuwenden – sind Teilhaber an derselben Herrlichkeit. 

Diese Menschen gehören zur sogenannten „Kirche des Erstgeborenen“. Dabei handelt es sich nicht primär um eine irdische Institution, sondern um eine himmlische, geistige Gemeinschaft all jener, die sich Christus vollkommen weihen, durch ihn gereinigt werden und so durch seine Gnade in die göttliche Gegenwart zurückkehren dürfen. Die Zugehörigkeit zu dieser Kirche ist das Ergebnis einer Neuzeugung durch Christus – eine geistige Wiedergeburt, die zur Heiligung und Teilhabe an seiner Herrlichkeit führt. Christus bleibt dabei der Mittelpunkt, das Haupt und die Quelle allen Lichts. Die Kirche des Erstgeborenen ist also die Gemeinschaft derer, die sich in ihm befinden – durch Glauben, Gehorsam und die reinigende Macht seiner Gnade. 

Verse 23–28: Die Fülle empfangen – ein wachstumsorientierter Prozess 

Im nächsten Abschnitt öffnet sich der Blick für die tiefere ontologische Herkunft des Menschen. Es wird gelehrt, dass der Mensch bereits im Anfang beim Vater war – nicht als physische Person, sondern als Geist, als intelligentes Wesen, das zur Wahrheit fähig ist. Diese Lehre hebt den Menschen auf eine hohe Stufe: Sein geistiger Ursprung ist nicht zeitlich begrenzt oder geschaffen worden, sondern ewig. Das, was den Menschen im Innersten ausmacht – seine Intelligenz oder sein Geist – war von Anfang an bei Gott. 

Die Offenbarung definiert Wahrheit in tiefer Weise: Es ist die Kenntnis der Dinge, wie sie wirklich sind, waren und sein werden. Alles, was über diese Wahrheit hinausgeht oder von ihr abweicht – sei es durch Übertreibung oder Verfälschung –, ist ein Werk des Widersachers. Damit wird nicht nur eine Definition gegeben, sondern auch eine klare Orientierung: Wahrheit ist nicht relativ, sondern ewig und göttlich. Christus selbst erklärt sich als der Geist der Wahrheit, und Johannes, der Täufer, wird als jemand bezeichnet, der eine Fülle dieser Wahrheit empfangen hat. 

Doch wie empfängt man diese Fülle? Die Offenbarung macht deutlich, dass sie nicht automatisch gegeben wird, sondern an Gehorsam gegenüber den Geboten Gottes geknüpft ist. Wer die Gebote hält, empfängt Wahrheit und Licht – aber nicht auf einmal, sondern schrittweise, bis er in der Wahrheit verherrlicht ist. Der Weg zur Fülle ist ein Prozess des fortwährenden Empfangens, Lernens und Gehorsams. Er ist individuell und wachstumsorientiert. Diese Lehre verbindet Erkenntnis mit Heiligung: Nur wer im Licht lebt, kann das Licht in Fülle empfangen. Für den heutigen Jünger bedeutet das, dass geistige Reife nicht durch äußere Aktivität oder intellektuelles Wissen kommt, sondern durch treues Leben im Einklang mit dem göttlichen Gesetz. 

Verse 29–32: Der ewige Ursprung des Menschen und seine Verantwortung 

Im letzten Abschnitt dieses Teils wird die Lehre von der Ewigkeit des Menschen besonders deutlich. Der Mensch war auch im Anfang bei Gott – nicht nur Christus, sondern wir alle. Das geistige Element des Menschen – seine Intelligenz – ist unerschaffen, ewig und unverlierbar. Diese Offenbarung steht im Zentrum der wiederhergestellten Anthropologie (Wissenschaft vom Menschen, seinem Wesen und seiner Entwicklung): Der Mensch ist nicht ein bloßes Produkt der Schöpfung, sondern ein ewiges Wesen, das bei Gott seinen Ursprung hat. 

Mit dieser Lehre ist auch eine große Verantwortung verbunden. Der Mensch besitzt Entscheidungsfreiheit – er kann wählen, ob er sich dem Licht der Wahrheit öffnet oder nicht. Licht und Wahrheit sind beständig vorhanden, sie werden vom Himmel gegeben, doch sie können durch das Handeln des Menschen verloren gehen oder zurückgehalten werden. Der Text macht klar, dass der Mensch für seinen eigenen Fortschritt verantwortlich ist. Wer sich gegen Licht und Wahrheit entscheidet, verachtet nicht nur die Gabe Gottes, sondern zieht sich von seiner Gegenwart zurück. 

Diese Verse lehren also nicht nur etwas über unseren Ursprung, sondern auch über unsere Zielrichtung: Wir kommen von Gott, und wir sind dazu berufen, durch Gehorsam gegenüber dem Licht zu ihm zurückzukehren. Das Evangelium ist nicht bloß ein ethisches System oder eine Glaubensgemeinschaft – es ist ein Rückführungsplan in die Gegenwart des Vaters, durch Christus, in Wahrheit, Licht und Liebe. 

Schlussgedanke 

Die Verse 21–32 in Lehre und Bündnisse 93 offenbaren die tiefe, ewige Verbindung zwischen Gott, Christus und dem Menschen. Sie lehren, dass der Mensch von göttlichem Ursprung ist, dass er durch Christus neu geboren werden muss, um zur Kirche des Erstgeborenen zu gehören, und dass der Weg zur Fülle der Wahrheit durch Gehorsam, Demut und beständiges Wachstum verläuft. Dieses Verständnis kann unser Selbstbild grundlegend verändern: Wir sind nicht Zufallsprodukte, sondern ewig mit Gott verbundene Wesen mit der Berufung, in Wahrheit verherrlicht zu werden. Wenn wir das begreifen, wird jede Entscheidung im Alltag – ob geistig, moralisch oder zwischenmenschlich – zu einer Frage der Treue gegenüber unserem ewigen Ursprung und unserer himmlischen Bestimmung. 

findechristus.org

Mittwoch, 27. August 2025

Damit ihr ... wisst, wie ihr anbeten sollt

 

(Bild: Quelle)

“Ich gebe euch diese Worte, damit ihr versteht und wisst, wie ihr anbeten sollt, und wisst, was ihr anbetet, damit ihr in meinem Namen zum Vater kommen und zu gegebener Zeit von seiner Fülle empfangen könnt.” (Lehre und Bündnisse 93:19). 

Lehre und Bündnisse 93:12–20 – Die Entwicklung Christi, das Licht und unsere Berufung zur Fülle 

Nach dem feierlichen Zeugnis des Johannes in Vers 11 führt uns der Herr in den folgenden Versen in einen theologischen Tiefgang, der einzigartig in den heiligen Schriften ist: Es geht um die Entwicklung Jesu Christi, die Bedeutung von „Fülle“, und um die Möglichkeit, dass auch wir an dieser Fülle teilhaben können. Diese Verse verbinden Christologie, Anthropologie und Praktisches Jüngertum auf einmalige Weise. 

Christus empfängt die Fülle nicht auf einmal – sondern Schritt für Schritt (Verse 12–13) 

Diese doppelte Aussage, dass Christus die Fülle der Kenntnis nicht auf einmal empfing, legt den Schwerpunkt auf einen erstaunlichen Gedanken: Selbst Jesus Christus – der Sohn Gottes – empfing nicht sofort die ganze Fülle göttlicher Herrlichkeit, sondern wuchs „Gnade um Gnade“

Diese Formulierung hat gewaltige theologische und praktische Bedeutung. Sie zeigt: 

  • Christus war zwar von Anfang an göttlich, doch er entfaltete seine göttliche Natur nach und nach, in vollkommener Harmonie mit dem Vater. 
  • Er lebte ein Leben des stetigen Gehorsams, des geistigen Wachsens, des immer größeren Empfanges göttlichen Lichts. 

Für uns heute bedeutet das: Wachsen ist göttlich. Fortschritt ist heilig. Geduld mit uns selbst und anderen ist Teil des Plans. 
Wenn sogar Christus in Stufen wuchs, ist es nicht unser Ziel, „schlagartig vollkommen“ zu sein – sondern treu, beständig, lernbereit

Die Fülle empfangen (Vers 14) 

Christus empfing schließlich die ganze Herrlichkeit des Vaters – ein Zustand vollkommenen Lichts, der Identität und Autorität. 
Damit ist er nicht einfach nur ein Vorbild, sondern das Urbild dessen, was auch wir werden können. 
Er ist nicht nur das Ziel – sondern auch der Weg (vgl. Johannes 14:6). In ihm wurde sichtbar, was „Fülle“ bedeutet: Licht, Wahrheit, Einheit mit dem Vater. 

Christus als das Licht und die Wahrheit (Verse 15–17) 

Diese Verse verbinden mehrere zentrale Elemente: 

  • Christus empfing Macht – durch Gehorsam, nicht durch Anspruch. 
  • Die Herrlichkeit des Vaters wohnte in ihm – was auf eine tiefe Wesensgemeinschaft hinweist (aber keine Verschmelzung). 
  • Der Heilige Geist und die Stimme des Himmels bezeugen die Sohnschaft Christi. Diese göttliche Dreieinigkeit wirkt gemeinsam zur Errettung der Menschen. 

„Gnade und Wahrheit“ – diese Begriffe erinnern an Johannes 1:14 und bedeuten: 

  • Gnade: göttliche Hilfe, liebevolles Entgegenkommen Gottes in unserer Unzulänglichkeit. 
  • Wahrheit: das, was bleibt – ewiges Gesetz, Wirklichkeit, Licht. 

Für uns bedeutet das: Christus bringt uns nicht nur Informationen – er bringt uns Wahrheit, die uns frei macht (Johannes 8:32). 
Wer sich Christus nähert, wird nicht nur belehrt – sondern umgestaltet. 

Der Geist der Wahrheit (Vers 17) 

Dieser kurze Satz hat weitreichende Bedeutung. 
Er lehrt: Die Erkenntnis der Wahrheit – und damit die Erkenntnis Jesu Christi – kommt durch Offenbarung. 
Nicht durch Argumente, nicht durch Tradition allein, sondern durch die persönliche Wirkung des Heiligen Geistes. 

Diese Lehre ist eine Einladung zur persönlichen Beziehung mit Gott. Wir sollen nicht nur über Christus sprechen, sondern ihn kennenlernen, indem wir geistig mit ihm in Verbindung treten. Das ist anspruchsvoll – aber lebensverändernd. 

Unsere Berufung zur Fülle (Verse 18–20) 

Diese Verse sind der Höhepunkt dieses Abschnitts. 
Christus sagt uns nicht nur, was er ist – sondern warum wir es wissen müssen

  • Damit wir richtig anbeten 
  • Damit wir ihm ähnlich werden 
  • Damit sein Licht auch in uns ist 

Anbetung ist also nicht nur ein Ritual. Sie ist ein Lebensstil der Nachahmung Christi. 
Und diese Nachahmung zielt nicht auf äußere Nachahmung, sondern auf innere Einheit
„Der Vater und ich sind eins“ – und wir sollen eins mit ihnen werden. 

Das ist eine der großartigsten Lehren des Wiederherstellungsevangeliums: 

Gott will nicht nur, dass wir gut sind – er will, dass wir göttlich werden. 
Und er zeigt uns, wie: durch Gnade um Gnade, Wahrheit um Wahrheit, Licht um Licht. 

Fazit – Geistliche Anwendung 

Die Verse 12–20 in Lehre und Bündnisse 93 lehren uns: 

  1. Christus ist unser Vorbild im geistigen Wachstum – auch wir dürfen schrittweise zur Fülle reifen. 
  1. Göttliche Erkenntnis kommt durch Offenbarung – wir brauchen den Heiligen Geist. 
  1. Anbetung bedeutet Angleichung – wir beten richtig, wenn wir leben wie Christus. 
  1. Unsere Berufung ist nicht nur Erlösung, sondern Vergöttlichung – in Christus, durch Wahrheit, in Einheit mit dem Vater. 

Diese Verse fordern uns heraus, unser spirituelles Leben nicht als Nebenprojekt zu sehen, sondern als zentrales Ziel der Existenz

Licht zu empfangen. Wahrheit zu erkennen. Christus zu gleichen. 

findechristus.org

Dienstag, 26. August 2025

Und ich, Johannes, gebe Zeugnis

 

(Bild: Quelle)

“Und ich, Johannes, gebe Zeugnis, dass ich seine Herrlichkeit schaute, nämlich die Herrlichkeit des Einziggezeugten des Vaters, voller Gnade und Wahrheit, ja, der Geist der Wahrheit, der kam und im Fleische wohnte und unter uns wohnte.” (Lehre und Bündnisse 93:11). 

Licht und Wahrheit empfangen – Eine Betrachtung zu Lehre und Bündnisse 93:1–11 

Die ersten elf Verse von Lehre und Bündnisse 93 gehören zu den geistlich tiefgründigsten Abschnitten der Offenbarungen die Joseph erhielt. Sie bilden nicht nur die Einleitung zu einer bedeutenden theologischen Offenbarung, sondern enthalten bereits auf engstem Raum zentrale Lehren über Erkenntnis, Licht, Wahrheit und die Beziehung des Menschen zu Christus. Besonders bemerkenswert ist, wie diese Verse hohe göttliche Verheißungen mit klaren Aufforderungen zum persönlichen Handeln verbinden – und damit jeden Leser einladen, Teil einer lebendigen Begegnung mit dem Erlöser zu werden. 

Bereits der erste Vers ist eine machtvolle Einladung: Jeder Mensch – ohne Einschränkung – kann Christus erkennen, ihn erfahren, ihn „sehen“ und wissen, dass er lebt. Doch dieser verheißene Zustand göttlicher Erkenntnis ist an Bedingungen geknüpft. Wer diesen Weg gehen will, muss sich bewusst von Sünde abkehren, sich Christus zuwenden, seinen Namen anrufen, seine Stimme hören und seine Gebote halten. Es handelt sich dabei nicht um abstrakte Ratschläge, sondern um konkrete geistliche Schritte, die jeden Gläubigen auffordern, in eine tiefergehende Nachfolge einzutreten. Die Reihenfolge ist nicht zufällig: Zuerst kommt die Umkehr vom Bösen, dann die Hinwendung zum Herrn, das Gebet um Erkenntnis, das Hören auf seine Stimme – und schließlich der Gehorsam, der zu weiterer Erkenntnis führt. 

Der zweite bis fünfte Vers vertieft dieses Thema, indem Christus als der „Geist der Wahrheit“ bezeichnet wird, den Johannes bezeugt hat. Hier wird auf ein uraltes Zeugnis Bezug genommen, das Johannes der Täufer überliefert hat (Johannes 1:34). Besonders auffällig ist der Hinweis, dass Christus nicht allein die Wahrheit besitzt, sondern sie selbst ist – und dass er sie empfangen hat, wie jeder andere geistige Mensch auch, nur in vollkommenem Maß. Er handelt mit Vollmacht des Vaters, ist eins mit ihm, ist sein vollkommener Repräsentant. Wer also Christus erkennt, erkennt auch den Vater. Wer sein Licht annimmt, nimmt das Licht Gottes auf. Daraus ergibt sich eine wichtige Folgerung: Wer Christus kennenlernt, wird nicht nur in einen persönlichen Bund mit ihm treten, sondern auch an seiner Fülle Anteil erhalten. 

Die Aussage, dass „Christus im Vater ist, und der Vater in ihm“, verdeutlicht, wie innig die Einheit zwischen beiden besteht – eine Einheit nicht nur des Willens, sondern des Wesens (eine tiefe Einheit im Charakter, in Absicht, Geist, Macht, Herrlichkeit und Wahrheit), gegründet auf Wahrheit, Licht und Gnade. Diese enge Verbindung ist nicht nur ein theologisches Prinzip, sondern ein Vorbild für das eigene geistige Streben. Wie Christus eine Fülle des Vaters empfangen hat, so wird auch der gläubige Mensch eingeladen, „Zeile um Zeile“ an dieser Fülle teilzuhaben – ein zentrales Motiv, das später im Kapitel noch intensiver entfaltet wird. 

In den Versen 6 bis 11 folgt ein Abschnitt, der sich auf ein verlorengegangenes Zeugnis des Johannes bezieht – offenbar ein Teil der ursprünglich von Johannes (vermutlich dem Täufer) verfassten Offenbarung, die hier durch Joseph Smith in Teilen wiederhergestellt wird. Es ist bedeutsam, dass hier nicht nur über das Licht Christi gesprochen wird, sondern auch über seine präexistente Herrlichkeit: das „Wort“ war von Anfang an bei Gott, und durch dieses Wort wurde die Welt geschaffen. Christus war also bereits vor seiner irdischen Geburt der Schöpfer und Lichtspender aller Menschen – ein Gedanke, der an Johannes 1 erinnert, aber hier mit zusätzlicher Tiefe versehen ist. Christus als das Wort, der von Anfang an im Vater war, hat sich nicht nur herabgelassen, Fleisch anzunehmen, sondern trägt weiterhin die Gnade und Wahrheit des Himmels in sich. 

Gerade der Gedanke, dass die Welt durch Christus gemacht wurde und dass er „im Anfang“ bei Gott war, unterstreicht seine ewige Göttlichkeit. Christus ist nicht nur Erlöser der Menschheit, sondern auch Ursprung und Ziel der Schöpfung. Damit wird seine Rolle als Mittler zwischen Gott und Mensch, Himmel und Erde, Vergangenheit und Zukunft hervorgehoben. Für das eigene geistige Leben ist dies mehr als eine Glaubenswahrheit – es ist ein Aufruf zur Nachfolge. Wenn Christus, der das Licht der Welt ist, in uns wirken kann, dann sind wir eingeladen, selbst Lichtträger zu werden. 

Die abschließenden Verse 10 und 11 betonen diese göttliche Herkunft Christi in besonders klarer Weise: Er ist „das einzige von dem Vater gezeugte“, also derjenige, der in einzigartiger Weise göttliche Vollmacht trägt. Das bedeutet aber nicht, dass diese Fülle für immer nur ihm vorbehalten ist. Im Gegenteil: Spätere Verse machen deutlich, dass auch wir eingeladen sind, von Gnade zu Gnade zu wachsen, um eine ähnliche Fülle zu empfangen. Die Einheit zwischen Vater und Sohn dient somit als Muster für die geistige Entwicklung des Gläubigen. 

Was bedeuten all diese tiefen Lehren nun für unseren Alltag? In erster Linie stellen sie einen klaren Aufruf zur aktiven Umkehr dar – eine Einladung, den eigenen Weg in einem geistlichen Licht zu betrachten und Christus erneut in den Mittelpunkt zu rücken. Wer sein Angesicht sehen will, muss bereit sein, täglich Umkehr zu üben, seine Stimme zu suchen und in allem dem Licht zu folgen, das Christus gibt. Diese Art der Nachfolge ist kein bloßes moralisches Streben, sondern ein tiefer geistlicher Prozess, der Veränderung bewirkt: Denkweisen, Gewohnheiten und Prioritäten werden neu geordnet. 

In der Familie etwa können diese Verse eine Grundlage für bewusste geistige Erziehung bilden. Eltern sind aufgerufen, Licht und Wahrheit zu lehren – nicht nur durch Worte, sondern durch ein Vorbild gelebten Glaubens. Auch in der persönlichen Andacht, im Studium der heiligen Schriften und in der Art, wie wir mit anderen umgehen, können wir das Licht Christi weitertragen. In der Gemeinde wird diese Lehre zu einem Aufruf, Zeugnis zu geben – so wie Johannes der Täufer Zeugnis von Christus gab (Johannes 1), können auch wir durch unsere Taten und Worte bezeugen, dass wir ihn kennen. 

Insgesamt fordern die Verse 1 bis 11 den Leser nicht nur zum Verstehen, sondern zum Handeln auf. Sie sind mehr als theologische Aussagen über Christus – sie sind eine Einladung, in seine Nachfolge zu treten, seinen Weg zu gehen und durch tägliche Umkehr, Gehorsam und geistige Wachsamkeit an seiner Fülle Anteil zu erhalten. Wer diese Verse ernst nimmt, wird erkennen, dass wahre Erkenntnis Christi nicht nur ein geistiges Ziel ist, sondern ein Weg, der jeden Tag gegangen werden kann – Schritt für Schritt, von Licht zu Licht, von Gnade zu Gnade. 

findechristus.org

Montag, 25. August 2025

Jede Seele ... wird mein Angesicht sehen

 

(Bild: Quelle)

“Wahrlich, so spricht der Herr: Es wird sich begeben: Jede Seele, die von ihren Sünden lässt und zu mir kommt und meinen Namen anruft und meiner Stimme gehorcht und meine Gebote hält, wird mein Angesicht sehen und wissen, dass ich bin” (Lehre und Bündnisse 93:1). 

Lehre und Bündnisse 93 – Historie 

1. Einleitung – Ort und Zeitpunkt der Offenbarung 

L&B 93 wurde am 6. Mai 1833 in Kirtland, Ohio, Joseph Smith offenbart. Der Text wurde erstmals in der 1835 erschienenen Ausgabe der Doctrine and Covenants veröffentlicht und später weiter ausgearbeitet, etwa in einer Rede von Joseph Smith im Jahr 1839. Der Offenbarungstext entstand in einer Zeit intensiver Gemeindearbeit in Kirtland: Die Führung der Kirche bemühte sich um den Aufbau der „Schule der Propheten“ und plante den Bau eines eigenen Schulhauses; zeitgleich wurden neue Farmen für die Gemeinde erworben (rsc.byu.edu)

2. Hintergrund – Anlass der Offenbarung 

Vor der Offenbarung hatten Joseph Smith, Sidney Rigdon und Frederick G. Williams – Mitglieder der Ersten Präsidentschaft – offenbar familiäre Unordnung erlebt, besonders der Umgang mit ihren Kindern. Die Offenbarung wurde ihnen als Mahnung gegeben: Sie sollten ihre Häuser in Ordnung bringen und ihren Kindern Licht und Wahrheit lehren (siehe hier). Richard D. Draper beschreibt, dass die Umstände der Offenbarung eng mit Gemeindearbeit, Führungsverantwortung und persönlichen Herausforderungen verknüpft waren (rsc.byu.edu+1YouTube+1)

3. Inhaltlicher Aufbau und theologische Konzepte 

3.1 Erste Hälfte: Göttliche Wahrheiten über Christus und den Menschen (Verse 1–38) 

  • Bündnis: Wer sündigt und Christus nachfolgt, wird Ihn sehen (Vs. 1–5): Jeder, der aufrichtig Umkehr übt, Christus anruft und Seine Gebote hält, wird Sein Angesicht sehen und erkennen, dass Er ist. 
  • Christi Wachstum von „Gnade zu Gnade“ (Vs. 6–14): Christus empfing nicht von Anfang an die volle Herrlichkeit, sondern wuchs schrittweise bis zur Vollendung (L&B 93:12‑13). In Vers 8-9 wird Er als „Licht und Erlöser der Welt“ bezeichnet. 
  • Potenzial des Menschen (Vs. 19–28): Wie Christus aus Licht und Wahrheit wuchs, können auch Menschen durch Gehorsam eine Fülle enthalten. „Wer seine Gebote hält, empfängt Wahrheit und Licht, bis er in der Wahrheit verherrlicht ist und alles weiß.“ (Vs. 28; siehe auch hier). 
  • Existenz vor der Geburt und Bewahrung der Intelligenz (Vs. 29–35): Menschen existierten geistig mit Gott „im Anfang“ und Intelligenz wurde nicht geschaffen, sondern ist ewig; die Elemente sind ewig und bilden die Grundstruktur der Schöpfung (Vs. 33–34). 
  • Die Herrlichkeit Gottes = Intelligenz, Licht und Wahrheit (Vs. 36‑37): D&C 93:36 erklärt: „Die Herrlichkeit Gottes ist Intelligenz, oder mit anderen Worten Licht und Wahrheit.“ Wahrer Gottesdienst besteht darin, durch Lernen und Wahrheitserkenntnis Gott nachzuahmen (siehe auch hier). 
  • Unschuld der Kinder (Vs. 38–40): Kinder gelten als unschuldig vor Gott, aufgrund der Erlösung durch Christus; Vers 42 verbindet Kindererziehung mit spiritueller Autorität: mangelndes Lehren von Licht und Wahrheit gibt dem „Bösen“ Einfluss über die Familie. 

3.2 Zweite Hälfte: Praktische Anweisungen zur Haushaltsordnung (Verse 41–53) 

  • In den letzten Versen erhalten Joseph Smith, Frederick G. Williams, Sidney Rigdon und Ne­wel K. Whitney die Anweisung, ihre Familien in spiritueller und alltäglicher Ordnung zu führen – insbesondere, ihre Kinder durch Licht und Wahrheit zu lehren. Dies sind persönliche, praktische Anwendungen der zuvor dargelegten theologischen Wahrheiten (siehe auch hier). 

4. Wesentliche theologische Einsichten 

4.1 Gottes- und Christusverständnis 

  • Einheit von Vater und Sohn: Christus erklärt: „Ich bin im Vater und der Vater in mir, und der Vater und ich sind eins“ (Vs. 3). Er fungiert als Mittler und Offenbarer des Vaters, als dessen Vertreter in Vollmacht und Autorität – ein Konzept, das als „divine investiture of authority“ bekannt ist (siehe hier). 
  • Der Mensch als intelligentes Wesen: L&B 93 lehnt die Idee einer Erschaffung des Geistes oder der Intelligenz durch Gott vollständig ab; Intelligenz ist ewig. Damit offeriert es eine eigene Lösungsvision zu klassischen theologischen Fragen wie „ex nihilo“-Schöpfung und menschlicher Agentur – siehe Madsens Zusammenfassung zahlreicher theologischer Probleme (Doctrine and Covenants CentralDoctrine and Covenants Central)

4.2 Licht, Wahrheit, Gnade und göttliches Wachstum 

  • Licht und Wahrheit sind nicht bloße Metaphern, sondern Elemente göttlicher Substanz, denen der Mensch durch Gehorsam entgegnen kann (L&B 93:28, 36). 
  • Gnade für Gnade: Geistiges Wachstum geschieht Schritt für Schritt – sowohl bei Christus wie auch beim gläubigen Menschen (Vs. 12–14, 19–20). 

4.3 Kindererziehung und Familienführung 

  • In dem abrupten Wechsel bei Vers 40 bis 41 zeigt sich, dass die großen theologischen Wahrheiten eine konkrete Anwendung fordern: Die Hausväter wurden getadelt, weil sie ihren Kindern nicht Licht und Wahrheit vermittelt hatten. Die Offenbarung verknüpft daher kosmische Wahrheit mit familiärer Verantwortlichkeit (Doctrine and Covenants Centralrsc.byu.edu)

5. Wirkung, Rezeption und fortgesetzte Relevanz 

  • Frühe Rezeption: Bereits 1835 wurde das Dokument im Buch Lehre und Bündnisse veröffentlicht. Joseph Smith sprach später erneut über ähnliche Themen – etwa dass der Geist des Menschen unerschaffen und ewig sei (siehe hier). 
  • Moderne theologische Diskussion: Institutionen wie das BYU Religious Studies Center haben die Schlüsselthemen Licht, Wahrheit und Gnade vertieft analysiert. Lehren über geistige Vorexistenz, das Wachstum Christi und die Beziehung zwischen Vater und Sohn werden dort fokussiert diskutiert (rsc.byu.edursc.byu.eduDoctrine and Covenants Central)

6. Fazit und Zusammenfassung 

Lehre und Bündnisse 93 zählt zu den theologisch reichsten Offenbarungen der frühen Kirchengeschichte. Sie verbindet: 

  • Eine klare Christologie: Christus wuchs von Gnade zu Gnade, ist im Vater und offenbart Ihn. 
  • Eine robuste Anthropologie: Menschen existieren geistig vor der Geburt, Intelligenz ist ewig. 
  • Eine inspirierende Lehre über Licht, Wahrheit und göttliches Wachstum als wesentliche Bestandteile der Erlösung. 
  • Konkrete Aufforderungen zur Familien- und Erziehungsethik, vor allem an die höchsten Führungsorgane der Kirche damals. 

Historisch wurde die Offenbarung im Kontext der Gemeindearbeit in Kirtland 1833 empfangen, als Kirche und Gemeinde führten, bauten und litten – und geistlich korrigiert werden sollten. Bis heute prägt L&B 93 die Lehre, das Familienverständnis und das geistige Selbstbild vieler Gläubiger, vor allem in Bezug auf persönliches Wachstum durch Gehorsam und die Zielsetzung, durch Lernen Gott ähnlich zu werden

findechristus.org

Samstag, 23. August 2025

Wer die Apokryphen liest, der möge verstehen

 

 
(Bild: Quelle)

“Darum, wer sie liest [die Apokryphen gemeint], der möge verstehen, denn der Geist tut Wahrheit kund;” (Lehre und Bündnisse 91:4). 

Lehre und Bündnisse 91 – Historischer Hintergrund und geistliche Lehren 

Am 9. März 1833 empfing Joseph Smith in Kirtland, Ohio, die Offenbarung, die heute als Abschnitt 91 im Buch Lehre und Bündnisse enthalten ist. Diese kurze, aber bedeutende Offenbarung entstand im Zusammenhang mit Josephs Übersetzungsarbeit an der Bibel, insbesondere als er sich mit den sogenannten Apokryphen befasste – einer Sammlung antiker religiöser Texte, die in vielen Bibelausgaben zwischen dem Alten und dem Neuen Testament enthalten sind, jedoch im protestantischen Kanon als nicht kanonisch gelten. 

Joseph Smith hatte im Jahr 1831 auf göttliche Weisung hin begonnen, die Bibel unter Inspiration neu zu übersetzen. Diese „Übersetzung“ war weniger eine sprachliche Übertragung, sondern vielmehr eine inspirierte Überarbeitung und Wiederherstellung verlorener oder veränderter Inhalte. Als Joseph 1833 in einer Bibel von 1828 auf die Apokryphen stieß – etwa Bücher wie Tobit, Judith, Weisheit Salomos oder das zweite Buch der Makkabäer –, stellte sich die Frage, wie er mit diesen Schriften verfahren solle. Um Klarheit zu gewinnen, wandte er sich an den Herrn – und erhielt die Offenbarung, die heute Abschnitt 91 bildet. 

Die Offenbarung besteht aus nur sechs Versen, ist aber inhaltlich präzise. In Vers 1 wird bestätigt, dass viele Dinge in den Apokryphen „wahr sind“ und „von Nutzen sein können“. Dennoch gibt es eine wichtige Einschränkung: Viele dieser Inhalte seien durch „die Hände der Menschen verdorben worden“, so dass „nicht alles darin wahr ist“ (Vers 2). Die göttliche Weisung an Joseph lautet daher nicht, diese Bücher ebenfalls zu übersetzen, sondern sich auf andere Aufgaben zu konzentrieren. Die Apokryphen seien für denjenigen „nützlich, der vom Geist erleuchtet ist“, doch der Herr gebietet nicht, dass Joseph sie überarbeiten müsse (Verse 3–6). 

Der historische Kontext dieser Offenbarung ist bemerkenswert: Joseph Smith stand mitten in der Übersetzungsarbeit und empfing in dieser Zeit viele Offenbarungen, die heute in Lehre und Bündnisse gesammelt sind. Die Tatsache, dass er auch für die Apokryphen göttliche Führung suchte, zeigt seine tiefe Hingabe und sein Streben nach geistiger Wahrheit. Es ist außerdem bezeichnend, dass der Herr keinen allgemeinen Bann über diese Schriften ausspricht – sie seien teilweise wertvoll, aber mit Vorsicht und unter geistiger Leitung zu lesen. 

Was wir heute aus Lehre und Bündnisse 91 lernen können 

Die Lehren aus dieser Offenbarung sind zeitlos. Erstens betont der Herr die Notwendigkeit geistiger Unterscheidungskraft beim Umgang mit religiösen Texten. In einer Welt voller Informationsfülle, auch religiöser Art, bleibt die Mahnung gültig, Inhalte nicht ungeprüft zu übernehmen, sondern mit dem Heiligen Geist zu prüfen, was wahr ist. Das Prinzip der persönlichen Offenbarung und geistgeleiteten Interpretation wird hier deutlich hervorgehoben. 

Zweitens zeigt die Offenbarung, dass auch nicht-kanonische Schriften wertvolle Einsichten enthalten können. Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage lehnt die Apokryphen nicht kategorisch ab – vielmehr gelten sie als potenziell nützlich, wenn sie durch den Geist verstanden werden. Diese Haltung kann auf viele Bereiche übertragen werden: Auch außerhalb des offiziellen Kanons – sei es in alten Texten, Literatur, Philosophie oder anderen Religionen – kann man „Wahrheit und Weisheit“ finden, sofern man geistig vorbereitet ist. 

Drittens unterstreicht Abschnitt 91 ein weiteres Prinzip: Es gibt Zeiten, in denen bestimmte Aufgaben nicht notwendig sind, selbst wenn sie an sich wertvoll wären. Joseph Smith hätte die Apokryphen übersetzen können, aber der Herr weist ihn an, sich auf andere Aufgaben zu konzentrieren. Diese Lehre betrifft auch heutige Jünger Christi: Nicht alles, was gut ist, ist zur jeweiligen Zeit auch notwendig. Geistige Führung hilft uns zu unterscheiden, was in einer bestimmten Phase unseres Lebens am wichtigsten ist. 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Lehre und Bündnisse 91 ein Beispiel für praktizierte Offenbarung im Alltag ist – eine kurze, aber tiefgründige Antwort auf eine konkrete Frage. Die Offenbarung stärkt das Vertrauen in persönliche geistige Führung, fordert zur Unterscheidung auf und zeigt, wie der Geist Gottes uns helfen kann, zwischen Wahrheit und Irrtum zu unterscheiden – selbst in schwierigen oder uneindeutigen Kontexten. Diese Prinzipien sind im 21. Jahrhundert genauso aktuell wie im Jahr 1833. 

Lehre und Bündnisse 92 – Historischer Hintergrund und heutige Anwendung 

Die Offenbarung, die heute als Abschnitt 92 in Lehre und Bündnisse steht, wurde am 15. März 1833 in Kirtland, Ohio, empfangen. Sie ist nur drei Verse lang, richtet sich jedoch mit klarer Weisung an einen bestimmten Mann: Frederick G. Williams. Williams war kurz zuvor zum Ratgeber in der Ersten Präsidentschaft der Kirche berufen worden, ein Amt, das ihn in enger Zusammenarbeit mit Joseph Smith stellte. Diese Offenbarung wurde gegeben, um seine Rolle im wirtschaftlich-sozialen Vorhaben der Kirche zu präzisieren – der “vereinigten Ordnung (zunächst als Firma bezeichnet)”. 

Die United Firm war eine Organisation, die 1832 gegründet worden war, um die materiellen Güter der Kirche – insbesondere Buchhandlungen, Druckereien und Ländereien – zu verwalten. Mitglieder dieser Firmengemeinschaft verpflichteten sich, ihre Besitztümer für das Wohl der Kirche zu nutzen, während sie auch selbst daraus versorgt wurden. Es war ein Versuch, das Prinzip der „Verwaltung“ und der Gütergemeinschaft nach göttlichem Vorbild umzusetzen. 

Die Offenbarung in Abschnitt 92 weist Frederick G. Williams an, sich „als ein lebendiges Glied“ in den Orden einzugliedern und seine Güter mit den anderen treuen Brüdern zu vereinen. Dabei wird betont, dass dies „so wie es euch von dem HERRN geboten ist“ geschehen solle – ein Hinweis auf bereits bestehende Anweisungen zur Ordnung dieser Gemeinschaft (vgl. L&B 82 und 104). 

Die Kürze der Offenbarung täuscht nicht über ihre Bedeutung hinweg: Sie zeigt, wie sehr organisatorische und geistliche Strukturen in der frühen Kirche miteinander verflochten waren. Gott war an allen Aspekten des Werkes beteiligt – auch an dessen Verwaltung und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Die Einbindung Frederick G. Williams als gleichberechtigter Teilhaber unterstreicht zudem das Prinzip der Einigkeit und gegenseitigen Verantwortung im Aufbau des Reiches Gottes. 

Was wir heute daraus lernen können 

Auch wenn die Vereinigte Ordnung in dieser Form später aufgelöst wurde, ist die zugrunde liegende Lehre zeitlos. Erstens wird deutlich, dass jeder, der im Werk des Herrn mitwirkt, seine Talente und Ressourcen zur Verfügung stellen soll – freiwillig, ganzheitlich und in Übereinstimmung mit göttlicher Führung. Zweitens lehrt der Abschnitt, dass Gemeinschaft und Gleichheit in der Nachfolge Christi eine zentrale Rolle spielen: Niemand steht über dem anderen; jeder bringt seinen Anteil ein. Drittens betont die Offenbarung, wie wichtig es ist, persönliche Berufungen treu und gewissenhaft anzunehmen, auch wenn sie praktische Opfer erfordern. In einer Zeit, in der materieller Individualismus vorherrscht, ruft Abschnitt 92 zur gelebten Solidarität und gegenseitigen Unterstützung auf – ein Prinzip, das in heutigen Gemeinschaften genauso wertvoll ist wie im frühen Kirtland der 1830er Jahre. 

findechristus.org  

Freitag, 22. August 2025

Damit das Vorratshaus des Herrn nicht in Verruf gerate

 

Vorratshaus des Bischofs
(Bild: Quelle)

“damit er hierdurch imstande ist, alle Schulden zu begleichen; damit das Vorratshaus des Herrn vor den Augen des Volkes nicht in Verruf gerate.” (Lehre und Bündnisse 90:23). 

Lehre und Bündnisse 90:1–37Einleitung: Der Aufbau des Reiches Gottes durch Ordnung und Offenbarung 

Die Offenbarung in L&B 90 wurde am 8. März 1833 in Kirtland, Ohio, empfangen und ist ein weiterer Schritt im Prozess der göttlich geführten Organisation der Kirche Jesu Christi in den Letzten Tagen. Während Joseph Smith als Prophet und Offenbarer weiterhin Schlüssel der Erkenntnis empfängt, richtet sich der Blick dieser Offenbarung zunehmend auf kollektive Führung, weltweite Ausbreitung des Evangeliums und persönliche Vorbereitung auf die Herausforderungen des Reiches Gottes. Die Abschnitte dieser Offenbarung zeigen, wie Gott Ordnung schafft, Führungsaufgaben delegiert, das Schriftstudium bekräftigt und auf individuelle Bedürfnisse der Heiligen eingeht. 

Verse 1–5: Die unumstößliche Verleihung der Schlüssel 

„Die Schlüssel dieses Königreiches sollen euch niemals genommen werden“ (Vers 3) – diese machtvolle Zusicherung markiert einen Wendepunkt im Verhältnis Gottes zu Joseph Smith. Frühere Offenbarungen knüpften die Beibehaltung dieser Schlüssel noch an Gehorsam („wenn er in mir bleibt“; vgl. L&b 35:18; 43:3). Nun aber entfällt jede Bedingung – der Herr gibt Joseph die Garantie, dass er die Schlüssel des Reiches in dieser und in der zukünftigen Welt innehaben wird. 

Diese Worte spiegeln ein tiefes Vertrauen wider. Der Herr hatte Joseph geprüft, belehrt und mit schrittweisem Zugang zur göttlichen Ordnung betraut. Nun wird seine Rolle als Präsident der ersten Präsidentschaft fest und dauerhaft definiert. Auch in L&B 132:49 bekräftigt der Herr diese Erwählung, indem er Joseph die Erhöhung zusichert – Ausdruck höchster himmlischer Billigung. 

Für uns heute bedeutet das: Die Autorität des lebenden Propheten ist von Gott selbst eingesetzt und nicht von menschlicher Zustimmung oder Perfektion abhängig. Sie ist das Rückgrat geistiger Ordnung im Reich Gottes. In einer Welt konkurrierender religiöser Stimmen bezeugt diese Offenbarung, dass es heute einen gültigen Kanal für Offenbarung und Leitung gibt – durch die lebenden Propheten. 

Verse 6–11: Die Erste Präsidentschaft und das weltweite Evangelium 

Der Herr bestätigt, dass Joseph Smith nun mit Sidney Rigdon und Frederick G. Williams eine Erste Präsidentschaft bildet (Vers 6). Diese Männer „werden als gleich geachtet“ (Vers 6), was ihre Autorität in Abwesenheit des Präsidenten betrifft. Doch Griffiths macht deutlich: Anders als Joseph erhalten sie keine Verheißung, die Schlüssel in der künftigen Welt zu tragen. Die Schlüsselverantwortung ist bei Joseph zentralisiert – wie er selbst 1835 lehrte: „Wo ich nicht bin, da ist keine Erste Präsidentschaft.“ Diese Formulierung belegt, dass die Führerschaft klar orientiert war: die Erste Präsidentschaft existierte nur in Verbindung mit dem Präsidenten selbst. Ohne ihn lag die Leitung in den Händen des Quorums der Zwölf, wie auch in späteren Übergangszeiten praktiziert. 

Gleichzeitig richtet sich der Blick auf die Zukunft: „Dann kommt der Tag, da sich der Arm des Herrn in seiner Macht offenbaren wird …“ (Vers 10). Jeder Mensch soll „die Fülle des Evangeliums in seiner eigenen Zunge und in seiner eigenen Sprache“ vernehmen – durch das Wirken des Trösters, der Jesus Christus offenbart (Vers 11). Hier klingt das Pfingstwunder (Apg 2:4–11) nach – der Heilige Geist überwindet kulturelle Barrieren. 

Auch Nephi hatte in 1 Nephi 14:12 ein weltumspannendes Werk der Heiligen gesehen, und Johannes sah in Offenbarung 5:9–10 ein Priesterkönigtum „aus jedem Volk, jeder Sprache und Nation“. 

Für heute heißt das: Missionarisches Wirken muss global, sprachsensibel und kulturfreundlich sein. Jede Gabe – sei es Sprachbegabung, soziale Medien oder Musik – kann zur Verkündung beitragen. 

Verse 12–18: Studium, Weisheit und Übersetzungsauftrag 

Der Herr fordert Joseph auf, seine Übersetzungsarbeit der Bibel („Übersetzung der Propheten“, Vers 13) zu vollenden. Dies bezieht sich auf das Studium der alttestamentlichen Prophetenbücher, möglicherweise auch inklusive der Apokryphen, über die Joseph am nächsten Tag eine Offenbarung erhält. Zudem wird Joseph aufgefordert, „mit allen guten Büchern“ vertraut zu sein, „mit Sprachen, Völkern und Menschen“ (Vers 15). 

Diese Verse zeigen: Propheten und geistige Führer sind nicht nur Empfänger von Offenbarung, sondern auch Sucher nach Wissen. Joseph Smith selbst lernte später Hebräisch, Griechisch, Deutsch und Ägyptisch – nicht als Selbstzweck, sondern um die Dinge Gottes tiefer zu erfassen. Wie er in den Proklamationen und Ratschlägen des Rates der Fünfzig äußerte: Wer das Evangelium weltweit verkünden will, soll sich mit Geographie, Sprachen und Regierungssystemen auskennen (siehe auch Lehre und Bündnisse 88:78-80). 

Daraus ergibt sich eine klare heutige Handlungsempfehlung: Studium ist ein Akt der Gottesverehrung. Wer die Schriften kennt, wer sich in anderen Kulturen auskennt, wer lernt, der kann besser dienen. Diese Aufforderung richtet sich nicht nur an Führer, sondern an alle Jünger Jesu. 

Verse 19–24: Fürsorge für Führungsfamilien und geistliche Weisungen für die Kirche 

Im Vers 19 fordert der Herr, für die Familie von Frederick G. Williams, dem Ratgeber und Schreiber, so bald wie möglich einen angemessenen Platz zu sichern. Dies unterstreicht die Bedeutung, dass die Familien der kirchlichen Führung gut versorgt sind, denn ihr Wohl trägt zur Stabilität und zum Erfolg des Werkes Gottes bei. 

Die Verse 20 und 21 enthalten klare Anweisungen für die Bewahrung von festen Wohnsitzen der bedeutenden Kirchenführer Joseph Smith Sr. und Sidney Rigdon. Beide sollen an ihren bisherigen Orten verbleiben, bis Gott eine andere Weisung gibt. Diese Anordnung zeigt die Wichtigkeit von Geduld und Vertrauen in den göttlichen Zeitplan. 

Vers 22 und 23 fordern den Bischof auf, einen wohlhabenden, gläubigen Beauftragten zu suchen, der befähigt ist, die Schulden der Kirche zu begleichen und das Vorratshaus des Herrn vor öffentlichem Schaden zu bewahren. Diese finanzielle Verantwortung soll dazu dienen, das Vertrauen und den guten Ruf der Kirche zu sichern. 

Abschließend ruft Vers 24 dazu auf, mit Ernsthaftigkeit und Glauben zu forschen, zu beten und untadelig zu wandeln, damit alle Dinge zum Guten zusammenwirken können. Diese Ermahnung erinnert daran, dass Erfolg im Werk des Herrn eng mit Treue und Gehorsam verbunden ist. 

Verse 25–37: Individuelle Ratschläge – besonders für Vienna Jaques 

Im Schlussteil spricht der Herr gezielt Personen an – darunter Vienna Jaques, eine vorbildliche Heilige, die ihr Vermögen der Kirche weihte und auf Befehl Gottes nach Missouri zog (Vers 28). Ihre spätere Lebensgeschichte zeugt von tiefem Glauben: Sie wurde in Zion von Mobbern beraubt, diente bei Zion’s Camp, half bei Krankheiten, fuhr mit 60 Jahren allein über die Prärie und wurde 96 Jahre alt – beständig, loyal und aufopfernd. 

Joseph Smith schrieb ihr 1833 einen Brief, in dem er ihren Beitrag als „Rettung seines Lebens“ bezeichnete – nicht geistlich, sondern finanziell. Dieser Brief ist das früheste bekannte Schreiben Josephs an eine Frau außerhalb seiner Familie – ein Zeichen für die hohe Wertschätzung ihrer Treue. 

Für uns heute ist Vienna Jaques ein Vorbild im stillen, aber entschlossenen Dienst. Der Herr verlangt oft Opfer von uns – Zeit, Geld, Energie. Doch wie bei Vienna wirken sie über Generationen hinweg. 

Fazit: Schlüssel, Ordnung, Mission und persönlicher Dienst 

L&B 90 zeigt in eindrücklicher Weise, wie der Herr mit seinem Volk handelt: durch feste Schlüsselautorität, durch strukturelle Ordnung, durch weltumspannende Sendung, durch geistige Bildung – und durch individuelles Rufen und Stärken. 

Für uns heute ergeben sich fünf zentrale Handlungsaufrufe: 

  1. Erkenne die prophetische Leitung an – sie ist göttlich und fortdauernd. 
  1. Setze deine Gaben für das globale Evangelium ein, in Sprache, Kultur oder Technik. 
  1. Lerne und lehre – geistlich wie säkular – als Vorbereitung für höheren Dienst. 
  1. Prüfe dein Herz und diene mit Demut, statt mit Stolz oder Eitelkeit. 
  1. Sei wie Vienna Jaques – bereit zu opfern und treu bis ans Lebensende. 

So wird auch unser Leben Teil jenes göttlichen Werkes, das in Kirtland organisiert wurde – aber erst in Zion, im Herzen und unter allen Nationen, zur Vollendung kommt. 

findechristus.org