(Bild Quelle)
“Denn diejenigen, die weise sind und die Wahrheit empfangen haben und sich den Heiligen Geist als ihren Führer genommen haben und sich nicht haben täuschen lassen – wahrlich, ich sage euch: Sie werden nicht umgehauen und ins Feuer geworfen werden, sondern werden den Tag aushalten.” (Lehre und Bündnisse 45:57).
Diese Verse enthalten eine dramatische und heilige Szene der Wiederkunft Jesu Christi auf dem Ölberg in Jerusalem (Sacharja 14:4). Diese Beschreibung ergänzt die Endzeitrede Jesu aus dem Neuen Testament (Matthäus 24) durch wichtige alttestamentliche Prophezeiungen, insbesondere aus dem Buch Sacharja. Die Verse beschreiben sowohl kosmische Ereignisse als auch eine zutiefst persönliche Offenbarung Jesu Christi an das jüdische Volk.
Nach einer langen Reihe von Zeichen und Prüfungen, die dem Zweiten Kommen des Herrn vorausgehen, beschreibt Vers 48 den entscheidenden Wendepunkt: Der Herr selbst setzt seinen Fuß auf den Ölberg, östlich von Jerusalem. In diesem Moment spaltet sich der Berg in zwei Hälften, eine gewaltige tektonische Umwälzung, die von Erschütterungen der Erde und der Himmel begleitet wird. Diese Szene ist nicht neu in der Schrift: Der Prophet Sacharja (Kapitel 14) hatte sie bereits rund 500 Jahre vor Christus gesehen und beschrieben. In diesem Moment, als Jerusalem von feindlichen Nationen umringt ist, greift der Herr ein und verändert sowohl die Geographie als auch den Lauf der Geschichte.
Vers 49 zeigt, dass das Eingreifen des Herrn nicht nur lokal, sondern global sein wird: Er wird seine Stimme erheben, und alle Enden der Erde werden sie hören. Diese Stimme, die einst leise in Bethlehem erklang, wird nun die Nationen erschüttern. Die Völker werden trauern, und jene, die spotteten und das Kommen Christi lächerlich machten, werden mit Schrecken ihre Torheit erkennen. In Vers 50 wird deutlich, dass Gericht über die Spötter und Übeltäter kommt: Wer das Böse erwartete und sich daran erfreute, wird vom Herrn verzehrt, umgehauen, und ins Feuer geworfen – ein deutliches Bild des göttlichen Gerichts.
Dann erfolgt in Versen 51–53 eine besonders heilige und persönliche Szene. Das jüdische Volk – hier als Überrest bezeichnet – wird den Herrn sehen und ihn nach seinen Wunden fragen. Diese Frage knüpft direkt an Sacharja 13:6 an, wo der Messias sich zu erkennen gibt.
In diesem Moment wird der jüdische Überrest erkennen, dass Jesus von Nazareth tatsächlich der verheißene Messias ist, den sie lange erwartet, aber in der Geschichte oft verworfen haben. Christus bestätigt seine Identität.
In Vers 53 heißt es, dass sie über ihre Sünden weinen und trauern werden, weil sie ihren König verfolgt haben. Es ist ein Moment der Reue, aber auch der Umkehr und Hoffnung. Diese Begegnung wird zum Wendepunkt der Geschichte Israels – und zur Erfüllung jahrtausendealter Prophetien.
Theologische Bedeutung und Kontext (laut Griffith):
Nach der Wiederkunft Christi werden zwei große Werke vorangetrieben: Tempelarbeit für die Verstorbenen unter der Leitung des Herrn selbst und Missionararbeit unter den „Heidenvölkern“ – also jenen, die das Evangelium bisher nicht kannten. Diese Menschen sind keineswegs verworfen, sondern werden in Gottes Heilsplan miteingeschlossen. Der Herr richtet in dieser Zeit des Friedens und der Einigkeit sein Reich auf Erden auf, während Satan gebunden ist. Die Gläubigen werden mit Christus leben, ihre Kinder „ohne Sünde zur Errettung“ aufziehen, und der Herr selbst wird ihr König und Gesetzgeber sein.
Offenbarung 1:7 verweist auf das zweite Kommen Christi in Macht und Herrlichkeit. Sie unterstreicht, dass alle Menschen – auch jene, die ihn einst ablehnten – ihn sehen werden, wenn er auf den Wolken erscheint. Ein klarer Bezug zur Prophezeiung in L&B 45:44–45.
3. Nephi 20:29–34 & 21:1–29 betonen die Rückkehr der verstreuten Stämme Israels und die Rolle der Heiligen der Letzten Tage als Werkzeug des Herrn. Sie verweisen auf die Erfüllung göttlicher Verheißungen und stehen in direktem Zusammenhang mit der Sammlung und Bekehrung in L&B 45:43–53.
Diese Verse schildern die segensreiche Ordnung, die nach der Wiederkunft Christi auf Erden herrschen wird – eine Zeit des Friedens, der Gerechtigkeit und der geistigen Erneuerung. Die prophetischen Worte in diesen Versen sind eine machtvolle Vorausschau auf das Millennium, die Tausend Jahre des Friedens, in denen Christus persönlich auf der Erde regieren wird. Besonders bemerkenswert ist die Erweiterung des Blicks über die Grenzen der Kirche hinaus auf alle Völker, auch auf jene, die das Evangelium nie gehört haben.
Der Ausdruck „Heidenvölker“ (Vers 54) kann heute missverständlich wirken, meint hier jedoch schlicht jene, die das Evangelium nie empfangen haben – also weder Christen noch Juden. Der Herr stellt klar: Auch sie werden erlöst und dürfen an der ersten Auferstehung teilhaben (Ezechiel 36:23).
Joseph Smith stellte 1842 klar, dass es absurd wäre zu sagen, solche Menschen würden verdammt, nur weil sie niemals Gelegenheit hatten, das wahre Evangelium zu hören. Der Herr verurteilt nicht aufgrund von Unwissenheit, sondern richtet nach Licht und Wahrheit. Das Evangelium wird ihnen entweder im Jenseits oder während des Millenniums verkündet, und die Tempelarbeit wird eine zentrale Rolle dabei spielen, wie Präsident Ballard betont hat. Die Einladung zum ewigen Bund Christi gilt allen Menschen – lebend wie tot.
Ein zentrales Kennzeichen des Millennium ist die Bindung Satans (Vers 55). Das bedeutet nicht, dass er buchstäblich gefesselt wird, sondern dass er keinen Einfluss mehr auf die Herzen der Menschen haben wird. Die Menschen werden von innen heraus zum Guten geneigt sein, weil sie Christus kennen, lieben und ihm dienen.
Brigham Young fasste diesen Zustand so zusammen: Das Millennium bestehe darin, dass „jedes Herz im Reich Gottes in Einigkeit ist“, und dass der Widersacher keine Macht mehr habe.
Jesus bezieht sich auf das Gleichnis der zehn Jungfrauen (Matthäus 25), das hier eine neue, konkrete Anwendung findet (Verse 56–57): Wer weise ist, die Wahrheit angenommen hat, vom Heiligen Geist geführt wird und sich nicht verführen ließ, der wird den Tag Christi überleben und nicht „in das Feuer geworfen“ werden. Das Gleichnis ist somit nicht nur ein moralisches Lehrstück, sondern ein Warnruf an uns alle, wachsam, geistig vorbereitet und standhaft zu bleiben – denn das Öl des Geistes kann nicht auf den letzten Drücker nachgefüllt werden.
In der Herrschaft Christi werden die Gerechten die Erde erben (Verse 58–59), wie es schon in den Seligpreisungen verheißungsvoll heißt (Matthäus 5:5). Doch dieses Erbe ist mehr als Landbesitz – es ist ein Zustand göttlicher Ordnung:
- Kinder werden ohne Sünde zur Errettung heranwachsen – das heißt, sie werden in einer Umgebung aufwachsen, die von der Gegenwart Gottes geprägt ist.
- Christus selbst wird mitten unter seinem Volk wohnen, seine Herrlichkeit wird sie umgeben, und er wird ihr König und Gesetzgeber sein. Das ist ein Zustand von theokratischer Gerechtigkeit, in dem das göttliche Gesetz das Leben der Menschen bestimmt – nicht Zwang, sondern Einsicht und Liebe.
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