So machte er sich denn auf den Weg zu seinem Vater. Als er aber noch weit entfernt war, sah ihn sein Vater kommen und fühlte Mitleid: er eilte (ihm entgegen), fiel ihm um den Hals und küßte ihn. 21 Da sagte der Sohn zu ihm: ‘Vater, ich habe gegen den Himmel und dir gegenüber gesündigt; ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu heißen!’ (Lukas 15:20-21).
Joseph Smith hat uns einen Schlüssel gegeben, wie man Gleichnisse verstehen kann: “what is the rule of interpretati[o]n? Just no interpretati[o]n at all.16 understand17 precisely as18 it read.— I have Key by whi[c]h I understa[n]d the scripture—— I enqire [inquire] what was the question whi[c]h drew out the answer.” (siehe hier; frei übersetzt: Welches ist die Regel für Auslegung? Garkeine. Verstehe genauso, wie es geschrieben steht. Ich habe einen Schlüssel, durch den ich die Schriften verstehe – Ich frage mich, was die Frage war, die die Antwort hervorbrachte).
Im Fall der in Lukas 15 geschilderten drei Gleichnisse, haben wir es mit ` dem verlorenen Schaf ´, ` der verlorenen Drachme ´, und ` dem verlorenen Sohn ´ zu tun. Schauen wir uns die Situation an: Jesus war von Zöllnern und Sündern umgeben (Vers 1). Das ist sicherlich nicht die von Pharisäern und Schriftgelehrten favorisierte Gesellschaft, weshalb sie sich darüber mokierten, dass Jesus sich mit diesen von ihnen Gehassten abgab. Das Urteil, welches in ihnen entstand: Wir sind doch ` rechtschaffener als diese, wir sind rein ´, wieso gibt sich Jesus mit diesen ab, sitzt nicht nur mit ihnen zusammen, sondern isst auch noch mit ihnen? Ist er denn blind, dass er nicht weiß, mit wem er sich da abgibt? (Vers 2). Anstatt dass Jesus sie darauf direkt anspricht, erzählt er ihnen drei Geschichten, wobei die dritte doppelt so viel Raum einnimmt, wie die ersten beiden:
- Das verlorene Schaf (eins von einhundert; Lukas 15:3-7)
Jemand hat hundert Schafe und eines geht ihm verloren. Er würde die Neunundneunzig auf der Weide zurücklassen und solange suchen, bis er es gefunden hätte – besteht da nicht die Gefahr die alleingelassenen zu verlieren? Joseph Smith gibt uns die Antwort: Die Neunundneunzig sind diejenigen, die von sich sagen, dass sie nicht verloren sind. Jesus aber ist zu den ` verlorenen ´ gesandt. Auf seinen Schultern würde er es zurücktragen – in all unseren Schwierigkeiten uns helfen – und seine Freude mit anderen teilen.
Oft genug bin ich dieses verlorene Schaf. Wie dankbar muss ich doch für Jesus sein, der alles liegen lässt und nach mir schaut – z. B. durch meine Betreuer ...! In anderen Fällen darf ich der sein, der ein verlorenes Schaf sucht.
- Die verlorene Drachme (eins von zehn; Lukas 15:8-10)
Dies ist eine ganz andere Geschichte, und dennoch gleichbedeutend. Es geht um eine Frau, die zehn Drachmen besitzt und eine davon im Haushalt verliert – das macht zehn Prozent, eine riesige Summe für eine Frau. Man muss berücksichtigen, dass Frauen in der damaligen Kultur von ihrem Mann oder Sohn abhängig waren. Sie stellt alles auf den Kopf, um diese wiederzufinden, was ihr auch gelingt. Auch sie will ihre Freude mit anderen teilen.
- Der verlorene Sohn (eins von zwei; Lukas 15:11-32)
Ein Gutsbesitzer hatte zwei Söhne. Der eine wollte ausbezahlt werden und verprasste in der Ferne (für die jüdischen Führer musste es sich anhören, als wenn er zu den Heiden, in ein fremdes, für ihn unsicheres Land ging) sein Hab und Gut, was ihm eigentlich noch gar nicht zu stand, erst nach dem Tod seines Vaters. Es erging ihm sehr, sehr schlecht, er musste Schweine füttern, was für Juden undenkbar, da unrein – schlechter Baum kann keine gute Frucht hervorbringen (Matthäus 7:18) – und er meinte, dass es ihm zu Hause besser gehen würde. So beschloss er zurückzukehren und sich als nichtswürdiger anzubieten, als der geringste Knecht aufgenommen zu werden. Der Vater jedoch sah ihn in der Ferne kommen, lief ihm entgegen und hieß ihn auf das herzlichste willkommen, umarmte und küsste ihn, obwohl er unrein war und nach Schweinen stank. Er ließ ihn frisch kleiden (Endowment) bereitete ihm ein großes Fest, was seinem anderen ` selbstgerechten ´ Sohn sehr missfiel. Welche Liebe brachte der Vater dem ` Heimkehrenden ´ entgegen. Der Vater versuchte seinem anderen Sohn dann zu vermitteln, dass er die ganze Zeit bei ihm war und ihm alles gehören würde (könnte auf die Pharisäer gemünzt sein). Der andere aber nach viel Leid wieder zurückgefunden habe. Darüber sollte doch Freude herrschen.
Betrachten wir noch, wie ein Schaf verloren gehen kann. Es ist u. U. mit Fressen beschäftigt und entfernt sich dabei unbemerkt von der Herde und findet nicht mehr zu ihr zurück. Diese 100 Schafe repräsentieren die Pharisäer und Sadduzäer. Wie geht eine Münze verloren? Durch Unachtsamkeit ihres Besitzers. Beide können nicht von sich aus gefunden werden, sie brauchen jemanden, der nach ihnen sucht. Der Sohn allerdings ging aufgrund eigenen Verschuldens verloren. Sein Vater hatte keine Chance, ihn zurückzuholen. Er konnte nur abwarten, bis er selber seinen Fehler erkannte und aus eigenem Willen zurückkehrte – Liebe und Entscheidungsfreiheit.
Ich lerne, es gibt Zeiten, in denen ich unverschuldet verloren gehe und der Herr mich sucht und wieder zurückbringt. Dann gibt es Zeiten, da gehe ich aufgrund Unachtsamkeit verloren. Ich werde gesucht und gefunden. Dann gibt es Zeiten, da gehe ich aufgrund eigenen Verschuldens verloren und muss aufgrund schlimmer Erfahrung lernen, wo es mir besser geht und den Rückweg selber antreten. Der Vater wird mich aber voller Liebe in die Arme schließen. Dem Vorbild Jesu folgend, muss aber auch ich jener sein, der sich um das ` verlorenen Kind des Herrn ´ kümmert, die anderen zurücklässt und nach dem Einen sucht, es findet und sich mit allen darüber freut.
Welche Lehren ziehst du aus diesem Kapitel?
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