Gerade vor ein paar Tagen wollte eine Verwandte auf dem
Bürgeramt einen Rentenantrag für ihre Mutter abgeben. Die Reaktion der dort
beschäftigten Dame war nicht gerade bürgerfreundlich: „Heute können Sie das
nicht machen, wir haben heute Publikumsverkehr. Außerdem müssen Sie sich dafür
einen Termin geben lassen!“ Die Erwiderung meiner Verwandten, dass sie extra 90
Km hergefahren sei, um das zu erledigen, wurde nicht gewürdigt, obwohl kein
weiterer Bürger weit und breit zu sehen war. Ich empfinde dieses Verhalten als
selbstüberheblich, anmaßend, schlicht vermessen.
In Zusammenhang mit der Reinigung der Erde lässt der Herr
uns durch Jesaja Folgendes sagen: „Und
ich werde die Welt strafen für Böses und die Schlechten für ihr Übeltun; ich
werde der Vermessenheit der Stolzen ein Ende machen und werde den Hochmut der
Schrecklichen niederwerfen.“ (2. Nephi 23:11; vergleiche Jesaja 13:11).
Alle Wesen auf Erden halten die ihnen vom Herrn gesetzten
Grenzen ein, alleine „der Mensch ist seines Maßes nicht von Hause aus sicher“
sagt uns Otto Friedrich Bollnow (deutscher Philosoph und Pädagoge; 1903-1991)
in seinem philosophischen Aufsatz „Maß und Vermessenheit des Menschen“. Er führt
weiter aus: „Daraus entspringt für den Menschen die Aufgabe, dieses Maß, das
ihm von Natur aus fehlt, aus eigner Kraft zu verwirklichen, mäßigend das
Ungestüm des sich selber verzehrenden Dranges einzudämmen und die Mitte zu
finden, in der er allein sein wahres Wesen verwirklichen kann. Diese Aufgabe
ist es, in der sich allein seine Menschlichkeit vollendet.“ (Link). Ich
verstehe Vermessenheit, in dem Zusammenhang mit Jesajas Aussage oben, als ein
falsches Einschätzen der eigenen Kräfte und Möglichkeiten. „... und vermessen
ist in diesem Sinn der Mensch, der in Bezug auf sich selber das rechte Maß
verfehlt hat“, sagt Bollnow und formt diesen Satz: „Die Vermessenheit ist
Anmaßung eines göttlichen Rechts.“
Der Vermessenheit der Stolzen ein Ende machen? Nachdem viele
von uns es wohl nicht schaffen böses Übeltun aus eigener Kraft abzulegen, wird
es der Herr zu der von ihm bestimmten Zeit ausmerzen, denn „nichts Unreines kann in sein Reich eingehen“ (3. Nephi 27:19). Wir
beide wollen uns doch tagtäglich sehr bemühen „böses Übeltun“ mehr und mehr
abzulegen, und uns nicht göttliches Recht anmaßen, auf dass wir nicht zu denen
gehören, von denen im oben genannten Vers des Jesaja die Rede ist. Oder siehst
du es anders?
Otto Friedrich Bollnow (Quelle) |
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