Freitag, 27. Juni 2025

Er soll predigen und erläutern, schreiben

 

(Bild Quelle Screenshot)

“er soll predigen und erläutern, schreiben, abschreiben, auswählen und alles erlangen, was zum Nutzen der Kirche und der heranwachsenden Generationen sein wird, die im Land Zion aufwachsen werden, um es von Generation zu Generation zu besitzen, für immer und immer. Amen.” (Lehre und Bündnisse 69:8). 

Zusammenfassung zu Lehre und Bündnisse 69:1–8 – Historie und Lehren 

Der Abschnitt 69 ist ein bedeutendes Dokument aus der frühen Geschichte der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Die Offenbarung wurde am 11. November 1831 in Hiram, Ohio, durch den Propheten Joseph Smith empfangen. Sie steht in einem direkten Zusammenhang mit den Anstrengungen, die bis dahin empfangenen Offenbarungen zu sammeln, zu ordnen und in gedruckter Form zu veröffentlichen – ein wesentlicher Schritt zur Etablierung der Kirche und ihrer Lehre. 

Historischer Hintergrund 

Bereits am 1. und 2. November 1831 hatte eine besondere Konferenz der Führer der Kirche stattgefunden, bei der beschlossen wurde, eine Sammlung der göttlichen Offenbarungen für den Druck vorzubereiten. Diese sollte in The Book of Commandments münden, dem Vorläufer der heutigen Lehre und Bündnisse. Am 3. November wurde noch die Offenbarung, die heute als Abschnitt 133 bekannt ist, als "Anhang" ergänzt. 

Oliver Cowdery, einer der engsten Mitarbeiter Joseph Smiths und ein bedeutender Zeuge des Buches Mormon, war beauftragt worden, das Manuskript der gesammelten Offenbarungen zusammen mit Spenden für den Aufbau der Kirche nach Independence, Missouri, zu bringen. In Missouri, genauer gesagt in Jackson County, sollte Zion entstehen – das zentrale Heiligtum und zukünftige geographische Zentrum der Kirche. 

Da es sich sowohl um wertvolle geistige als auch finanzielle Güter handelte, wurde in der vorliegenden Offenbarung deutlich, dass Oliver Cowdery diese wichtige Aufgabe nicht allein erfüllen sollte. Der Herr gebot, dass John Whitmer ihn begleiten solle. Dieser war wenige Monate zuvor durch Offenbarung zum offiziellen Geschichtsschreiber der Kirche berufen worden (LuB 47) und hatte bereits begonnen, Kirchenakten, Protokolle und Briefe zu sammeln und aufzubewahren. 

John Whitmer selbst schrieb später in seiner History of the Church, dass er am 20. November 1831 mit Oliver Cowdery aufbrach und am 5. Januar 1832 in Missouri eintraf. Die Reise war nicht nur eine logistische Aufgabe, sondern hatte auch tiefgehende geistliche Bedeutung: Die Offenbarungen sollten dort gedruckt werden, wo Zion entstehen würde – ein Akt der symbolischen Verankerung göttlicher Wahrheit in einem verheißenen Land. Kurz nach ihrer Ankunft begannen jedoch bereits Spannungen mit der lokalen Bevölkerung, die sich später in offenen Verfolgungen gegen die Heiligen entluden. 

Inhaltliche Lehren und Bedeutung 

Vertrauen und Zusammenarbeit (Verse 1–2) 

Die ersten beiden Verse legen den Grund für die Anweisung, dass John Whitmer mit Oliver Cowdery reisen sollte. Der Herr erklärt, dass es nicht seiner Weisheit entspricht, Oliver allein mit den Offenbarungen und den Spendengeldern zu betrauen – es sei sicherer, wenn ein weiterer vertrauenswürdiger und treuer Diener mitreist. Dies zeigt, wie wichtig im Reich Gottes gegenseitiges Vertrauen, Rechenschaft und Zusammenarbeit sind. Die Kirche wird nicht von Einzelpersonen getragen, sondern von einem koordinierten Kollektiv, das in gegenseitiger Unterstützung handelt. 

Die Rolle des Geschichtsschreibers (Verse 3–4) 

John Whitmer wird nicht nur als Begleiter geschickt, sondern mit einer entscheidenden Aufgabe betraut: Er soll weiterhin wichtige Ereignisse, Beobachtungen und Entwicklungen der Kirche aufzeichnen. Dies ist ein bemerkenswerter Punkt: In einer Zeit, in der die Kirche noch jung war und sich in ständiger Bewegung befand, erkannte der Herr die Notwendigkeit, eine systematische Geschichtsschreibung zu etablieren. John sollte nicht nur selbst beobachten und schreiben, sondern auch Rat von Oliver Cowdery und anderen annehmen. Dies verdeutlicht, dass kirchliche Geschichtsschreibung nicht isoliert, sondern im kollektiven Austausch geschehen soll – ein Prinzip, das bis heute gilt. 

Berichtspflicht aller Diener (Vers 5) 

Bemerkenswert ist auch die Aussage in Vers 5, dass alle Diener der Kirche, also alle, die irgendwo auf der Erde tätig sind, Berichte über ihre "Treuhandschaft" nach Zion senden sollen. Damit wird deutlich: Die Geschichte der Kirche ist kein zentralisiertes Unterfangen, sondern ein gemeinsames Werk. Jeder Beitrag – ob aus einem kleinen Zweig in einem abgelegenen Dorf oder aus einem Missionsgebiet am anderen Ende der Welt – zählt. Diese Lehre hat in der heutigen globalen Kirche besondere Relevanz: Die Geschichte der Wiederherstellung ist nicht auf Kirtland, Nauvoo oder Salt Lake City beschränkt. Sie wird heute fortgeschrieben – in Afrika, Asien, Ozeanien und überall dort, wo Mitglieder leben und wirken. 

Zion als zentraler Ort (Vers 6) 

In Vers 6 wird Zion als „Sitz und Ort“ bezeichnet, an dem all diese Berichte empfangen und organisiert werden sollen. Das bestätigt nicht nur die geographische Bedeutung von Missouri in der frühen Kirchenzeit, sondern auch die spirituelle Funktion Zions: ein Ort der Ordnung, der Sammlung und der Vorbereitung auf die Wiederkunft Christi. Zion wird hier als Herzstück für Offenbarung, Verwaltung und geistliches Wachstum dargestellt. 

Die mobile Aufgabe des Geschichtsschreibers (Vers 7) 

Interessanterweise wird John Whitmer nicht ausschließlich nach Missouri geschickt, um dort dauerhaft zu verweilen. Der Herr fordert ihn auf, „viele Male von Ort zu Ort“ und „von Gemeinde zu Gemeinde“ zu reisen, um sich so besseres Wissen zu verschaffen. Das impliziert: Um die Geschichte der Kirche angemessen festzuhalten, muss man nah bei den Menschen sein, ihre Lebensrealität sehen und hören, was sie bewegt. Geschichte wird nicht aus der Ferne geschrieben, sondern durch Nähe, Dialog und Beobachtung. 

Generationenübergreifende Wirkung (Vers 8) 

Der abschließende Vers hebt hervor, dass John Whitmer nicht nur für die damalige Zeit schreiben sollte, sondern für „die heranwachsenden Generationen“. Das, was gesammelt, niedergeschrieben und geordnet wird, soll der Kirche langfristig dienen – über Generationen hinweg, in Zion und darüber hinaus. Dieser Auftrag betont die Dauerhaftigkeit des Werkes Gottes. Es geht nicht nur um aktuelle Lehre, sondern auch um die Sicherung geistlichen Wissens für die Zukunft. Die heutige Kirche profitiert in hohem Maß von dieser Weitsicht – sei es durch den Zugang zu frühen Offenbarungen, Protokollen, Tagebüchern oder historischen Aufzeichnungen. 

Fazit 

L&B 69:1–8 ist mehr als nur eine logistische Anweisung zur Begleitung einer Reise. Diese Offenbarung gibt tiefe Einblicke in zentrale Prinzipien des Aufbaus der wiederhergestellten Kirche: 

  • die Notwendigkeit von Zusammenarbeit, gegenseitigem Vertrauen und Rechenschaft, 
  • die Wichtigkeit einer kontinuierlichen, inspirierten Geschichtsschreibung, 
  • die Mitverantwortung aller Mitglieder weltweit für das historische Gedächtnis der Kirche, 
  • und die Betonung, dass Zion ein geographischer wie auch geistiger Mittelpunkt für Ordnung und Sammlung ist. 

Der Herr sieht Geschichte nicht als bloßen Rückblick, sondern als geistliche Ressource für gegenwärtige Entscheidungen und zukünftige Entwicklungen. Der Auftrag an John Whitmer steht damit sinnbildlich für den bleibenden Aufruf an uns alle, die Geschichte des Evangeliums in unseren Gemeinden, Familien und Leben aktiv mitzugestalten – damit sie weitergegeben werden kann an die „aufwachsenden Generationen ... für immer und immer.“ 

findechristus.org

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