Montag, 13. Oktober 2025

Damit die Sammlung im Land Zion und in seinen Pfählen Schutz bewirke

 

Das Haus des Herrn
(Bild: Quelle)

“und damit die Sammlung im Land Zion und in seinen Pfählen Schutz bewirke und eine Zuflucht sei vor dem Sturm und vor dem Grimm, wenn diese unvermischt über die ganze Erde ausgegossen werden.” (Lehre und Bündnisse 115:6). 

Lehre und Bündnisse 115:1-19 – Historischer Kontext und geistliche Lehren 

Die Offenbarung, die in L&B 115 enthalten ist, wurde am 26. April 1838 in Far West, Missouri, empfangen. Sie fällt in eine besonders bewegte Zeit der Kirchengeschichte: Nach den Turbulenzen in Kirtland und den zunehmenden Spannungen in Missouri zogen viele Heilige nach Caldwell County, wo Far West zum neuen Zentrum der Kirche wurde. Inmitten dieser Umstände offenbarte der Herr seinem Propheten Joseph Smith eine Reihe von Weisungen, die den Namen der Kirche festlegten, den Bau eines Tempels ankündigten und die Bedeutung Zions sowie der Pfähle für die Sicherheit der Gläubigen betonten. Die Verse enthalten damit grundlegende Lehren, die bis in die Gegenwart hineinwirken. 

Der Name der Kirche 

Eine der bekanntesten und folgenreichsten Aussagen dieser Offenbarung findet sich in den Versen 3–4: „Denn so soll meine Kirche in den letzten Tagen genannt werden, nämlich Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage.“ Damit wurde endgültig klargestellt, wie die Kirche heißen sollte. Zuvor hatte man verschiedene Bezeichnungen verwendet, unter anderem „The Church of the Latter-day Saints“, was den Namen Christi nicht enthielt. Diese Formulierung führte zu Kritik von außen und zu Unklarheiten innerhalb der Kirche. Mit der Offenbarung von 1838 wurde der Name unmissverständlich festgelegt: Die Kirche gehört Christus, sie ist seine Kirche, und sie wird von Heiligen der letzten Tage gebildet, die ihm nachfolgen. 

Die Bedeutung dieser Namensgebung ist nicht nur historisch, sondern auch theologisch zentral. Präsident Russell M. Nelson betonte in einer Generalkonferenz 2018, dass es sich hierbei nicht um eine Namensänderung aus Imagegründen handle, sondern um ein göttliches Gebot. „Der Name der Kirche ist nicht verhandelbar“, erklärte er, „denn der Herr selbst hat ihn bestimmt.“ Der vollständige Name macht deutlich, dass Christus im Zentrum steht. Er unterstreicht auch, dass die Mitglieder nicht einfach eine religiöse Gemeinschaft sind, sondern Heilige, die in den letzten Tagen nach dem Muster des frühen Christentums leben. Damit hat diese Offenbarung bis heute unmittelbare Relevanz: Sie schützt vor Verwässerung des Zeugnisses von Christus und stärkt die Identität der Kirche. 

Zion und die Pfähle als Schutz 

Ein weiterer wichtiger Teil der Offenbarung betrifft die Rolle Zions und seiner Pfähle. In den Versen 5–6 heißt es, Zion solle „ein Banner für die Nationen“ sein und „eine Zuflucht vor dem Sturm“. Hier wird ein Bild entfaltet, das in den letzten Jahrhunderten immer wieder von den Propheten aufgegriffen wurde: Die Pfähle Zions sind Orte der Sicherheit, wo die Heiligen geistigen Schutz finden, gestärkt und gesammelt werden. 

Historisch war diese Aussage in Missouri von unmittelbarer Relevanz. Die Heiligen litten unter Gewalt, Anfeindungen und staatlichem Druck. Die Verheißung, dass ihre Städte und Pfähle ein Zufluchtsort sein sollten, war Ausdruck der göttlichen Fürsorge. In heutiger Zeit erfüllt sich diese Verheißung in weltweiter Dimension. Präsident Nelson hat wiederholt betont, dass die Pfähle der Kirche nicht nur organisatorische Einheiten sind, sondern geistliche Schutzräume, weil sie vom Priestertum geleitet werden. Sie geben Orientierung, helfen im Glauben zu bleiben und bieten Halt in einer Welt, die von moralischem Relativismus und geistigen Stürmen geprägt ist. Besonders die Tempel, die in den Pfählen errichtet werden, sind zu wahren Zufluchtsorten geworden. Sie sind Orte, an denen Heilige Bündnisse schließen und die Gegenwart des Herrn erfahren können – ein Schutz, der keine politische oder militärische Macht gewähren könnte (beispielhaft siehe hier). 

Der Bau des Tempels in Far West 

In den Versen 7–8 wird Far West als „heilige und geheiligte Stadt“ bezeichnet, in der ein Haus des Herrn errichtet werden sollte. Am 4. Juli 1838 wurden die Grundsteine für den Tempel gelegt, ein Akt, der bewusst mit dem Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung verbunden wurde. Damit verbanden die Heiligen ihren Glauben an göttliche Führung mit den Idealen von Freiheit und Selbstbestimmung. Der Beginn des Tempelbaus sollte ein Zeichen für die Beständigkeit der Heiligen und für ihre Berufung als Volk Gottes sein. 

Doch der Tempel in Far West wurde nie fertiggestellt. Schon bald nach der Grundsteinlegung eskalierte die Lage in Missouri. Feindseligkeiten, politische Konflikte und auch Fehlentscheidungen innerhalb der Kirche führten zu wachsender Gewalt. Die sogenannte „Salt Sermon“ (Salz-Predigt) von Sidney Rigdon und das Auftreten der Daniten verschärften die Spannungen, bis die Heiligen schließlich vertrieben wurden. Nur die ersten Mauern und Fundamentreste des geplanten Tempels wurden errichtet, bevor das Projekt aufgegeben werden musste. 

Trotzdem bleibt der Tempel von Far West ein bedeutungsvolles Symbol. Die Grundsteine sind bis heute sichtbar, und die Erinnerung daran erinnert die Kirche daran, dass Gottes Pläne nicht immer sofort erfüllt werden. Manche Verheißungen warten auf eine ferne Zukunft. Viele Heilige betrachten Far West weiterhin als heiligen Ort, auch wenn dort kein fertiger Tempel steht. Die Tatsache, dass die Kirche in der Folge weitere Tempel in Nauvoo und an vielen Orten der Welt bauen konnte, zeigt, dass die Verheißung des Herrn nicht aufgehoben, sondern nur verschoben wurde. Der Auftrag, Häuser des Herrn zu errichten, hat seit Far West eine weltweite Dimension angenommen

Schulden und göttliches Muster 

Ein bemerkenswerter Teil der Offenbarung betrifft die Warnung vor finanziellen Schulden (Verse 13–16). Die Heiligen sollten den Tempel „nach dem Muster“ errichten, das dem Ersten Präsidium gezeigt würde, und sich dabei nicht in Verschuldung stürzen. Diese Lektion war eine direkte Reaktion auf die Erfahrungen in Kirtland, wo der Tempelbau zwar vollendet wurde, aber wirtschaftliche Schwierigkeiten und Spekulation viele Mitglieder in den Ruin trieben. Die Warnung aus L&B 115 betont eine bleibende Lehre: Gottes Werk soll im Glauben und mit Klugheit vorangetrieben werden, nicht durch unbedachtes Schuldenmachen. Diese Mahnung gilt auch heute, nicht nur für große kirchliche Projekte, sondern auch im persönlichen Leben der Mitglieder. 

Joseph Smith und die Schlüssel des Reiches 

In Vers 19 heißt es: „Denn ihm habe ich die Schlüssel dieses Reiches und dieses Werkes gegeben.“ Damit wird Joseph Smiths einzigartige Rolle unterstrichen. Ihm waren die Schlüssel des Priestertums übergeben worden, durch die er die Kirche organisieren, Pfähle errichten und die göttliche Ordnung auf Erden aufbauen konnte. Diese Schlüssel halten ebenso die Zwölf Apostel und sind bis heute in der Kirche wirksam, und sie sollen auch nie mehr von ihr genommen werden (siehe L&B 13:1). Sie sind die Garantie, dass die Kirche Christi nicht einfach ein menschliches Werk ist, sondern auf göttlicher Vollmacht beruht. 

Diese Betonung der Schlüssel ist für das Verständnis von L&B 115 zentral. Der Bau von Tempeln, die Organisation von Pfählen und die Festlegung des Namens der Kirche sind nicht bloß organisatorische Fragen, sondern Akte, die in der Autorität des Priestertums geschehen. Sie machen sichtbar, dass Christus seine Kirche durch Propheten lenkt. 

Heutige Anwendung und Erfüllung 

Welche Bedeutung hat L&B 115 heute? Zunächst erinnert die Offenbarung daran, dass die Kirche ihren Namen und damit ihr Zeugnis von Christus klar und mutig tragen muss. In einer Zeit, in der Abkürzungen oder alternative Bezeichnungen bequem erscheinen, ist es ein Glaubensbekenntnis, die Kirche immer beim vollständigen Namen zu nennen. Präsident Nelson hat dies als Zeichen der Treue gegenüber dem Herrn beschrieben (siehe auch hier). 

Zweitens zeigt die Offenbarung, dass die Pfähle Zions in aller Welt Schutz und Zuflucht bieten. Heute gibt es Hunderte von Pfählen auf allen Kontinenten. Sie sind Orte, an denen Mitglieder geistige Sicherheit finden, genau wie es der Herr in Missouri verheißen hat. Die Errichtung neuer Tempel in den Pfählen ist ein sichtbarer Ausdruck dieser Schutzfunktion. 

Drittens ist der Tempel von Far West ein bleibendes Symbol für die Bereitschaft der Heiligen, Opfer zu bringen, selbst wenn sie die Erfüllung nicht sofort erleben. Der unfertige Bau erinnert daran, dass manche Verheißungen des Herrn erst in der Zukunft in Erfüllung gehen, aber niemals vergessen werden. Die Grundsteine in Far West sind Mahnung und Hoffnung zugleich. 

Schließlich bekräftigt die Offenbarung die Schlüsselvollmacht Joseph Smiths. Diese Schlüssel sind heute beim lebenden Propheten und bei den Aposteln. Sie geben Gewissheit, dass die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage nicht einfach eine Institution ist, sondern das Reich Gottes auf Erden, geführt durch göttliche Vollmacht. 

Schlussgedanken 

L&B 115 ist eine Offenbarung von tiefgreifender historischer und theologischer Bedeutung. Sie wurde in einer Zeit großer Unsicherheit gegeben, und doch enthält sie Verheißungen, die bis heute gültig sind: der Name der Kirche als Zeugnis von Christus, Zion und die Pfähle als Zufluchtsorte, der Auftrag zum Tempelbau und die Bestätigung der Schlüssel des Priestertums. Die Geschichte von Far West und die Erfahrungen der frühen Heiligen lehren uns, dass Gottes Pläne manchmal aufgeschoben, aber nie aufgehoben werden. In einer Welt voller Unsicherheiten lädt uns diese Offenbarung ein, uns in den Pfählen Zions zu sammeln, den Tempel als Zuflucht zu suchen und festzuhalten, dass Christus das Haupt seiner Kirche ist. 

Willst du tiefer einsteigen lies gerne hier: “DC 115 Historical Background” 

findechristus.org

Samstag, 11. Oktober 2025

Die meinen Namen verleugnen

 

(Bild: Quelle)

„Denn wahrlich, so spricht der Herr: Falls es unter euch welche gibt, die meinen Namen verleugnen, sollen andere an deren Stelle gesetzt werden und deren Bischofsamt empfangen. Amen.“ (Lehre und Bündnisse 114:2). 

Dieser Vers macht deutlich, dass Gottes Werk nicht von der Treue einzelner Menschen abhängt. Wenn jemand abfällt, ruft der Herr andere, die bereit sind, seinen Namen zu bezeugen. So hat sich Seine Kirche trotz aller Angriffe Satans, trotz innerer Apostasie und äußerer Verfolgung bis heute behauptet – und sie wird auch weiterhin bestehen (Lehre und Bündnisse 13), weil der Herr selbst ihr Fundament ist. 

Lehre und Bündnisse 114 – Treue und Amtsübergabe bei Untreue 

Im Frühjahr 1838, in Far West, Missouri, offenbart sich eine dramatische Situation: führende Brüder der Kirche – einschließlich Mitglieder des ursprünglichen Kollegiums der Zwölf – entfernen sich vom Zeugnis Jesu Christi und zweifeln an Joseph Smiths prophetischem Amt. In dieser Atmosphäre der Ungewissheit und Trennung spricht der Herr eine kurze, doch bedeutungsvolle Offenbarung (L&B 114:1–2), in der er Apostel David W. Patten dazu aufruft, sein temporäres Geschäft abzuschließen und sich auf eine kommende Mission vorzubereiten, während treue Männer die Ämter der Abgefallenen übernehmen sollen. 

Historischer Zusammenhang und Apostel Patten 

David W. Patten, ursprünglich in den ersten Zwölf Aposteln berufen, war bekannt für seine kommunikativen Gaben und geistige Kraft. Er war ein kräftiger Mann von großer Glaubenskraft und von seinen Zeitgenossen als “Captain Fear-not” bezeichnet – ein Beiname, der sein unerschrockenes Zeugnis und seine Standhaftigkeit unter Druck verdeutlicht Doctrine and Covenants Central+1. Als einer der führenden Apostel stand er in Far West neben Thomas B. Marsh und unterstützte den Rat der Kirche, nachdem führende Mitglieder wie die Whitmers und William W. Phelps aufgrund verschiedener Verfehlungen abgesetzt wurden gospeldoctrine.com

Die Offenbarung vom 11. April 1838 fordert Patten auf: „… seine gesamten Geschäfte so bald wie möglich abzuschließen und seinen Warenbestand zu veräußern, damit er im nächsten Frühjahr … eine Mission erfüllen kann, um meinen Namen zu bezeugen …“ (L&B 114:1). Gleichzeitig kündigt der Herr an, dass diejenigen, die seinen Namen verleugnen, durch andere ersetzt werden sollen – eine klare Zusage, dass die göttliche Arbeit fortschreitet, selbst wenn einzelne zurückfallen (L&B 114:2). 

Apostasie und göttliche Vorsehung 

Der Kontext von Amtsabfall war real: Im Frühjahr 1838 wurden bedeutende Führungspersonen exkommuniziert. Dazu gehörten unter anderem Oliver Cowdery, David Whitmer, Lyman E. Johnson, William W. Phelps und Mitglieder der Zwölf – eine tiefe Erschütterung im Vertrauen der Kirche gospeldoctrine.comchurchofjesuschrist.org. Doch der Herr zeigt in L&B 114 eine höhere Perspektive: Er lässt die Kirche nicht in Desintegration zerfallen. Er plant rechtzeitig Ersatz – ein Mechanismus, der zeigt, dass individuelle Entscheidungen nicht das Reich Gottes verhindern können Doctrine and Covenants Central

Die Offenbarung versichert, dass Verantwortungsträger, die dem Glauben untreu werden, durch treue Gläubige ersetzt werden. So setzt sich die Mission trotz persönlicher Verluste fort – eine demonstrative Aussage der göttlichen Resilienz gegenüber menschlichem Versagen. 

David W. Pattens Vorbereitung auf Mission und Tod 

Patten war gehorsam: Er begann, sein Geschäft abzuwickeln. Doch die Umstände in Missouri eskalierten; der Exodus von Kämpfenden, Verfolgung durch Mobs – alles kulminierte im Konflikt bei Crooked River. Patten führte eine Gruppe Freiwilliger, rettete Geiseln, wurde schwer verwundet und starb noch in derselben Nacht (25. Oktober 1838) – sein Tod machte ihn zum ersten Märtyrer der Kirche churchofjesuschrist.orgDoctrine and Covenants Central. Auf seinem Sterbebett bekräftigte er nochmals sein Zeugnis und rief seiner Frau zu: „Was du sonst tust – oh, verleugne den Glauben nicht!“ Sein mutiges Zeugnis endete mit den Worten an die Brüder: „Gebt mich auf und lasst mich gehen…” https://www.gospeldoctrine.com/doctrine-and-covenants/sections-101-120/section-114. Joseph Smith nannte ihn später: “Da liegt ein Mann, der genau das getan hat, was er gesagt hat – er hat sein Leben für seine Freunde gegeben." Doctrine and Covenants Central

Wie verhält es sich nun mit der Erfüllung von Vers 1, dass David Patten eine Mission in England erfüllen sollte? Eine bemerkenswerte Vision von Anne Booth, einer Heiligen aus Manchester, zeigt, dass der Herr seinen Auftrag auf andere Weise erfüllen ließ. In dieser Vision sah sie David W. Patten, den amerikanischen Apostel und Märtyrer, im Gefängnis der Geisterwelt das Evangelium predigen, viele Seelen taufen und durch Handauflegung bestätigen. Dieses Erlebnis deutet symbolisch darauf hin, dass Patten vom Herrn tatsächlich für die Mission nach England berufen war. Sein vorzeitiger Tod verhinderte zwar die physische Reise, doch Gottes Werk wurde auf geistige Weise fortgesetzt und bestätigt eindrucksvoll, dass treue Diener Gottes Auftrag nicht aufhalten können. 

Dieses Beispiel macht deutlich, dass der Herr seine Verheißungen auch dann erfüllt, wenn äußere Umstände scheinbar dagegenstehen. Während David W. Patten seine Berufung geistig weiterführte, sorgte der Herr zugleich dafür, dass andere Apostel berufen wurden, um die irdische Mission in England zu vollenden. So wird sichtbar, dass Gottes Werk sowohl im Diesseits als auch im Jenseits unaufhaltsam voranschreitet. 

Vertretertreue und Nachfolge 

Die Offenbarung zeigt, dass in der Kirche treue Ersatzstrukturen bereitstehen. Nach Pattens Tod und den Exkommunikationen wurden Männer wie John Taylor und Wilford Woodruff in Ämter berufen – eine Erfüllung des göttlichen Versprechens, dass Ämter nicht leer bleiben, wenn der Herr genaue menschliche Bedingungen kennt Doctrine and Covenants Central

Fazit 

Lehre & Bündnisse 114:1–2 offenbart Gottes klare Haltung: Er verlässt die Kirche nicht, wenn Menschen untreu werden. Stattdessen setzt er treue Gläubige an deren Stelle, um die Werkbeständigkeit zu sichern. David W. Patten symbolisiert in seinem Leben diese Botschaft: treu, gehorsam, bis in den Tod. Auch in Zeiten von Zweifel und Führungskrisen – wie damals in Kirtland und Missouri – bleibt Gottes Plan unerschütterlich. Die Kirche geht weiter, dauerhaft getragen durch treue Nachfolger, ohne Unterlassung und ohne nationale oder menschliche Bedingungen. 

Pattens Opfer führt vor Augen: Glaube zeigt sich nicht in Perfektion, sondern im beständigen Vertrauen – gerade, wenn das Umfeld zerbrechlich scheint. Seine Geschichte ermutigt uns, persönliche Prüfungen zu überdauern, im Glauben stehenzubleiben und stets ein offenes Herz für Gottes Führung zu haben. 

findechristus.org

Freitag, 10. Oktober 2025

Zion, zieh an deine Stärke an

 

(Bild: Quelle)

“Fragen von Elias Higbee: Was bedeutet der Befehl im 52. Kapitel von Jesaja, Vers 1, wo es heißt: O Zion, zieh an deine Stärke – und auf welches Volk nahm Jesaja Bezug?” (Lehre und Bündnisse 113:7). 

Lehre und Bündnisse 113 – Historischer Kontext und geistliche Lehren 

Einleitender Gedanke 

„O Zion, zieh an deine Stärke …“ (Jesaja 52:1). Diese prophetischen Worte, die Jesaja in einer Zeit großer Bedrängnis an Israel richtete, wurden durch Joseph Smith in L&B 113 neu beleuchtet. Sie verweisen auf die Sammlung der Zerstreuten und auf die Rolle des Priestertums in den letzten Tagen. Wer sind wir in diesem Bild? Was bedeutet es, als Nachkommen Israels heute die „Stärke Zions“ anzuziehen? 

Historischer Kontext 

Die Offenbarung in L&B 113 entstand im März 1838 in oder nahe Far West, Missouri. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Kirche Jesu Christi in einer Umbruch- und Krisenphase. Nach Jahren der Verfolgung in Kirtland, Ohio, und den Konflikten um Land in Missouri, war Far West zum neuen Hauptsitz der Kirche geworden. Joseph Smith und die Heiligen befanden sich in einer angespannten Situation: Einerseits wuchs die Hoffnung auf eine blühende Stadt Zion, andererseits spitzten sich die Konflikte mit den umliegenden Siedlern dramatisch zu. 

In diesem Umfeld wandte sich Elias Higbee, ein gläubiger Jünger und Mitglied der Kirche, mit Fragen zu den Schriften Jesajas an den Propheten. Besonders das 11. Kapitel Jesajas mit der Vision vom „Reis aus dem Stamm Isais“ und das 52. Kapitel mit dem Aufruf an Zion, seine Stärke anzuziehen, waren von zentralem Interesse. Joseph Smith empfing daraufhin Antworten, die heute in L&B 113 überliefert sind. 

Diese Offenbarung ist weniger eine klassische „Vision“ oder ein dramatisches Erlebnis als vielmehr eine inspirierte Auslegung der Schrift – ein Beispiel dafür, wie der Herr den Propheten Joseph Smith gebrauchte, um biblische Prophezeiungen in den Kontext der Wiederherstellung einzuordnen. 

Das Reis und die Wurzel Isais (Verse 1–6) 

Die ersten sechs Verse von L&B 113 geben Auskunft über die Symbole in Jesaja 11

Jesaja hatte in Bildern gesprochen: „Und es wird ein Reis hervorgehen aus dem Stamm Isais, und ein Zweig aus seinen Wurzeln wird Frucht bringen“ (Jesaja 11:1). Viele Jahrhunderte lang rätselten Theologen über die Identität dieses „Reises“. Joseph Smith klärte: 

  • Der „Stamm Isais“ ist Christus selbst (Vers 2). Damit wird deutlich: Jesus Christus ist die zentrale Figur, der wahre Messias, der aus der königlichen Linie Davids stammt und das Reich Gottes aufrichtet. 
  • Das „Reis“ ist ein Diener in den Händen Christi, „ein Abkömmling Isais als auch Efraims … auf den viel Macht gelegt worden ist“ (Vers 4). Hier öffnet sich die Tür für eine tiefe Verbindung: ein zukünftiger Prophet oder Führer, der aus den Linien Juda (Isai → David) und Joseph (Ephraim) abstammt und in den letzten Tagen mit Macht ausgerüstet wird. Viele Kommentatoren sehen hierin Hinweise auf Joseph Smith selbst, der sowohl eine geistige als auch möglicherweise eine genealogische Verbindung zu diesen Linien hatte. 
  • Die „Wurzel Isais“ (Vers 6) ist wiederum „ein Abkömmling sowohl Isais als auch Josefs, dem das Priestertum und die Schlüssel des Reiches zu Recht gehören“. Dieses Bild beschreibt nicht nur Abstammung, sondern auch Vollmacht: die Autorität, das Volk zu sammeln und als Banner („Panier“) für die Nationen zu dienen. 

Gospeldoctrine.com fasst dies so: „Die Bilder aus Jesaja 11 sprechen von Christus als dem Stamm, Joseph Smith als dem Reis, und der künftigen Sammlung Israels durch die Schlüssel des Priestertums, die er empfangen hat.“ Hier wird sichtbar, wie eng die Wiederherstellung mit den uralten Verheißungen Israels verknüpft ist. 

Zion zieht an seine Stärke (Verse 7–8) 

Die zweite Hälfte der Offenbarung beantwortet Fragen von Elias Higbee zu Jesaja 52. Der Prophet schreibt: „Wach auf, wach auf, zieh an deine Stärke, Zion; zieh an deine schönen Kleider, Jerusalem, du heilige Stadt“ (Jesaja 52:1). 

Joseph Smith deutet dies so: Die „Stärke Zions“ ist das Priestertum, das in den letzten Tagen wiederhergestellt wurde. Zion bedeutet hier nicht nur die Stadt der Heiligen, sondern das ganze Volk Gottes, das durch Abstammungslinie Anspruch auf das Priestertum hat (Vers 8). 

Damit wird ein tiefes Prinzip sichtbar: Die Wiederherstellung des Evangeliums ist kein zufälliges Ereignis, sondern eine Rückkehr zu einer uralten Ordnung. Zion „zieht an seine Stärke“, wenn die Heiligen ihre Bündnisse annehmen, das Priestertum ehren und sich aktiv an der Sammlung Israels beteiligen. 

Für die frühen Heiligen in Missouri, die nach einem Heimatland Zion suchten, war dies eine große Verheißung: Ihre Berufung war nicht nur, eine Stadt zu bauen, sondern das Werk Gottes in den letzten Tagen durch priesterliche Vollmacht aufzurichten. 

Sich von den Fesseln befreien (Verse 9–10) 

Die letzte Frage in L&B 113 betrifft Jesaja 52:2: „Schüttle den Staub von dir ab; steh auf, Jerusalem; löse die Fesseln von deinem Hals, du gefangene Tochter Zion.“ 

Joseph Smith erklärte: Dies bezieht sich auf die zerstreuten Überreste Israels, die zum Herrn zurückkehren sollen. Wenn sie das tun, verheißt Gott ihnen Offenbarung und die Wiederherstellung seines Wortes (Vers 10). 

Die „Fesseln am Hals“ symbolisieren die Flüche und die Zerstreuung Israels. Über Jahrhunderte war Israel unter die Nationen verstreut worden, oft in Armut, Unterdrückung und geistiger Gefangenschaft. Doch durch Christus und die Wiederherstellung werden diese Fesseln gelöst. 

Für die frühen Heiligen war diese Erklärung besonders tröstlich: Auch wenn sie in Missouri Verfolgung erlitten und sich in einem „zerstreuten Zustand“ befanden, versprach der Herr, dass sie durch Gehorsam, Umkehr und Bündnistreue von ihren Fesseln befreit werden würden. 

Geistliche Lehren und Anwendung für heute 

Die Lehren aus L&B 113 sind nicht nur eine historische Auslegung, sondern haben tiefe Bedeutung für uns heute: 

  1. Christus als Stamm Isais – Er ist die Quelle aller Macht und der Mittelpunkt der Sammlung. Unser Glaube muss in Ihm verankert bleiben. 
  1. Das Priestertum als Stärke Zions – Wir leben in einer Zeit, in der das Priestertum auf Erden wirkt. Die Einladung, „anzuziehen“, gilt uns allen: Männer und Frauen sind durch Bündnisse befähigt, die Macht Gottes in ihrem Leben wirksam zu machen. 
  1. Die Fesseln abwerfen – Auch wir tragen manchmal unsichtbare Fesseln: Sünde, Zweifel, geistige Trägheit. Die Einladung, zum Herrn zurückzukehren, gilt jedem persönlich. Wer sich ihm zuwendet, empfängt Offenbarung und Freiheit. 
  1. Die Sammlung Israels – Wir stehen mitten in diesem Werk. Ob durch Mission, Tempelarbeit oder Glaubensstärkung in unseren Familien: Wir sind Teil der Erfüllung der Prophezeiung, dass die zerstreuten Überreste Israels zurückgebracht werden. 

Schlussgedanke 

L&B 113 zeigt eindrücklich, wie der Herr alte prophetische Bilder für unsere Zeit neu erschließt. Jesajas Worte über den Stamm Isais, das Reis und die Wurzel, über Zions Stärke und seine Befreiung, erhalten durch Joseph Smith eine konkrete Bedeutung für die Wiederherstellung und für uns als Glieder des Hauses Israel. 

Die offene Frage an uns lautet: Wie ziehe ich heute persönlich die „Stärke Zions“ an? (lies gerne “Bekleide dich mit deiner Macht, Zion!” von Elder David A. Bednar). 

Wer sich dieser Frage stellt, erkennt: Es geht nicht nur um historische Deutungen, sondern um eine Einladung, Christus ins Zentrum zu stellen, priesterliche Vollmacht zu ehren und aktiv am Werk der Sammlung teilzunehmen. So wird Jesajas Prophezeiung lebendig – nicht nur in Far West 1838, sondern in unserem Leben heute. 

Mehr interessantes findest du hier: “DC 113 Historical Background” 

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Donnerstag, 9. Oktober 2025

Siehe, wie groß ist eure Berufung

 

(Bild: Quelle)

„Wahrlich, ich sage euch: Siehe, wie groß ist eure Berufung. Säubert euer Herz und euer Gewand, damit nicht das Blut dieser Generation von euren Händen gefordert wird.“ (Lehre und Bündnisse 112:33). 

Lehre und Bündnisse 112:16–34 – Die Schlüssel des Reiches und die Treue bis ans Ende 

In den Versen 16 bis 34 des Abschnitts 112 wird der Blick vom persönlichen Auftrag Thomas B. Marshs auf die gesamte Führungsebene der Kirche ausgeweitet. Während die ersten fünfzehn Verse Marshs Demut, sein Zeugnis und seine Rolle als Präsident der Zwölf in den Vordergrund stellten, zeigen die folgenden Verse die weite Dimension der Berufung der Zwölf Apostel und ihre Beziehung zur Ersten Präsidentschaft

1. Marshs Rolle unter den Zwölf (Verse 16–17) 

Der Herr erklärt Marsh: „Du bist der Mann, den ich erwählt habe, die Schlüssel meines Reiches innezuhaben, was die Zwölf betrifft, draußen unter allen Nationen“ (Vers 16). Damit wird Marsh’ einzigartige Stellung innerhalb des Kollegiums betont. Seine Aufgabe ist nicht die Leitung aller Aspekte der Kirche, sondern insbesondere die weltweite Mission. Während Joseph Smith, Sidney Rigdon und Hyrum Smith mit der „Bürde aller Gemeinden“ (Vers 18) in Kirtland und Missouri belastet waren, sollte Marsh dort wirken, wo diese nicht hinkommen konnten. 

Hier wird deutlich: Führung im Reich Gottes ist arbeitsteilig, doch immer mit Blick auf das große Ganze. Marsh war nicht selbstständig über den Zwölf gesetzt, sondern Träger einer Delegation von Schlüsseln, die er im Auftrag des Herrn und in Einheit mit Joseph Smith ausüben sollte. 

2. Die Zusage göttlicher Hilfe (Verse 19–22) 

Die Berufung, „die Tür des Reiches“ für die Nationen zu öffnen (Vers 17), ist gewaltig. Sie geht weit über menschliche Möglichkeiten hinaus. Deshalb verspricht der Herr Marsh und den Zwölf: „An welchem Ort auch immer du meinen Namen verkündigen wirst, da wird sich dir eine wirksame Tür öffnen“ (Vers 19). 

Hier zeigt sich ein Grundprinzip der Missionsarbeit – damals wie heute: Der Erfolg hängt nicht in erster Linie von der Begabung des Missionars ab, sondern von der Verheißung Gottes. Türen öffnen sich, wenn Menschen sich demütigen, das Wort annehmen und auf die Stimme des Geistes hören (Vers 22). 

Für uns bedeutet das: Wir sollen unsere Berufung nicht nach menschlichen Maßstäben messen, sondern auf göttliche Hilfe vertrauen. Wo wir im Namen des Herrn handeln, bereitet er Wege. 

3. Die Verbindung zur Ersten Präsidentschaft (Verse 20–21, 30) 

Ein zentrales Thema dieser Verse ist die Beziehung zwischen den Zwölf und der Ersten Präsidentschaft. „Wer auch immer mein Wort empfängt, der empfängt mich, und wer auch immer mich empfängt, der empfängt jene, die Erste Präsidentschaft“ (Vers 20). Der Herr macht unmissverständlich klar, dass seine Autorität durch die Erste Präsidentschaft kanalisiert wird. 

Die Zwölf haben die Schlüssel „für die letzten Tage und für die letzte Zeit“ (Vers 30), aber sie handeln in enger Abstimmung mit der Ersten Präsidentschaft, die ihre Ratgeber und Führer ist. In der damaligen Situation, wo Spannungen zwischen einzelnen Aposteln und Joseph Smith aufbrachen, war dies eine deutliche Klarstellung: Einheit mit der Ersten Präsidentschaft ist nicht optional, sondern wesentlich. 

4. Die ernste Warnung: Finsternis über die Erde (Verse 23–26) 

Nach den Zusicherungen folgt ein eindringlicher Abschnitt: „Finsternis bedeckt die Erde und tiefe Finsternis den Sinn der Völker“ (Vers 23). Der Herr spricht von einem kommenden „Tag des Grimms“ und kündigt Gericht an, das „an meinem Haus“ beginnen wird (Vers 25). 

Das ist bemerkenswert. Gericht und Reinigung betreffen zuerst die Heiligen selbst – „die bekannt haben, meinen Namen zu kennen, aber mich nicht gekannt haben“ (Vers 26). In einer Zeit, in der es innerhalb der Kirche Zweifel, Abfall und offene Rebellion gab, war das ein scharfer Hinweis: Die Heiligen sollen sich nicht auf ihrem Bund ausruhen, sondern wahre Treue beweisen. 

Heute mahnt uns dieser Abschnitt, dass Zugehörigkeit zur Kirche allein nicht genügt. Entscheidend ist, Christus wirklich zu kennen – durch Umkehr, Gehorsam und Hingabe. 

5. Auftrag zur weltweiten Verkündigung (Verse 27–29) 

Nach der Warnung folgt die erneute Beauftragung: „Geht hin in alle Welt, und predigt mein Evangelium jedem Geschöpf“ (Vers 28). Dieser universale Auftrag verweist direkt auf das Neue Testament (vgl. Markus 16:15–16). 

Bemerkenswert ist, dass der Herr diese Worte in einem Moment großer innerer Unruhe gibt. Statt sich von Konflikten in Kirtland oder Missouri lähmen zu lassen, sollen die Zwölf den Blick nach außen richten. Mission ist Heilung gegen Selbstbezogenheit. 

Für uns heute gilt: Wenn Herausforderungen in unserem Umfeld uns zu erdrücken drohen, kann der Blick auf die Verkündigung des Evangeliums – sei es durch Zeugnis, durch Nächstenliebe oder durch Erziehung der Kinder im Glauben – neue Kraft geben. 

6. Die Schlüssel der Fülle der Zeiten (Verse 30–32) 

Besonders theologisch bedeutsam ist die Lehre von den „Schlüsseln der Evangeliumszeit“. Der Herr erklärt, dass die Macht des Priestertums, die den Zwölf und der Ersten Präsidentschaft gegeben wurde, die gleiche ist, die seit den Tagen Adams in jeder Evangeliumszeit wirksam war. 

Damit wird ein überzeitlicher Bogen gespannt: Die Berufung der Zwölf in den letzten Tagen steht in direkter Linie mit den Patriarchen, Propheten und Aposteln aller früheren Zeitalter. Dies betont sowohl die Würde als auch die Verantwortung des Amtes. 

7. Der Höhepunkt: Treue und Reinheit (Verse 33–34) 

Der Abschnitt kulminiert in der eindringlichen Mahnung: „Siehe, wie groß ist eure Berufung. Säubert euer Herz und euer Gewand“ (Vers 33). Die Größe der Berufung könnte einschüchtern, doch der Herr verbindet sie mit einer klaren Handlungsanweisung: Reinheit des Herzens und Treue bis ans Ende. 

Hier zeigt sich eine Parallele zu Hesekiel 3:18–19, wo der Prophet für das Blut derer verantwortlich gemacht wird, denen er das Wort nicht weitergibt. Für die Zwölf galt dies in besonderem Maß – doch auch wir sind aufgerufen, unsere Verantwortung im Zeugnisgeben ernst zu nehmen. 

Anwendung für uns heute 

Die Verse 16–34 sprechen eindringlich über Verantwortung, Einheit und Demut. Für uns ergeben sich drei Kernanwendungen: 

  1. Unsere Berufung ist größer, als wir ahnen. Ob als Eltern, Lehrende, Nachbarn oder Missionare – wir stehen in einer Linie mit allen, die das Evangelium bezeugt haben. Das soll uns ermutigen. 
  1. Reinheit ist entscheidend. Wir können unsere Berufung nicht erfüllen, wenn unser Herz geteilt oder unser Gewissen beschmutzt ist. Umkehr und Demut halten uns fähig, Gottes Werk zu tun. 
  1. Einheit mit den Führern der Kirche. Der Herr macht klar, dass seine Macht durch die Erste Präsidentschaft und die Zwölf geleitet wird. Auch heute empfangen wir durch sie Richtlinien und Orientierung. 

Damit entfaltet sich in den Versen 16–34 ein Panorama, das von der individuellen Berufung Marshs zur kosmischen Dimension des Priestertums reicht. Es ist ein Abschnitt, der sowohl Ehrfurcht als auch Demut hervorruft. 

Die Einstiegsfrage bleibt: „Wenn der Herr dir sagen würde: ‚Siehe, wie groß ist deine Berufung‘ – würdest du dich ermutigt oder überfordert fühlen?“ Vielleicht gilt beides. Doch entscheidend ist, dass der Herr uns in unserer Berufung nicht allein lässt. Er gibt Schlüssel, Verheißungen und seine Hand, die uns führt – bis ans Ende. 

findechristus.org

Mittwoch, 8. Oktober 2025

Es hat einiges gegeben, woran ich, der Herr, kein Wohlgefallen hatte

 

(Bild: Quelle)

“Wahrlich, ich sage dir: Es hat in deinem Herzen und bei dir einiges wenige gegeben, woran ich, der Herr, kein Wohlgefallen hatte.” (Lehre und Bündnisse 112:2). 

Lehre und Bündnisse 112:1–15 

Die Worte in Lehre und Bündnisse 112 beginnen sehr persönlich. Thomas B. Marsh, der damalige Präsident des Kollegiums der Zwölf Apostel, hatte gebetet und mit Sorgen für seine Brüder im Apostelkollegium gerungen. In dieser Situation wendet sich der Herr an ihn und spricht in liebevoller, aber auch ernster Weise: „Es hat in deinem Herzen und bei dir einiges wenige gegeben, woran ich, der Herr, kein Wohlgefallen hatte“ (Vers 2). Die Frage, was wir selbst empfinden würden, wenn uns der Herr so direkt anspricht, führt mitten in die Tiefe des Textes. Auf der einen Seite wäre da die Scham oder die Sorge, dem Herrn nicht entsprochen zu haben; auf der anderen Seite steckt in diesen Worten eine große Chance: Der Herr redet, er weist zurecht, weil er liebt. Für Marsh war das eine Einladung, zur Demut zurückzukehren und Vergebung zu empfangen (Vers 3). 

Historisch befand sich die Kirche 1837 in einer angespannten Lage. Das Finanzsystem in Kirtland war zusammengebrochen, viele Heilige zweifelten an Joseph Smiths Führungsanspruch, und auch unter den Zwölf gab es Spannungen. Marsh war zwar von großem Eifer erfüllt, doch manche Quellen deuten darauf hin, dass er bereits damals mit Stolz und Unsicherheiten rang. Dass der Herr ihm gerade jetzt zuspricht, macht die Dringlichkeit deutlich: Marsh sollte ein demütiger und treuer Führer sein, während viele andere verunsichert waren. 

Die Verse 4 bis 10 enthalten eine Reihe kraftvoller Ermahnungen. Marsh soll „von meinem Namen Zeugnis geben … bis an die Enden der Erde“ (Vers 4). Der Herr macht klar, dass das Apostelamt nicht nur eine Würde, sondern vor allem eine Pflicht ist. Es ist interessant, dass Marsh hier sowohl persönlich als auch stellvertretend für die Zwölf angesprochen wird. Er soll Tag und Nacht seine Stimme erheben, Zurechtweisung üben, den Verleumder zum Schweigen bringen und vor allem: „Sei demütig, dann wird der Herr, dein Gott, dich an der Hand führen“ (Vers 10). Die Botschaft ist zeitlos: Demut ist der Schlüssel zu echter geistlicher Führung. 

In den Versen 11 bis 15 erweitert sich die Perspektive. Der Herr spricht Marshs Sorge für seine Brüder an: „Ich kenne dein Herz und habe deine Gebete in Bezug auf deine Brüder vernommen“ (Vers 11). Diese Fürsorge wird positiv gewürdigt, doch Marsh soll lernen, nicht parteiisch zu sein, sondern alle Menschen in gleicher Liebe zu sehen. Besonders auffällig ist der Auftrag in Vers 12: „Und bete für deine Brüder von den Zwölf. Ermahne sie mit Deutlichkeit um meines Namens willen.“ Das ist eine schwierige Aufgabe, die sehr viel Mut erfordert. Gerade weil Spannungen innerhalb des Kollegiums herrschten, musste Marsh die geistige Kraft aufbringen, in Klarheit zu reden, ohne die Einheit zu zerstören. 

Die Verse 13 bis 15 zeigen eine Mischung aus Warnung und Verheißung. Der Herr versichert, dass er die Zwölf trotz Drangsalen „heilen“ wird, wenn sie ihr Herz nicht verhärten (Vers 13). Gleichzeitig gibt er ein klares Gebot: „Erhöht euch nicht selbst; lehnt euch nicht gegen meinen Diener Joseph auf“ (Vers 15). Hier wird sichtbar, wie sehr die Gefahr von Stolz und Abfall real war. Viele Führer in Kirtland und Missouri verloren in dieser Zeit ihr Vertrauen in Joseph Smith. Der Herr aber bekräftigt, dass die Schlüssel, die Joseph gegeben wurden, nicht von ihm genommen würden. Das war eine deutliche Mahnung auch an Marsh: Seine Berufung hatte Gewicht, aber sie stand nicht über der des Propheten. 

Für uns heute liegt in diesen Versen eine starke Botschaft. Jeder, der in der Kirche Verantwortung trägt, sei es in einer Führungsposition oder im familiären Umfeld, kann sich in Marsh wiederfinden. Es gibt immer „einiges wenige“, woran der Herr vielleicht kein Wohlgefallen hat. Doch statt uns zu entmutigen, laden diese Worte ein, im Vertrauen zu wachsen und in Demut voranzugehen. Die Zusage, dass Gott uns an der Hand führt (Vers 10), gilt ebenso heute wie damals. 

Zugleich ist der historische Verlauf von Marshs Leben eine ernste Warnung. Nur ein Jahr nach dieser Offenbarung begann sein Abfall von der Kirche, der schließlich in seinem dramatischen Austritt 1838 mündete. Die Worte des Herrn in den Versen 1–15 zeigen im Rückblick, wie deutlich er vor Stolz, Selbstüberhebung und Parteigeist warnte. Hätte Marsh sie damals in vollem Maß befolgt, wäre seine Geschichte vielleicht anders verlaufen. Doch gerade weil er fiel, ist sein späteres Beispiel der Umkehr umso kraftvoller: 1857, nach fast zwei Jahrzehnten, kehrte er reumütig zurück. Damit wird klar: Auch wenn wir die Mahnungen Gottes manchmal verfehlen, bleibt die Tür zur Umkehr geöffnet. 

So sind die Verse 1–15 von Lehre und Bündnisse 112 nicht nur ein Spiegel für Thomas B. Marsh, sondern für uns alle: Sie fragen nach unserer Demut, nach unserer Bereitschaft, uns korrigieren zu lassen, und nach unserer Treue gegenüber dem Herrn und seinen Dienern. Wer diese Botschaften ernst nimmt, kann lernen, beständiger im Glauben zu bleiben und Fehltritte schneller durch Umkehr zu heilen. 

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Dienstag, 7. Oktober 2025

Weil du dich erniedrigt hast, sollst du erhöht werden

 

(Bild: Quelle)

“Doch weil du dich erniedrigt hast, sollst du erhöht werden; darum sind dir alle deine Sünden vergeben.” (Lehre und Bündnisse 112:3). 

Lehre und Bündnisse 112 - Historischer Kontext, geistliche Lehren und die Geschichte von Thomas B. Marsh 

Die Offenbarung in Lehre und Bündnisse 112 wurde am 23. Juli 1837 an Thomas B. Marsh, den Präsidenten des Kollegiums der Zwölf Apostel, durch Joseph Smith gegeben. Sie entstand in einer Zeit erheblicher Herausforderungen für die junge Kirche in Kirtland, Ohio. Die Kirtland Safety Society, ein Finanzunternehmen, das von führenden Kirchenmitgliedern einschließlich Joseph Smith initiiert worden war, war gescheitert. Viele Mitglieder verloren ihr Vermögen, und Misstrauen, Unsicherheit und Unzufriedenheit breiteten sich innerhalb der Gemeinde aus. In diesem Umfeld war es entscheidend, dass die Apostel gestärkt, ermahnt und klar auf ihre Aufgaben hingewiesen wurden. L&B 112 vermittelt nicht nur spezifische Anweisungen für Marsh, sondern enthält zeitlose Prinzipien über Demut, Einheit, Treue zum Propheten, Vorbereitung auf Prüfungen und weltweite Missionsarbeit. 

Historisch betrachtet war Kirtland 1837 ein Zentrum sowohl geistlicher Energie als auch weltlicher Konflikte. Die Kirche hatte in den vorhergehenden Jahren rapide Mitgliederzahlen gewonnen, neue Gemeinden gegründet und bedeutende Bauprojekte in Angriff genommen, darunter der Bau des Kirtland-Tempels. Gleichzeitig standen die Führer unter enormem Druck, finanzielle Probleme zu bewältigen und das Vertrauen der Mitglieder zu erhalten. Die Krise der Kirtland Safety Society führte nicht nur zu wirtschaftlichen Verlusten, sondern auch zu Spannungen zwischen Mitgliedern und Kirchenführern. Diese Spannungen betrafen insbesondere die Apostel, die als spirituelle Vorbilder dienen sollten, aber auch menschlichen Zweifeln, Sorgen und internen Konflikten ausgesetzt waren. 

Thomas B. Marsh war 1835 zum Präsidenten des Kollegiums der Zwölf Apostel ordiniert worden. Er hatte sich in den ersten Jahren seiner Amtszeit durch Engagement und Loyalität ausgezeichnet, wurde aber zunehmend mit Herausforderungen konfrontiert. Die Offenbarung von 1837 sollte ihm Mut machen, ihn ermahnen und seine Führung in Einklang mit der göttlichen Ordnung festigen. Historische Quellen wie gospeldoctrine.com und doctrineandcovenantscentral.org betonen, dass diese Offenbarung eine Mischung aus Ermutigung, Warnung und Anweisung darstellt, die Marshs Verantwortung in einem sich wandelnden und schwierigen Umfeld unterstreicht. 

Die Offenbarung thematisiert nicht nur persönliche Haltung und Missionsauftrag, sondern auch die strukturelle Ordnung der Kirche. Marsh wird darauf hingewiesen, dass die Apostel das Evangelium in alle Nationen tragen sollen, jedoch stets in Unterordnung unter die Erste Präsidentschaft. Diese Struktur war notwendig, um Einheit zu wahren und Streitigkeiten zu vermeiden. Historische Dokumente zeigen, dass einige Apostel zu dieser Zeit begonnen hatten, ihre eigenen Meinungen und Ambitionen über die kollektive Leitung zu stellen, was die Dringlichkeit der göttlichen Mahnungen erklärt. Die Offenbarung betont, dass Treue, Demut und Gehorsam gegenüber göttlicher Führung die Grundlage für eine effektive und geordnete Kirche bilden. 

Die Jahre nach der Offenbarung waren für Marsh geprägt von weiteren Prüfungen. 1838 kam es in Missouri zu Spannungen zwischen den Heiligen und den lokalen Gemeinden, was schließlich zu Gewalt und Vertreibung führte. Marsh, beeinflusst von Stolz, Missverständnissen und Konflikten innerhalb der Kirche, fiel vorübergehend von der Kirche ab. Dieses Zerwürfnis mit den Heiligen wurde später in der populären „Milch-und-Sahne-Geschichte“ überliefert, auch wenn Details wahrscheinlich überhöht sind. Marshs Abwesenheit dauerte fast 19 Jahre und zeigte, wie selbst hochrangige Apostel den Versuchungen von Stolz, Missverständnis und Enttäuschung erliegen können. 

Seine Rückkehr 1857 nach Utah ist ein entscheidender Teil der historischen Bedeutung von L&B 112. Marsh kehrte reumütig zurück, bekannte öffentlich seine Fehler und wurde von Brigham Young wieder aufgenommen. Historisch gesehen illustriert seine Lebensgeschichte die Ernsthaftigkeit der Mahnungen in L&B 112, aber gleichzeitig die unerschütterliche Barmherzigkeit Gottes: Selbst nach langjähriger Abkehr war Umkehr möglich, und Gottes Gnade konnte wiederhergestellt werden. Diese Erfahrung verdeutlicht, dass göttliche Führung nicht nur ein einmaliger Moment ist, sondern ein fortwährender Prozess der Korrektur, Lehre und Unterstützung. 

Die Offenbarung behandelt außerdem die weltweite Dimension des apostolischen Auftrags. Sie betont, dass die Apostel Türen öffnen sollen, wohin der Prophet oder andere führende Mitglieder nicht gelangen können. Historisch bildete dies die Grundlage für die spätere Missionsarbeit der Kirche, einschließlich der ersten Missionen nach England und anderen Ländern. Die klare Anweisung zur Unterordnung und Zusammenarbeit zeigt, wie wichtig Einheit und Struktur waren, um die Botschaft effektiv zu verbreiten. Sie erinnert daran, dass Missionsarbeit nicht isoliert, sondern im Einklang mit göttlicher Leitung und kollektiver Verantwortung erfolgen muss. 

Die Offenbarung zeigt auch die Verbindung von göttlicher Warnung und Hoffnung. Die Apostel werden auf die Verdorbenheit der Welt und bevorstehende Gerichte hingewiesen, gleichzeitig wird ihnen jedoch ein klarer Weg zur Vorbereitung und Reinheit eröffnet. Historische Quellen belegen, dass diese Warnungen den Aposteln halfen, ihre Verantwortung bewusst wahrzunehmen und die Gemeinde in schwierigen Zeiten zu führen. Sie verdeutlichen, dass Führung sowohl Vorsicht, Gebet als auch aktive Vorbereitung erfordert. 

Die Lehren von L&B 112 sind auch für heutige Leser relevant. Sie betonen Demut, Gehorsam, Standhaftigkeit, Treue zum Propheten, Vorbereitung auf Prüfungen und die Verantwortung, das Evangelium weltweit zu verbreiten. Marshs Erfahrungen machen diese Prinzipien greifbar: Fehler, Stolz oder Missverständnisse können den geistlichen Fortschritt behindern, aber Umkehr, Demut und Gehorsam ermöglichen Rückkehr und Erhöhung. Diese Lektionen gelten nicht nur für Apostel, sondern für jeden Gläubigen, der Verantwortung in Familie, Beruf oder Kirche trägt. 

Zusammengefasst liefert L&B 112 sowohl historische als auch geistliche Einblicke. Historisch veranschaulicht sie die Herausforderungen der Kirche in Kirtland, die Verantwortung der Zwölf Apostel, die Notwendigkeit göttlicher Ordnung und die Konsequenzen menschlicher Schwächen. Die spätere Entwicklung von Thomas B. Marsh – sein Abfall und seine Rückkehr – verdeutlicht, wie ernst Gottes Mahnungen sind, aber auch wie umfassend seine Barmherzigkeit wirkt. Geistlich lehrt L&B 112, dass Demut, Treue, Standhaftigkeit und Bereitschaft zur Umkehr Schlüssel sind, um göttliche Führung zu empfangen und wirksam im Werk des Herrn zu stehen. 

Die Offenbarung bleibt damit ein kraftvolles Zeugnis der göttlichen Fürsorge, das zeigt, wie ernst Gott Führung, Ermahnung und Ermutigung für diejenigen nimmt, die berufen sind, seinen Willen auszuführen. Sie ist nicht nur eine historische Anweisung an Thomas B. Marsh, sondern ein zeitloses Leitprinzip für alle, die nach geistlicher Integrität, Einheit und Wirksamkeit in der Verkündigung des Evangeliums streben. 

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Montag, 6. Oktober 2025

In dieser Stadt gibt es mehr Schätze

 

(Bild: Quelle)

“denn in dieser Stadt gibt es mehr Schätze für euch als nur einen.” (Lehre und Bündnisse 111:10). 

Lehre und Bündnisse 111 – Die Reise nach Salem – Materielle und geistige Schätze 

Historischer Hintergrund 

Der Abschnitt 111 entstand im August 1836, in einer Zeit, in der die junge Kirche schwer mit finanziellen Belastungen zu kämpfen hatte. Das prachtvolle Kirtland-Tempelprojekt war abgeschlossen, doch die Baukosten hatten die Mitglieder in erhebliche Schulden gestürzt. Joseph Smith, der Prophet, fühlte die Last dieser Verpflichtungen besonders stark (rund 13.000 Dollar; heute etwa 467.000 US-Dollar). 

In dieser Situation erreichte Joseph und seine Gefährten (darunter Hyrum Smith, Oliver Cowdery und Sidney Rigdon) die Nachricht von einem Mann in Salem, Massachusetts, der angeblich wusste, wo sich ein verborgener Schatz befände. Manche Quellen sprechen davon, dass es sich um Geld handelte, das von einem verstorbenen Mann hinterlassen worden war und möglicherweise im Besitz einer Witwe lag, die es der Kirche zur Verfügung stellen könnte. 

Getrieben von der Hoffnung, auf legale Weise eine Lösung für die finanziellen Probleme zu finden, reiste Joseph mit seinen Begleitern nach Salem. Dort verbrachten sie mehrere Wochen, fanden aber keinen Schatz. Für viele Kritiker schien dies ein gescheitertes Unterfangen zu sein – ein Zeichen, dass Joseph falschen Hoffnungen nachjagte. Doch inmitten dieser äußerlich erfolglosen Reise empfing Joseph die Offenbarung, die wir heute als Abschnitt 111 kennen. 

In dieser Offenbarung korrigierte der Herr die Sichtweise des Propheten und legte eine tiefere Perspektive frei: Die wahren Schätze Salems waren nicht materieller Natur, sondern bestanden aus Menschen, die das Evangelium annehmen würden. Später bekehrten sich tatsächlich Gläubige in Massachusetts, und ihre Nachkommen trugen entscheidend zur Festigung der Kirche bei. 

Somit markiert Abschnitt 111 einen Wendepunkt im Verständnis: Auch wenn die Reise aus wirtschaftlicher Sicht nicht erfolgreich war, führte sie zu einer geistlichen Neuausrichtung auf die wahren Schätze, die in den Augen des Herrn von Wert sind. 

Verse 1–2: „Ich bin nicht zornig über eure Handlungen …“ 

Der Herr beginnt mit einem überraschend milden Ton: Ich bin nicht ungehalten über eure Handlungen ... . 

Hier wird eine wichtige Wahrheit sichtbar: Nicht jede Handlung eines Propheten geschieht durch direkte göttliche Eingebung. Joseph Smith reiste nach Salem in der Hoffnung, eine praktische Lösung für die finanziellen Sorgen der Kirche zu finden, nicht, weil Gott ihn ausdrücklich dazu gesandt hatte. Doch der Herr versichert ihm, dass er nicht in Ungnade gefallen sei. 

Diese Verse lehren uns zweierlei: Erstens, dass auch geistige Führer Menschen mit eigenen Überlegungen und Hoffnungen sind. Zweitens, dass Gott selbst unsere Irrwege in seine Pläne einflechten kann. Elder Jeffrey R. Holland betonte einmal: „Gott arbeitet mit uns, wie wir sind, nicht nur mit dem, was wir sein sollten. Selbst in unseren menschlichen Schwächen führt er uns näher zu seiner Wahrheit.“ 

Verse 3–5: „Ich habe Schätze in dieser Stadt …“ 

Die Offenbarung verschiebt die Perspektive: Ich habe Schätze in dieser Stadt, über die ihr nichts wisst. Doch die Schätze sind nicht Gold oder Münzen, sondern „viel Volk in dieser Stadt, in deren Herzen ich viele Schätze behalten habe.“ 

Der Herr macht deutlich, dass das wahre Werk nicht im Finden von Geld liegt, sondern im Gewinnen von Seelen. Dieser Gedanke erinnert an die Worte Jesu im Neuen Testament: „Sammelt euch nicht Schätze auf Erden, … sondern sammelt euch Schätze im Himmel“ (Matthäus 6:19–20). 

Damit wird die Reise nach Salem zu einer Lektion über falsche Prioritäten. Joseph und seine Begleiter suchten eine schnelle finanzielle Lösung; Gott aber offenbarte, dass seine Definition von Reichtum anders ist. Elder Dieter F. Uchtdorf lehrte: „Manchmal verfolgen wir mit großem Eifer Ziele, die uns kaum weiterbringen. Wahre Größe liegt darin, in Menschen und in ewigen Werten zu investieren.“ 

Verse 6–8: „Erforscht die Herzen der Menschen …“ 

Der Herr fordert Joseph auf, in Salem zu verweilen und die Herzen der Menschen zu erforschen. Er erinnert daran, dass er weiß, wo alle Schätze verborgen sind. Mit anderen Worten: Gott hat die Macht, sowohl geistige als auch zeitliche Bedürfnisse zu stillen – aber er entscheidet, wie und wann. 

Diese Verse lehren uns Geduld und Vertrauen. Wir neigen dazu, schnelle Lösungen für unsere Sorgen zu suchen, besonders bei finanziellen Schwierigkeiten. Doch Gott sieht ein größeres Bild. In den Worten von Präsident Russell M. Nelson: „Wenn wir Gott vertrauen, wird er uns führen – vielleicht nicht auf dem direkten Weg, den wir erwarten, aber auf dem sicheren Weg, der uns zu wahren Segnungen führt.“ 

Verse 9–11: „Ich habe in dieser Stadt viel Volk …“ 

Die Offenbarung endet mit einer erneuten Betonung: Das eigentliche Ziel Salems waren nicht Goldschätze, sondern Menschen. Der Herr verspricht, dass er ihre Herzen bereiten werde. Tatsächlich erfüllte sich dies: Später traten in Neuengland viele Menschen der Kirche bei, und ihre Nachkommen gehörten zu den Pionieren, die nach Utah zogen. 

Der Gegensatz könnte kaum deutlicher sein: Joseph suchte eine kurzfristige finanzielle Erleichterung, der Herr aber offenbarte eine langfristige geistige Investition. Elder Neal A. Maxwell sagte dazu: „Gott handelt in Zeiträumen und Mustern, die unsere kurzfristigen Sorgen oft übersteigen. Während wir uns um Münzen sorgen, formt er Kronen.“ 

Geistliche Lehren für uns heute 

  1. Der Umgang mit Schulden 
    Abschnitt 111 entstand in einer Phase schwerer finanzieller Belastung. Die Offenbarung erinnert uns, dass materielle Sorgen real sind, doch sie dürfen nicht unsere geistigen Prioritäten überlagern. Präsident Gordon B. Hinckley hat eindringlich gewarnt: „Seid nicht verschuldet, wenn es nicht absolut notwendig ist. Schulden sind ein Joch, das unsere Freiheit einschränkt.“ Dennoch zeigt dieser Abschnitt, dass Gott uns nicht verlässt, selbst wenn wir uns finanziell in Schwierigkeiten befinden. 
  1. Wahre Schätze erkennen 
    Die Reise nach Salem war in finanzieller Hinsicht ein Misserfolg, doch geistlich ein Erfolg. Für unser Leben gilt: Wir mögen beruflichen oder finanziellen Erfolgen nachjagen, doch die wahren Schätze liegen in unseren Beziehungen, im Glauben und in unserem Dienst am Nächsten. 
  1. Gottes Geduld mit unseren Schwächen 
    Der Herr weist Joseph nicht hart zurecht, sondern sagt: „Ich bin nicht ungehalten.“ Das zeigt, wie Gott uns begleitet, auch wenn wir Umwege gehen. Elder Jeffrey R. Holland sagte: „Der Herr liebt uns nicht, weil wir vollkommen sind, sondern weil wir seine Kinder sind.“ 
  1. Langfristige Perspektive 
    Während Joseph kurzfristig Schulden abbauen wollte, dachte der Herr an Generationen von Gläubigen, die durch diese Region beeinflusst werden würden. Auch wir sollten lernen, über unsere momentanen Sorgen hinauszublicken und auf Gottes größere Absichten zu vertrauen. 

Schlussgedanke 

Abschnitt 111 ist ein faszinierendes Beispiel dafür, wie Gott unsere Prioritäten korrigiert. Die Reise nach Salem begann mit der Hoffnung auf materiellen Reichtum, endete aber mit der Offenbarung, dass wahre Schätze geistiger Natur sind. 

Für uns heute bleibt die Lehre: Wir sollen unsere Schulden im Rahmen halten, fleißig arbeiten und klug mit unseren Mitteln umgehen – aber immer mit dem Bewusstsein, dass Geld niemals der höchste Schatz ist. Die wahren Werte sind Menschen, Glaube, Familie und das Evangelium. 

Oder wie Präsident Thomas S. Monson es formulierte: „Unsere größten Schätze sind nicht das, was wir besitzen, sondern die Menschen, die wir lieben, und die Wahrheiten, an die wir glauben.“ 

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Samstag, 4. Oktober 2025

Die Zeit ist völlig da, von der Maleachis Mund gesprochen hat

 

Mose, Elias und Elija erscheinen Joseph und Oliver im Kirtland Tempel
(Bild: Quelle)

“Siehe, die Zeit ist völlig da, von der Maleachis Mund gesprochen hat – der bezeugte, dass er [Elija] gesandt werden würde, ehe der große und schreckliche Tag des Herrn käme” (Lehre und Bündnisse 110:14). 

Lehre und Bündnisse 110:11–16 

Am Palmsonntag, dem 3. April 1836, erlebten Joseph Smith und Oliver Cowdery eine der heiligsten Visionen der Kirchengeschichte. Nachdem Christus selbst im Tempel von Kirtland erschienen und die Annahme des Hauses bestätigt hatte, öffnete sich ein weiterer Strom göttlicher Offenbarungen. In rascher Folge traten drei Boten aus der Ewigkeit auf: Mose, Elias und Elija. Jeder brachte eine Schlüsselvollmacht mit sich, die für die endgültige Errichtung des Reiches Gottes auf Erden unabdingbar ist. Die Verse 11–16 des Abschnitts 110 schildern in knapper Sprache dieses Ereignis, dessen Tragweite bis heute das Leben der Heiligen prägt. 

Zuerst erschien Mose und übertrug „die Schlüssel zur Sammlung Israels von den vier Enden der Erde und zur Führung der Zehn Stämme aus dem Land des Nordens“ (Vers 11). Dieses Amt verweist auf die große Verheißung, die Gott Abraham gegeben hatte: „Und durch dich sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden“ (1. Mose 12:3). Mose, der das Haus Israel aus Ägypten führte, verkörpert den Befreier und Gesetzgeber, durch den Gott sein Volk sammelt. Im Alten Testament führte er Israel buchstäblich in die Freiheit, im Neuen Bund bringt er die geistige Vollmacht zur Sammlung des Bundesvolkes. Präsident Russell M. Nelson hat wiederholt betont, dass die „Sammlung Israels die wichtigste Aufgabe der Welt heute“ sei („Die Sammlung Israels“, Generalkonferenz Oktober 2006). Ohne Mose’ Schlüssel wäre die weltweite Missionsarbeit nicht möglich, die Menschen aller Nationen in den Bund Gottes einlädt. Auch das Buch Mormon ist selbst ein Werkzeug dieser Sammlung, wie schon Nephi erklärte: „Der Herr wird sein Volk wieder sammeln von den vier Enden der Erde“ (2. Nephi 29:14). Wenn Missionare heute das Evangelium predigen, handeln sie unter denselben Schlüsseln, die Mose in Kirtland wiederbrachte. 

Auf Mose folgte Elias. Die Verse beschreiben ihn als Überbringer „der Vollmacht, das Evangelium Abrahams zu verkünden“ (Vers 12). Dieser Elias wird in der Forschung als ein Bote oder Prophet aus Abrahams Zeit verstanden, der die Schlüssel der abrahamitischen Verheißungen repräsentiert und sie im Kirtland-Tempel wiederbrachte. Der Kern ist die Weitergabe der Segnungen, die Abraham empfangen hat: Nachkommenschaft, Priestertum und ewige Erhöhung. Wie im Buch Abraham (Abraham 2:9–11) festgehalten, wurden Abraham und seine Nachkommen dazu bestimmt, ein Segen für alle Völker zu sein. Der Schlüssel des Elias verbindet die Mission der Kirche mit dieser Verheißung. Elder Bruce R. McConkie schrieb: „Das Evangelium Abrahams besteht in den ewigen Bündnissen der Ehe und Nachkommenschaft, die in den Tempeln Gottes geschlossen werden“ (Mormon Doctrine, 1966, S. 228). In der heutigen Zeit bedeutet das: Wenn Familien im Tempel gesiegelt werden, geschieht dies durch die Macht des Evangeliums Abrahams, die Elias in Kirtland wiederhergestellt hat. 

Als Dritter trat Elija auf, „der vor dem großen und schrecklichen Tag des Herrn kommen sollte, um die Herzen der Väter den Kindern und die Herzen der Kinder den Vätern zuzuwenden“ (Vers 13–16). Damit erfüllte sich die Prophezeiung Maleachis (Maleachi 3:23–24 [4:5–6]) in buchstäblicher Weise. Elija hatte im Alten Testament gegen Götzendienst gestritten und den Bund Gottes erneuert. Nun brachte er die Schlüssel der Siegelungsvollmacht, die höchste Vollmacht des Priestertums. Joseph Fielding Smith erklärte: „Durch die Macht Elijas kann alles, was auf Erden gebunden wird, auch im Himmel gebunden sein. Ohne diese Schlüssel wäre der Zweck der Erde zunichte“ (Doctrines of Salvation, Bd. 2, S. 117). Präsident Gordon B. Hinckley nannte die Wiederkunft Elias’ „einen der größten Momente der Kirchengeschichte“, weil sie den Weg für die Tempelarbeit für die Toten eröffnete (Generalkonferenz April 1999). 

Die drei Vollmachten zusammen – Sammlung Israels, Abrahamische Verheißung, Siegelung der Generationen – bilden das Fundament der letzten Haushaltung. Sie sind untrennbar miteinander verbunden: Menschen werden durch Mission gesammelt, sie empfangen die Segnungen Abrahams in Tempelverordnungen, und sie werden durch die Siegelung über Generationen hinweg mit Gott vereint. Alles zielt auf das große Ziel des himmlischen Vaters: „das Maß des Menschen, nämlich das Maß der Fülle Christi“ (Epheser 4:13) zu erfüllen und seine Kinder in die Gegenwart zurückzuführen. 

Die historische Dimension dieser Vision ist bemerkenswert. Joseph und Oliver hielten das Erlebnis in Josephs Tagebuch knapp fest. Erst Jahrzehnte später, 1876, nahm Orson Pratt den Bericht in die offizielle Ausgabe der Lehre und Bündnisse auf. Doch schon damals wirkte ihre Realität in der wachsenden Dynamik des Werkes: kaum war die Vision geschehen, ging die erste große Missionswelle nach England los – ein direktes Zeichen der Sammlung. Jahrzehnte später wuchs das Tempelwerk, bis es heute ein weltweites Geschehen ist, das Millionen von Menschen in die Gegenwart Gottes bringt. 

Für uns heute bleibt die Frage: Was bedeuten diese Schlüssel im persönlichen Leben? Die Sammlung Israels ruft uns auf, Mission nicht nur als institutionelles Programm zu sehen, sondern als persönliche Berufung: Menschen in unserer Nähe durch Liebe, Zeugnis und Dienst zum Bund zu führen. Die abrahamitische Verheißung erinnert uns daran, dass unsere Familie Teil eines ewigen Plans ist – Kinder, Eltern, Großeltern, über Generationen hinweg. Und die Macht Elias’ macht uns bewusst, dass jedes Siegel im Tempel ein Echo der Ewigkeit ist: nichts geht verloren, was in Christus verbunden ist. 

In der geistlichen Reflexion wird klar: Wenn Christus den Tempel annimmt und diese Boten ihre Schlüssel übergeben, ist es nicht nur eine Episode von 1836, sondern eine Einladung an jeden von uns. Wir können Anteil haben an der Sammlung, wir können die Segnungen Abrahams in unserer Familie erfahren, und wir können durch die Siegelungsmacht mit den Herzen unserer Vorfahren und Nachkommen verbunden werden. Elder Dieter F. Uchtdorf sagte: „Das Werk des Herrn besteht darin, Leben zu segnen, Familien zu vereinen und Herzen in Liebe zusammenzubringen“ (Generalkonferenz Oktober 2016). Genau dies ist die Frucht von Mose, Elias und Elija. 

Wenn wir also die Verse 11–16 lesen, sehen wir nicht nur drei majestätische Gestalten im Tempel von Kirtland. Wir erkennen ein Muster für unser eigenes Leben. Jeder Missionsdienst, jede Tempelverordnung, jede Familiengeschichte ist ein Weiterwirken jener Schlüssel, die damals in stiller Größe übergeben wurden. So schließt sich der Kreis: die Verheißungen der Propheten des Alten Testaments sind heute in unserem Alltag lebendig – und wir sind eingeladen, selbst Teil dieser fortwährenden Sammlung und Siegelung zu sein. 

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Freitag, 3. Oktober 2025

Wir sahen den Herrn auf der Brüstung der Kanzel

 

Christi Erscheinen im Kirtland Tempel
(Bild: Quelle)

“Wir sahen den Herrn auf der Brüstung der Kanzel vor uns stehen, und unter seinen Füßen war eine Pflasterarbeit aus reinem Gold, in der Farbe wie Bernstein.” (Lehre und Bündnisse 110:2). 

Lehre und Bündnisse 110:1–10 

Einleitung 
Der 3. April 1836 im Kirtland-Tempel gilt als einer der heiligsten Tage der Wiederherstellung. Nur wenige Tage nach der feierlichen Tempelweihung empfingen Joseph Smith und Oliver Cowdery eine Folge von Visionen, die den weiteren Kurs der Kirche prägen sollten. In den Versen 1–10 tritt der Herr, Jesus Christus, selbst auf und nimmt das Haus an, das ihm geweiht wurde. Damit wird der Kirtland-Tempel zum sichtbaren Zeichen, dass Gott sein Volk annimmt und sich mitten unter sie stellt. 

Historischer Hintergrund 
Der Bau des Kirtland-Tempels war für die noch junge Kirche eine enorme Herausforderung. Die Mitglieder waren arm, viele hatten alles geopfert, um das Bauwerk zu errichten. Die Weihefeier im März 1836 war von machtvollen geistigen Manifestationen begleitet: Gesänge von himmlischen Chören, das Erscheinen von Engeln und eine Fülle des Geistes. In dieser Atmosphäre der Hingabe und des Glaubens erschien wenige Tage später der Herr selbst. 

Die Erscheinung Christi (Verse 1–4) 
Die Vision beginnt mit einer majestätischen Beschreibung: „Wir sahen den Herrn über der Brüstung des Altars stehen … und seine Augen waren wie eine Feuerflamme, das Haar seines Hauptes war weiß wie reiner Schnee, sein Antlitz leuchtete über aller Helligkeit der Sonne.“ Diese Bildsprache greift bekannte Schilderungen aus der Schrift auf. Johannes beschreibt den verherrlichten Christus in Offenbarung 1,14–16 ähnlich: Augen wie Feuerflammen, Gesicht wie die Sonne, Stimme wie mächtige Wasser. Auch im Buch Mormon berichtet die Erscheinung des auferstandenen Christus in 3. Nephi 19:5-30 von einer Weiße, die alles irdische übertrifft. 

Diese Parallelen zeigen: Joseph und Oliver begegneten nicht einer inneren Eingebung, sondern dem gleichen verherrlichten Herrn, der sich schon früher Propheten offenbart hatte. Christus tritt hier nicht als leidender Messias, sondern als König der Herrlichkeit auf – derjenige, dem der Tempel geweiht war. 

Worte des Herrn (Verse 5–10) 
Die Botschaft, die Christus spricht, ist schlicht und doch voller Macht. Zuerst bezeugt er: „Ich bin der Erste und der Letzte; ich bin der Lebendige, ich bin der, der erschlagen wurde; ich bin euer Fürsprecher beim Vater.“ Hier verbinden sich Titel aus der Offenbarung („Erster und Letzter“) mit der Erinnerung an Golgatha („der erschlagen wurde“) und der gegenwärtigen Rolle Christi als Mittler. So spannt er den Bogen von der Ewigkeit über die Vergangenheit bis zur unmittelbaren Gegenwart. 

Dann erklärt der Herr, dass er „die Gebete seiner Diener angenommen“ habe und „das Haus angenommen“ sei. Diese Zusicherung ist der Höhepunkt des Tempelbaus: Der Herr selbst bestätigt, dass seine Herrlichkeit den Tempel erfüllt. Wie einst die Wolke die Stiftshütte erfüllte (Exodus 40:34) und der Tempel Salomos von Herrlichkeit überstrahlt wurde (1. Könige 8,10–11), so nimmt Christus nun das erste Heiligtum der Wiederherstellung an. 

Besonders eindrücklich sind die Verheißungen in Vers 7–10: „Mein Name soll hier sein … mein Herz soll stets zu diesem Volk geneigt sein.“ Der Herr erklärt, dass seine Augen und sein Herz immer auf seinem Haus und seinem Volk ruhen. Er verheißt „große Segnungen“, die von Generation zu Generation fortwirken, und dass die Kirche „aus der Dunkelheit in das wunderbare Licht Gottes erhoben“ werde. 

Alttestamentliche Grundlagen 
Die Sprache der Annahme erinnert stark an die Bundesgeschichte Israels. Immer wieder bekräftigt Gott: „Ich will mitten unter euch wohnen.“ Der Tempel ist das sichtbare Zeichen dieses Bundes. So wie das Opfer im alten Israel nicht ohne Gottes Annahme wirksam war, so wäre auch der Tempelbau in Kirtland ohne das Zeugnis Christi unvollständig geblieben. 

Auch die Verbindung zu Jesaja ist erkennbar: „Das Volk, das in Finsternis wandelt, hat ein großes Licht gesehen“ (Jesaja 9:1). Christus selbst erklärt in L&B 110, dass die Kirche nun aus Dunkelheit ins Licht gehoben wird – ein direktes Echo dieser Verheißung. 

Bedeutung für die Wiederherstellung 
Die Annahme des Tempels in Kirtland markiert einen Wendepunkt. Die Gläubigen wussten nun, dass ihr Opfer nicht vergeblich war. Der Herr selbst hatte bestätigt, dass er ihr Werk anerkennt. Zudem schuf diese Vision den Raum für die folgenden himmlischen Beauftragungen (Moses, Elias, Elija), die nur in einem von Gott angenommenen Tempel stattfinden konnten. Ohne die Bestätigung Christi wären die späteren Schlüsselmachten in ihrer Autorität nicht glaubhaft gewesen. 

Bedeutung für heute 
Auch wenn der Kirtland-Tempel heute kein geweihtes Gotteshaus mehr ist, bleibt seine Weihe und Annahme ein Symbol für jeden Tempel weltweit. Wenn wir heute einen Tempel betreten, dürfen wir uns daran erinnern: Der Herr hat seine Häuser angenommen, und sein Name ruht auf ihnen. Seine Verheißung gilt uns ebenso: Seine Augen und sein Herz sind auf sein Volk gerichtet. 

Für das persönliche Leben bedeutet dies, dass Christus unsere Opfer sieht. Viele Mitglieder bringen Opfer dar – Zeit für den Tempel, finanzielle Beiträge, Dienst in der Gemeinde, das Ringen im Gebet. Die Vision von Kirtland erinnert uns daran, dass der Herr diese Opfer annimmt und sie in seinem Gedächtnis sind. 

Geistliche Reflexion für den Alltag 
Die Erscheinung Christi im Kirtland-Tempel lädt uns ein, nach dem Prinzip der Annahme zu leben. Wir alle wünschen uns, dass Gott unser Leben, unsere Arbeit, unsere Gebete „annimmt“. Die Vision zeigt: Annahme geschieht nicht durch äußeren Erfolg, sondern durch Hingabe des Herzens. Die Heiligen in Kirtland waren nicht reich, nicht angesehen, oft verachtet. Doch sie gaben alles, was sie hatten. 

Wenn wir im Alltag kleine Opfer bringen – Geduld in der Familie, Dienst an einem Mitmenschen, das stille Gebet vor dem Schlafengehen –, dürfen wir wissen: Christus sieht es. Seine Augen sind auf uns gerichtet, sein Herz ist uns zugewandt. Er ist der „Fürsprecher beim Vater“, der selbst unsere unvollkommenen Gaben heiligt. 

So wird L&B 110:1–10 zu einer Einladung: unseren eigenen Alltag als „Tempel“ zu sehen, wo der Herr uns begegnen und unsere Hingabe annehmen kann. Dann wird sich die Verheißung erfüllen, dass wir „aus der Dunkelheit in das wunderbare Licht“ gehoben werden – Tag für Tag, Schritt für Schritt. 

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