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“Wir glauben an Gott, den ewigen Vater, und an seinen Sohn, Jesus Christus, und an den Heiligen Geist.” (Glaubensartikel 1:1).
Einführung und historischer Hintergrund
Die ersten drei Glaubensartikel bilden den Kern unseres Verständnisses von Gott, Sünde und Erlösung (Glaubensartikel1: 1, 2, 3).
Die Glaubensartikel wurden 1842 in dem sogenannten Wentworth-Brief von Joseph Smith formuliert. John Wentworth, Herausgeber des Chicago Democrat, hatte Smith gebeten, eine kurze Darstellung der Geschichte, Lehren und des Glaubens der Heiligen der Letzten Tage zu verfassen, um einem Freund bei einer Geschichtsarbeit über Neuengland zu helfen (The Wentworth Letter). Im Anschluss an den historischen Teil fügte Smith jene 13 Glaubensartikel hinzu, die kurz und bündig die wichtigsten Überzeugungen der Kirche zum Ausdruck bringen sollten (The Wentworth Letter). Später wurden diese Artikel in die Köstliche Perle aufgenommen und zu einem offiziellen Teil der heiligen Schriften der Kirche (The Articles of Faith).
Insbesondere legt der erste Artikel das Fundament für das Verhältnis zum Göttlichen: die gemeinsame Ausrichtung auf Vater, Sohn und Heiliger Geist. Die nächsten beiden Artikel vertiefen das Verständnis von individueller Verantwortlichkeit (kein Erbsündenprinzip) und der Bedeutung des Sühnopfers Jesu.
In seiner Rede „The Only True God and Jesus Christ Whom He Hath Sent“ betont ein moderner Führer der Kirche, dass wir an drei göttliche Personen glauben, die in Einheit zusammenwirken – nicht in der klassischen Trinitätslehre, sondern als drei getrennte, aber in Zweck und Wesen vereinte Wesen (The Only True God and Jesus Christ Whom He Hath Sent).
Mit diesem geschichtlichen und theologischen Rahmen wollen wir uns nun näher mit der Lehre und Bedeutung dieser Glaubensartikel beschäftigen.
Lehre und Bedeutung
Artikel 1 – Die Gottheit: Vater, Sohn und Heiliger Geist
In vielen traditionellen christlichen Lehren wird die Dreifaltigkeit (Trinität) betont: drei Personen in einem Wesen, oft in mystischer Sprache erklärt. Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage lehrt stattdessen, dass Vater, Sohn und Heiliger Geist drei getrennte Personen sind, aber in Einheit des Ziels, Charakters und Wirkens vereint – eine Einheit des Zwecks, nicht der Substanz (Do Members of The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints Believe in the Trinity?).
Diese Sicht ist Teil des Wiederherstellungsprinzips: Viele frühchristliche Lehren seien verfälscht worden, und Joseph Smith stellte eine ursprüngliche Offenbarung wieder her, die eine konkrete, persönliche Gottesbeziehung ermöglicht. In dieser Sicht ist Gott, der Vater, ein Körper, ebenso Christus und der Heilige Geist in seiner Rolle, aber ohne materiellen Körper – dennoch real und persönlich. Diese Lehre unterscheidet sich deutlich von abstrakten, theologischen Definitionen eines einzigen göttlichen Wesens (The Articles of Faith).
Dass der erste Glaubensartikel diesen Gottesbegriff betont, zeigt, wie zentral das richtige Verständnis Gottes in unserem Glaubensleben ist. Es geht nicht um philosophische Spekulation, sondern um die Beziehung zu einem liebenden himmlischen Vater und seinem Sohn, sowie um die ständige Gegenwart des Heiligen Geistes.
Artikel 2 – Verantwortung für eigene Sünden
Der zweite Glaubensartikel spricht eine klare Lehre gegen die Idee, dass jemand für die Sünde Adams bestraft wird. Jeder Mensch wird nach seinen eigenen Entscheidungen und Taten gerichtet. Diese Betonung der persönlichen Verantwortlichkeit hebt den Fokus auf Umkehr, Reue und ein aktives Leben im Evangelium.
Das bedeutet: Schuld und Vergebung sind nicht – wie in manchen Traditionen gelehrt – automatisch oder kollektiv, sondern eng verbunden mit persönlichem Handeln und Bereuen. Der Mensch ist kein passives Opfer einer Erbsünde, sondern ein handelndes Wesen, das zur Umkehr und zum Wandel eingeladen ist.
Artikel 3 – Das Sühnopfer und die Errettung
Der dritte Glaubensartikel ist eng mit dem zweiten verknüpft und verkündet: durch das Sühnopfer Christi können alle Menschen errettet werden, sofern sie die Gesetze und Verordnungen des Evangeliums beachten. Das heißt: Erlösung ist möglich – nicht durch menschliche Werke allein, sondern durch das Sühnopfer Jesu und durch gelebten Glauben, der sich in Gesetz und Verordnung ausdrückt.
Dieses Verständnis verbindet Gnade und Verantwortung: Wir können die Vergebung nicht „verdienen“ im rein menschlichen Sinne, doch wir sind aufgerufen, aktiv im Evangelium mitzuwirken, Gebote zu halten, umkehren, taufen und den Heiligen Geist empfangen. Die Gnade Christi deckt die Lücke zwischen unserer Unzulänglichkeit und Gottes Forderung.
Insbesondere betonen wir, dass alle Menschen diese Möglichkeit haben, nicht nur Auserwählte. Das ist ein universaler und inklusiver Glaube an die Wirksamkeit des Sühnopfers.
Verbindung zu Schriften: 2 Nephi 2, Mosia 3, Johannes 1
- In 2 Nephi 2 spricht Lehi von der Notwendigkeit der Sühnung, damit der Tod überwunden werden kann, und dass die Menschen zur Freiheit kommen (Sterblichkeit und Unsterblichkeit).
- In Mosia 3 lehrt Alma Propheten eine klare Vision des Christus-Leidens, seiner Schmerzen und seiner Erlösung, damit der Tod besiegt und die Menschen wiederhergestellt werden können.
- In Johannes 17 betet Jesus zum Vater, dass seine Jünger eins seien „wie wir eins sind“ – eine Einheit im Ziel, nicht in Substanz, was unser Verständnis der Gottheit ergänzt (Einheit in Absicht, nicht in Wesen).
Diese Texte zeigen, dass das Konzept von Sühnung, Einheit und persönlicher Errettung biblisch fundiert ist und in der Wiederherstellungslehre eine klare Fortführung findet.
Persönliche Anwendung und Alltag
Wie zeigt sich mein Glaube an den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist im täglichen Leben? Hier einige praktische Aspekte:
A. Gebet – direkte Beziehung zum himmlischen Vater
Wenn ich bete, wende ich mich nicht an eine unpersönliche Macht, sondern an meinen himmlischen Vater, in Nähe, mit Vertrauen und Respekt. Indem ich Jesus anrufe und im Namen des Sohnes bete, anerkenne ich Seine Rolle als Mittler, aber auch als eigenständige Gottheit. Ich bitte ebenso um den Beistand des Heiligen Geistes, um Führung, Trost und Erkenntnis.
B. Umkehr und Verantwortung
Ich übernehme Verantwortung für meine Entscheidungen und Fehler – ich suche Umkehr, danke für Vergebung durch Christus und strebe danach, besser zu handeln. Ich glaube, dass Fehler nicht automatisch vergeben werden, sondern dass Umkehrprozess, Reue und Wandel notwendig sind.
C. Gesetze und Verordnungen leben
Der Glaube fordert nicht nur inneres Empfinden, sondern ein gelebtes Leben: Gebote zu halten, Dienst zu tun, gütig zu sein, das Evangelium zu praktizieren. Durch das Bemühen, Gottes Gebote einzuhalten, bringe ich meinen Glauben zum Ausdruck.
D. Vertrauen auf Gnade und Erlösung
Wenn ich in Herausforderungen stehe, erinnere ich mich daran, dass das Sühnopfer Christi die Grundlage meiner Hoffnung ist. Ich weiß, dass ich durch Sein Opfer Vergebung, Heilung und Erneuerung finden kann – nicht durch meine Leistung allein, sondern durch Sein Sühnopfer.
E. Mit anderen teilen
Indem ich über meine Überzeugungen rede – wer Gott ist, was Christus getan hat, wie der Heilige Geist wirkt – lege ich Zeugnis ab. Genauso, wie Joseph Smith die Glaubensartikel formulierte, kann ich mich bemühen, klar, schlicht und dennoch kraftvoll zu sprechen, wenn Menschen fragen.
Ein weiterer Aspekt: in interreligiösen Gesprächen kann ich mit den Glaubensartikeln einen kompakten, aber tiefen Einstieg bieten, so wie sie seit jeher auch von Führern der Kirche zur Orientierung empfohlen werden (The Articles of Faith).
Wie kannst du in den nächsten 30 Tagen bewusst in deinem Alltag zeigen, was du über den himmlischen Vater, Christus und den Heiligen Geist glaubst – in Gebet, Umkehr, Gehorsam und Zeugnis – und in welchem Bereich deines Lebens brauchst du gerade jetzt besonders das Sühnopfer von Jesus Christus?




