Montag, 8. Dezember 2025

Wir glauben an

 

(Bild: Quelle)

“Wir glauben an Gott, den ewigen Vater, und an seinen Sohn, Jesus Christus, und an den Heiligen Geist.” (Glaubensartikel 1:1). 

Einführung und historischer Hintergrund 

Die ersten drei Glaubensartikel bilden den Kern unseres Verständnisses von Gott, Sünde und Erlösung (Glaubensartikel1: 123). 

Die Glaubensartikel wurden 1842 in dem sogenannten Wentworth-Brief von Joseph Smith formuliert. John Wentworth, Herausgeber des Chicago Democrat, hatte Smith gebeten, eine kurze Darstellung der Geschichte, Lehren und des Glaubens der Heiligen der Letzten Tage zu verfassen, um einem Freund bei einer Geschichtsarbeit über Neuengland zu helfen (The Wentworth Letter). Im Anschluss an den historischen Teil fügte Smith jene 13 Glaubensartikel hinzu, die kurz und bündig die wichtigsten Überzeugungen der Kirche zum Ausdruck bringen sollten (The Wentworth Letter). Später wurden diese Artikel in die Köstliche Perle aufgenommen und zu einem offiziellen Teil der heiligen Schriften der Kirche (The Articles of Faith).  

Insbesondere legt der erste Artikel das Fundament für das Verhältnis zum Göttlichen: die gemeinsame Ausrichtung auf Vater, Sohn und Heiliger Geist. Die nächsten beiden Artikel vertiefen das Verständnis von individueller Verantwortlichkeit (kein Erbsündenprinzip) und der Bedeutung des Sühnopfers Jesu. 

In seiner Rede „The Only True God and Jesus Christ Whom He Hath Sent“ betont ein moderner Führer der Kirche, dass wir an drei göttliche Personen glauben, die in Einheit zusammenwirken – nicht in der klassischen Trinitätslehre, sondern als drei getrennte, aber in Zweck und Wesen vereinte Wesen (The Only True God and Jesus Christ Whom He Hath Sent). 

Mit diesem geschichtlichen und theologischen Rahmen wollen wir uns nun näher mit der Lehre und Bedeutung dieser Glaubensartikel beschäftigen. 

Lehre und Bedeutung 

Artikel 1 – Die Gottheit: Vater, Sohn und Heiliger Geist 

In vielen traditionellen christlichen Lehren wird die Dreifaltigkeit (Trinität) betont: drei Personen in einem Wesen, oft in mystischer Sprache erklärt. Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage lehrt stattdessen, dass Vater, Sohn und Heiliger Geist drei getrennte Personen sind, aber in Einheit des Ziels, Charakters und Wirkens vereint – eine Einheit des Zwecks, nicht der Substanz (Do Members of The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints Believe in the Trinity?). 

Diese Sicht ist Teil des Wiederherstellungsprinzips: Viele frühchristliche Lehren seien verfälscht worden, und Joseph Smith stellte eine ursprüngliche Offenbarung wieder her, die eine konkrete, persönliche Gottesbeziehung ermöglicht. In dieser Sicht ist Gott, der Vater, ein Körper, ebenso Christus und der Heilige Geist in seiner Rolle, aber ohne materiellen Körper – dennoch real und persönlich. Diese Lehre unterscheidet sich deutlich von abstrakten, theologischen Definitionen eines einzigen göttlichen Wesens (The Articles of Faith). 

Dass der erste Glaubensartikel diesen Gottesbegriff betont, zeigt, wie zentral das richtige Verständnis Gottes in unserem Glaubensleben ist. Es geht nicht um philosophische Spekulation, sondern um die Beziehung zu einem liebenden himmlischen Vater und seinem Sohn, sowie um die ständige Gegenwart des Heiligen Geistes. 

Artikel 2 – Verantwortung für eigene Sünden 

Der zweite Glaubensartikel spricht eine klare Lehre gegen die Idee, dass jemand für die Sünde Adams bestraft wird. Jeder Mensch wird nach seinen eigenen Entscheidungen und Taten gerichtet. Diese Betonung der persönlichen Verantwortlichkeit hebt den Fokus auf Umkehr, Reue und ein aktives Leben im Evangelium. 

Das bedeutet: Schuld und Vergebung sind nicht – wie in manchen Traditionen gelehrt – automatisch oder kollektiv, sondern eng verbunden mit persönlichem Handeln und Bereuen. Der Mensch ist kein passives Opfer einer Erbsünde, sondern ein handelndes Wesen, das zur Umkehr und zum Wandel eingeladen ist. 

Artikel 3 – Das Sühnopfer und die Errettung 

Der dritte Glaubensartikel ist eng mit dem zweiten verknüpft und verkündet: durch das Sühnopfer Christi können alle Menschen errettet werden, sofern sie die Gesetze und Verordnungen des Evangeliums beachten. Das heißt: Erlösung ist möglich – nicht durch menschliche Werke allein, sondern durch das Sühnopfer Jesu und durch gelebten Glauben, der sich in Gesetz und Verordnung ausdrückt. 

Dieses Verständnis verbindet Gnade und Verantwortung: Wir können die Vergebung nicht „verdienen“ im rein menschlichen Sinne, doch wir sind aufgerufen, aktiv im Evangelium mitzuwirken, Gebote zu halten, umkehren, taufen und den Heiligen Geist empfangen. Die Gnade Christi deckt die Lücke zwischen unserer Unzulänglichkeit und Gottes Forderung. 

Insbesondere betonen wir, dass alle Menschen diese Möglichkeit haben, nicht nur Auserwählte. Das ist ein universaler und inklusiver Glaube an die Wirksamkeit des Sühnopfers. 

Verbindung zu Schriften: 2 Nephi 2, Mosia 3, Johannes 1 

  • In 2 Nephi 2 spricht Lehi von der Notwendigkeit der Sühnung, damit der Tod überwunden werden kann, und dass die Menschen zur Freiheit kommen (Sterblichkeit und Unsterblichkeit). 
  • In Mosia 3 lehrt Alma Propheten eine klare Vision des Christus-Leidens, seiner Schmerzen und seiner Erlösung, damit der Tod besiegt und die Menschen wiederhergestellt werden können. 
  • In Johannes 17 betet Jesus zum Vater, dass seine Jünger eins seien „wie wir eins sind“ – eine Einheit im Ziel, nicht in Substanz, was unser Verständnis der Gottheit ergänzt (Einheit in Absicht, nicht in Wesen). 

Diese Texte zeigen, dass das Konzept von Sühnung, Einheit und persönlicher Errettung biblisch fundiert ist und in der Wiederherstellungslehre eine klare Fortführung findet. 

Persönliche Anwendung und Alltag 

Wie zeigt sich mein Glaube an den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist im täglichen Leben? Hier einige praktische Aspekte: 

A. Gebet – direkte Beziehung zum himmlischen Vater 

Wenn ich bete, wende ich mich nicht an eine unpersönliche Macht, sondern an meinen himmlischen Vater, in Nähe, mit Vertrauen und Respekt. Indem ich Jesus anrufe und im Namen des Sohnes bete, anerkenne ich Seine Rolle als Mittler, aber auch als eigenständige Gottheit. Ich bitte ebenso um den Beistand des Heiligen Geistes, um Führung, Trost und Erkenntnis. 

B. Umkehr und Verantwortung 

Ich übernehme Verantwortung für meine Entscheidungen und Fehler – ich suche Umkehr, danke für Vergebung durch Christus und strebe danach, besser zu handeln. Ich glaube, dass Fehler nicht automatisch vergeben werden, sondern dass Umkehrprozess, Reue und Wandel notwendig sind. 

C. Gesetze und Verordnungen leben 

Der Glaube fordert nicht nur inneres Empfinden, sondern ein gelebtes Leben: Gebote zu halten, Dienst zu tun, gütig zu sein, das Evangelium zu praktizieren. Durch das Bemühen, Gottes Gebote einzuhalten, bringe ich meinen Glauben zum Ausdruck. 

D. Vertrauen auf Gnade und Erlösung 

Wenn ich in Herausforderungen stehe, erinnere ich mich daran, dass das Sühnopfer Christi die Grundlage meiner Hoffnung ist. Ich weiß, dass ich durch Sein Opfer Vergebung, Heilung und Erneuerung finden kann – nicht durch meine Leistung allein, sondern durch Sein Sühnopfer. 

E. Mit anderen teilen 

Indem ich über meine Überzeugungen rede – wer Gott ist, was Christus getan hat, wie der Heilige Geist wirkt – lege ich Zeugnis ab. Genauso, wie Joseph Smith die Glaubensartikel formulierte, kann ich mich bemühen, klar, schlicht und dennoch kraftvoll zu sprechen, wenn Menschen fragen. 

Ein weiterer Aspekt: in interreligiösen Gesprächen kann ich mit den Glaubensartikeln einen kompakten, aber tiefen Einstieg bieten, so wie sie seit jeher auch von Führern der Kirche zur Orientierung empfohlen werden (The Articles of Faith). 

Wie kannst du in den nächsten 30 Tagen bewusst in deinem Alltag zeigen, was du über den himmlischen Vater, Christus und den Heiligen Geist glaubst – in Gebet, Umkehr, Gehorsam und Zeugnis – und in welchem Bereich deines Lebens brauchst du gerade jetzt besonders das Sühnopfer von Jesus Christus? 

findechristus.org

Samstag, 6. Dezember 2025

Getreue Älteste predigen den Toten in Finsternis das Licht

 

(Bild: Quelle)

„Ich sah, dass die getreuen Ältesten dieser Evangeliumszeit nach ihrem Hinscheiden aus dem irdischen Leben mit ihrer Arbeit fortfahren, indem sie das Evangelium der Umkehr und der Erlösung durch das Opfer des einziggezeugten Sohnes Gottes unter denen verkündigen, die in der großen Welt der Geister der Toten in Finsternis und unter der Knechtschaft der Sünde sind.“ (Lehre und Bündnisse 138:57). 

Lehre und Bündnisse 138:38–60 

Die große Versammlung der Gerechten (Verse 38–42) 

Nachdem Joseph F. Smith die Gegenwart Christi in der Geisterwelt geschaut hat, sieht er nun jene, die dort im Auftrag des Herrn wirken. Er erkennt Adam, „den Urvater des Menschengeschlechts“, bekannt als Michael, der Erzengel, umgeben von den Patriarchen und Propheten der alten Welt. Diese Szene zeigt: Das Werk des Heils ist nicht auf die Erde beschränkt. Die göttliche Ordnung des Priestertums reicht über die Grenzen des Todes hinaus. 

Adam, Abel, Seth, Noah, Abraham, Mose, Elias und viele andere dienen als Werkzeuge in der Hand Christi. Die Geisterwelt ist ein Ort göttlicher Organisation – kein Chaos, sondern eine Fortsetzung der priesterlichen Ordnung, die seit der Schöpfung besteht. Schon L&B 27:12–13 spricht davon, dass diese großen Propheten Christus die Schlüssel ihres Dienstes übergeben. Dasselbe Muster findet Joseph F. Smith jenseits des Schleiers wieder. 

Hier wird offenbar: Das Priestertum und das Evangelium sind ewig. Tod und Zeit verändern nichts am Auftrag Gottes. Wer hier treu dient, wird dort fortfahren – und so entsteht eine durchgehende Linie von Adam bis zu den Heiligen der Letzten Tage. 

Die Erweiterung auf alle Treuen (Verse 43–48) 

In diesen Versen erkennt Joseph F. Smith, dass das Werk der Verkündigung nicht nur den großen Führern vorbehalten ist. Auch „unzählige“ Männer und Frauen, die dem Herrn in Treue dienten, wirken in der Geisterwelt. Sie werden „Boten“ Christi, die das Licht dorthin bringen, wo Finsternis herrscht. 

Diese Vision steht im Einklang mit Jesaja 49:9, wo der Herr zu seinem Diener spricht: „Ich habe dich dazu bestimmt, den Gefangenen zu sagen: Geht hinaus!“ – ein prophetisches Bild für die Befreiung der Seelen aus geistiger Gefangenschaft. 

Das Werk in der Geisterwelt folgt denselben Grundsätzen wie auf der Erde: Verkündigung, Umkehr, Barmherzigkeit und freie Entscheidung. Niemand wird gezwungen zu glauben; jeder erhält Gelegenheit, das Evangelium zu hören. So erfüllt sich die göttliche Gerechtigkeit: „Denn auch Toten ist das Evangelium dazu verkündet worden, dass sie zwar wie Menschen gerichtet werden im Fleisch, aber wie Gott das Leben haben im Geist.” (1 Petrus 4:6). 

Die Geisterwelt ist also nicht Endstation, sondern Missionsgebiet – bevölkert von Boten der Liebe. 

Generationenübergreifende Kontinuität (Verse 49–53) 

Joseph F. Smith sieht, dass die großen Glaubensgestalten der vorchristlichen Zeit – von Abel bis zu den Propheten Israels – alle in diesem Werk verbunden sind. Der Bund Gottes ist fortlaufend, unabhängig von der Epoche. 

Diese Erkenntnis betont das Prinzip der Bündnistreue über Generationen hinweg. Abraham, Isaak, Jakob und Mose wirken weiter an demselben Werk, das Christus führt. Die Bündnisse, die sie geschlossen haben, waren nie auf Sterblichkeit beschränkt. 

Alma 40:12 beschreibt, dass „den Gerechten ein Zustand des Friedens gewährt“ wird – und dieser Friede besteht nicht in Untätigkeit, sondern im aktiven Mitwirken am Heilsplan. So werden Himmel und Erde, Vergangenheit und Gegenwart zu einem großen, lebendigen Netz göttlicher Mission. 

Die Heiligen der Letzten Tage im fortgesetzten Werk (Verse 54–58) 

Dann richtet Joseph F. Smiths seinen Blick auf die eigene Zeit. Er sieht die „großen und treuen Männer und Frauen, die in den letzten Tagen das Fundament für das Werk der Erlösung gelegt haben“. Dazu zählen Joseph Smith, Brigham Young, John Taylor, Wilford Woodruff und viele andere, die zu Lebzeiten unermüdlich das Evangelium verkündigten. 

Diese Vision offenbart eine entscheidende Wahrheit: Das Werk der Erlösung ist generationsübergreifend und partnerschaftlich. Die Lebenden und die Toten wirken Hand in Hand. L&B 128:18 drückt das klar aus: „Denn ohne sie können wir nicht vollkommen gemacht werden, und auch sie können nicht ohne uns vollkommen gemacht werden.“ 

Tempelarbeit erhält hier ihre höchste geistige Bedeutung. Wenn Heilige auf Erden in heiligen Handlungen für Verstorbene dienen, sind sie buchstäblich Teil der gleichen Mission, die in der Geisterwelt fortgesetzt wird. Das Werk Gottes ist eins, es ist auf beiden Seiten des Schleiers sichtbar. 

Der universale Auftrag Christi (Verse 59–60) 

In den abschließenden Versen erkennt Joseph F. Smith das Wesen dieses Werkes in seiner göttlichen Gesamtheit: Christus selbst ist der Befreier. Er bringt Licht zu denen, die „in Finsternis und im Schatten des Todes sitzen“ – eine direkte Erfüllung seiner Worte aus Lukas 4:18, wo er erklärt, er sei gesandt, „Gefangenen Befreiung zu verkünden“. 

Damit wird deutlich: Das Werk in der Geisterwelt ist nicht ein Nebenakt des Heilsplans, sondern dessen logische Vollendung. Es ist Ausdruck göttlicher Liebe und vollkommener Gerechtigkeit. Kein Mensch wird vergessen, keine Seele übersehen. 

Diese Offenbarung vermittelt Hoffnung angesichts des Todes. Joseph F. Smith, der selbst viele seiner Kinder und Freunde verloren hatte, empfing darin Trost und Zuversicht: Das Werk des Herrn endet nie, und der Tod hat keine Macht, das Evangelium aufzuhalten. 

Geistliche Bedeutung und heutige Anwendung 

Diese Vision lädt uns ein, über die Ewigkeit unserer Berufung nachzudenken. Jeder, der Christus folgt, wird Teil seines Missionswerkes – jetzt und später. Wenn wir heute Zeugnis geben, Familienbande festigen oder Tempelarbeit verrichten, schließen wir uns der gleichen Bewegung an, die Joseph F. Smith im Jenseits sah. 

Vers 57 erinnert uns daran, dass wahre Jüngerschaft über den Tod hinauswirkt. Treue Älteste – und ebenso treue Schwestern – setzen ihr Werk fort. Im Reich der Geister dienen sie mit demselben Eifer, den sie auf Erden gezeigt haben. Diese Erkenntnis ruft uns auf, im Diesseits entschlossen zu handeln, denn unsere Arbeit endet nicht mit dem Tod, sie verwandelt sich. 

Wenn wir wissen, dass der Dienst für Christus nicht an der Schwelle des Todes endet – wie können wir heute leben, um würdig zu sein, eines Tages im gleichen Werk der Befreiung und des Lichts weiterzuwirken? 

findechristus.org

Freitag, 5. Dezember 2025

Gingen meinem Verständnis die Augen auf

 

(Bild: Quelle)

„Als ich über dies Geschriebene nachsann, gingen meinem Verständnis die Augen auf, und der Geist des Herrn ruhte auf mir.“ (Lehre und Bündnisse 138:11). 

Lehre und Bündnisse 138:11–37 – Die Verkündigung des Evangeliums im Geisterreich 

Der Augenblick der geistigen Erleuchtung 

Mit diesen Worten beginnt der eigentliche Beginn der Vision. Präsident Joseph F. Smith hatte zuvor über die Briefe des Petrus nachgesonnen, die vom Wirken Christi unter den Geistern sprechen. Nun öffnet sich sein geistiges Verständnis, und er wird Zeuge einer der erhabensten Offenbarungen der Kirchengeschichte: dem Blick in die Welt der Geister. Dieser Moment ist nicht bloß eine Vision über die Jenseitsordnung, sondern eine Offenbarung über das fortgesetzte Wirken der Gnade. Der Geist des Herrn „ruht“ auf dem Propheten, und was folgt, ist das geistige Gegenstück zur Auferstehungslehre – die Erkenntnis, dass die Erlösung durch Christus keine zeitliche oder räumliche Grenze kennt. 

Die Verse 11–24 zeigen die Freude und Erwartung der rechtschaffenen Geister im Paradies. Smith sieht sie versammelt, „klein und groß“, im Zustand des Friedens, voller Hoffnung auf die Auferstehung. Sie wissen, dass der Tag ihrer Befreiung nahe ist. Diese Szene steht im starken Kontrast zur Finsternis jener, die sich im Zustand der Ablehnung und Unbußfertigkeit befinden (Verse 20–22). 

Die Vision macht deutlich: Auch nach dem Tod bleibt der Mensch ein handlungsfähiges, lernendes Wesen. Das Evangelium ist kein irdischer Besitz, sondern ein ewiges Prinzip, das alle Kinder Gottes umfasst. In der Geisterwelt gibt es Ordnung, Arbeit, Lehre und Hoffnung. 

Der Besuch Christi in der Geisterwelt (Verse 18–24) 

In diesen Versen sieht Joseph F. Smith, dass Christus selbst nach seinem Tod in die Geisterwelt kommt. Er begegnet den Gerechten, predigt das Evangelium und verkündet ihnen die Befreiung von den Fesseln des Todes. Diese Szene erinnert unmittelbar an Jesaja 61:1–2, wo vom Gesalbten gesprochen wird, der kommt, um „den Gefangenen die Freiheit“ und „den Gebundenen die Öffnung des Kerkers“ zu bringen. Lukas 4:18 bezeugt, dass Jesus selbst diese Worte im Tempel von Nazareth auf sich angewandt hat. Die Vision Joseph F. Smiths zeigt nun ihre vollkommene Erfüllung – Christus befreit nicht nur die Lebenden, sondern auch die Toten. 

Die Geister der Gerechten sind in Erwartung. Sie wissen, dass der Sohn Gottes den Tod überwunden hat. Ihr „Schlummer“ wird bald enden. Die Beschreibung, dass sie voller Freude auf die Wiedervereinigung von Geist und Körper warten, verknüpft diese Offenbarung mit der Lehre aus Alma 40:11–14, die beschreibt, dass die Geister der Gerechten in einem Zustand des Friedens ruhen, während die Gottlosen sich in Dunkelheit befinden. 

Hier wird eine tiefe Wahrheit sichtbar: Der Tod trennt nicht die Gemeinschaft der Gläubigen. Während Christus am Kreuz litt, bereitete sich sein Geist darauf vor, die frohe Botschaft jenen zu bringen, die seit Jahrhunderten in Erwartung lebten. Der Heilsplan umfasst Himmel, Erde und Unterwelt. 

Die Ordnung der Geisterwelt (Verse 25–30) 

Präsident Smith wundert sich, wie Christus in der kurzen Zeit zwischen Tod und Auferstehung all den Millionen Geistern predigen konnte, die in den Tagen Noahs und seither gestorben waren. Seine Frage führt zu einer weiteren Offenbarung: Der Erretter wirkte nicht persönlich unter den Schlechten, sondern organisierte die Verkündigung durch seine Getreuen. 

Aus den Reihen der Rechtschaffenen wählt er Boten aus – Männer und Frauen, Propheten und Heilige vergangener Zeiten – und bevollmächtigt sie, das Licht des Evangeliums unter die Gefangenen zu tragen. Damit wird die Geisterwelt als fortgesetzte Missionssphäre beschrieben, ein Reich geordneter Verkündigung und göttlicher Zusammenarbeit. 

Diese Szene erinnert an das Muster, das der Herr auch in der sterblichen Welt verwendet: Er beruft Diener, sendet sie aus, statt alles selbst zu tun. Der Erretter bleibt das Haupt, doch er lässt die Seinen an seiner Arbeit teilhaben. Das gleiche Prinzip gilt in der Ewigkeit: Erlösung ist ein Werk der Gemeinschaft. 

L&B 76:73–75 (vgl. Parallele) beschreibt jene, „die in der Geisterwelt das Evangelium empfangen“, als Menschen, die „von Christus erlöst“ werden. Sie hatten die Wahrheit im Leben nicht angenommen, doch durch Umkehr und stellvertretende heilige Handlungen erhalten auch sie den Zugang zum Heil. Die Offenbarung Joseph F. Smiths bestätigt und vertieft diese Lehre. 

Die Berufung der Boten (Verse 31–37) 

Die Vision beschreibt nun, wie die von Christus bevollmächtigten Geister das Evangelium „allen Menschengeistern“ bringen. Sie verkünden den „angenehmen Tag des Herrn“, rufen zur Umkehr und lehren die Grundsätze des Glaubens, der Taufe und des Empfangs des Heiligen Geistes. Selbst jenen, die in Sünde oder Unwissenheit gestorben sind, wird Gelegenheit gegeben, das Evangelium anzunehmen. 

Diese Lehre widerspricht dem verbreiteten Bild eines statischen Jenseits. Die Geisterwelt ist kein Ort passiver Erwartung, sondern eine lebendige Missionsschule. Glaube, Umkehr und Gehorsam bleiben notwendig, doch nun wirkt das Evangelium über die Grenze des Todes hinaus. 

Die Boten handeln „mit Macht und Vollmacht“. Sie tragen das Licht zu denen, die in Finsternis sind – eine Parallele zu Jesaja 42:6–7, wo der Messias berufen wird, „Licht der Heiden“ zu sein und „die Gefangenen aus dem Kerker“ zu führen. Auch hier erfüllt sich die Prophetie: Durch seine Diener öffnet Christus geistige Gefängnisse und schenkt Freiheit. 

So offenbart Joseph F. Smith eine göttliche Wahrheit, die zugleich tröstend und verpflichtend ist: Niemand ist vergessen. Das Werk der Erlösung umfasst die ganze Menschheitsfamilie. Die Ketten der Hölle sind keine endgültigen Grenzen; sie können durch Glauben, Umkehr und stellvertretendes Priestertumshandeln gesprengt werden. 

Biblische und buchmormonische Parallelen 

Die Vision knüpft an zahlreiche Schriften an. Neben den Petrusbriefen, die den unmittelbaren Anlass bildeten, findet sich im Buch Mormon mehrfach der Gedanke, dass die Botschaft Christi zu den Toten gelangt. Alma 40 erklärt die Zustände nach dem Tod; Mosia 27:36 beschreibt, wie Bekehrte „die Macht und das Licht Christi“ verkündigen, um andere zu befreien – ein Muster, das in der Geisterwelt seine vollkommene Entfaltung findet. 

Auch in der Köstlichen Perle, besonders in Mose 7, erscheint eine ähnliche Perspektive: Enoch sieht, wie der Himmel über das Leiden der Menschen weint und wie die Erlösung alle Zeiten umfasst. Joseph F. Smith fügt diesem Panorama das fehlende Glied hinzu – die fortgesetzte Mission der Gerechten unter den Toten

Geistliche Anwendung für heute 

Diese Vision ist nicht bloß ein Bericht über das Jenseits, sondern eine Einladung, am gleichen Werk teilzuhaben. Das Tempel- und Familienforschungswerk ist die irdische Entsprechung dessen, was Joseph F. Smith in der Geisterwelt sah. Wer heute Namen seiner Vorfahren sucht, stellvertretend tauft und siegelt, wird Teil desselben Erlösungswerks, das Christus dort organisierte. 

Sie lehrt uns auch Geduld und Hoffnung: Kein Mensch ist verloren, solange der Erlöser wirkt. In einer Welt voller Ungerechtigkeit und Zweifel ruft uns diese Offenbarung dazu auf, am Sieg Christi über Tod und Vergessen mitzuwirken – durch Mitgefühl, Mission und stellvertretenden Dienst. 

Wenn Christus in der Geisterwelt Boten aussandte, um jede Seele zu erreichen – 
wie kann ich heute, in meiner Umgebung, zu einem Boten seines Lichts werden? 

findechristus.org

Donnerstag, 4. Dezember 2025

Tiefer als je zuvor berührten mich beim Lesen die folgenden Stellen

 

(Bild: Quelle)

Ich schlug die Bibel auf und las im Ersten Brief des Petrus das dritte und vierte Kapitel, und tiefer als je zuvor berührten mich beim Lesen die folgenden Stellen.“ (Lehre und Bündnisse 138:6

Lehre und Bündnisse 138:1–10 – Historischer Hintergrund und Beginn der Vision 

Der geistige und historische Kontext von 1918 

Die Vision des Präsidenten Joseph F. Smith vom 3. Oktober 1918 entstand in einer Zeit des Schmerzes und der Erschütterung. Der Erste Weltkrieg ging gerade zu Ende, doch Millionen Menschen betrauerten ihre Toten. Hinzu kam die Spanische Grippe, die innerhalb weniger Monate weltweit mehr Leben forderte als der Krieg selbst. Inmitten dieses Leids suchten viele nach Trost und Hoffnung – nach einer Antwort auf die Frage, was mit den Toten geschieht. 

Joseph F. Smith, der sechste Präsident der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, war selbst zutiefst betroffen. Mehrere seiner Kinder waren verstorben, und wenige Monate vor der Offenbarung hatte er seinen Sohn Hyrum Mack Smith, ein Mitglied des Kollegiums der Zwölf Apostel, verloren. Auch seine eigene Gesundheit war angeschlagen. Der Prophet stand am Ende eines langen, arbeitsreichen Lebens, das von Glauben, Prüfungen und tiefem geistigen Nachdenken geprägt war. 

Wie der Historiker Steven C. Harper (sinngemäß zusammengefasst aus Doctrine and Covenants Contexts) beschreibt, trat Joseph F. Smith in seinen letzten Lebensmonaten „aus der Rolle des Verwalters und Führers in die des Sehers und Zeugen des Sieges Christi über den Tod“. Die Welt sah Gräber und Verzweiflung – doch der Prophet sah Hoffnung, Leben und göttliche Ordnung jenseits des Schleiers. 

Diese Offenbarung war nicht nur eine persönliche Antwort auf Trauer, sondern ein universelles Zeugnis über die fortdauernde Wirksamkeit des Erlösers. Sie öffnete den Blick in die Geisterwelt, wo Christus selbst die frohe Botschaft verkündet und Sein Erlösungswerk fortsetzt. 

Verse 1–4: Nachsinnen über die Schriften 

Am dritten Oktober des Jahres neunzehnhundertachtzehn saß ich in meinem Zimmer und sann über die Schriften nach“ (Vers 1). 

So schlicht beginnt eine der tiefsten Offenbarungen der Neuzeit. Kein dramatisches Ereignis, keine himmlische Erscheinung zu Beginn – nur ein alter Prophet, der still über die Schriften nachdenkt. Gerade in dieser Einfachheit liegt ein großes geistiges Prinzip: Offenbarung erwächst aus dem stillen, gläubigen Nachsinnen über das Wort Gottes. 

Joseph F. Smith dachte, wie er sagt, „über das große, sühnende Opfer, das der Sohn Gottes für die Erlösung der Welt vollbracht hatte“ (Vers 2) und über die „wunderbare Liebe“ des Vaters und des Sohnes (Vers 3) nach. Sein Geist richtete sich nicht auf weltliche Sorgen, sondern auf die zentrale Wahrheit des Evangeliums: dass Christus den Tod überwand, „um die Bande des Todes zu brechen“ (Vers 4). 

Diese Verse zeigen uns, dass wahre geistige Erkenntnis selten plötzlich kommt. Sie wächst in einem Herzen, das bereit ist, zu hören. Joseph F. Smith studierte, betete, sann nach – und empfing. 

Verse 5–6: Der Weg zur Offenbarung 

In Vers 5 heißt es: 
Ich sann über die große und wunderbare Erlösung nach, die durch den Sohn Gottes zustande gekommen war, und ich erhob mein Herz in Danksagung zu Gott für seinen eingeborenen Sohn, Jesus Christus.“ 

Diese Worte zeigen das Muster der Offenbarung: Dankbarkeit öffnet die Tür zur Inspiration. Joseph F. Smith richtete seinen Sinn nicht auf sich selbst oder seine Trauer, sondern auf Christus und dessen Liebe. 

Darauf folgt Vers 6
Ich schlug die Bibel auf und las im Ersten Brief des Petrus das dritte und vierte Kapitel, und tiefer als je zuvor berührten mich beim Lesen die folgenden Stellen.“ 

Hier sehen wir, wie Gott durch die Schriften spricht. Der Prophet suchte Trost und fand ihn nicht in eigenen Gedanken, sondern im inspirierten Wort. Besonders 1. Petrus 3:18–20 und 4:6 – die Stellen über Christus, der den Geistern im Gefängnis predigte – wurden für ihn zu einem Tor der Offenbarung. 

doctrineandcovenantscentral.org erläutert (sinngemäß), dass dieser Moment ein Beispiel für das Muster ist, wie Propheten Offenbarung empfangen: Sie wenden sich den Schriften zu, und während sie lesen und nachsinnen, öffnet der Geist neue Einsichten. Joseph F. Smith las bekannte Verse, doch „tiefer als je zuvor“ – und diese geistige Tiefe bereitete ihn auf die Vision vor, die folgen sollte. 

Verse 7–10: Die Vorbereitung auf die Vision 

Während er las, kam der Geist des Herrn über ihn. In Vers 7 heißt es, dass ihm „beim Lesen dieser Stellen der Geist des Herrn die Augen des Verständnisses öffnete“. Diese Worte erinnern an L&B 76:12: „Durch die Kraft des Geistes öffneten sich uns die Augen des Verständnisses.“ Offenbarung folgt einem Muster: Erst das Wort, dann das Licht. 

In diesen Versen beginnt Joseph F. Smith, das Wirken Christi zwischen Tod und Auferstehung zu begreifen. Er sah geistig, was Petrus bezeugt hatte – dass Christus in die Geisterwelt ging, um „den Geistern, die im Gefängnis waren, zu predigen“ (1. Petrus 3:19). 

Er verstand, dass das Erlösungswerk universell ist. Der Tod begrenzt Christus nicht; im Gegenteil, durch den Tod öffnet Er die Tür für alle, die je gelebt haben. In den folgenden Versen (ab Vers 11) wird diese Erkenntnis zu einer umfassenden Vision, aber schon hier – in den ersten zehn Versen – legt der Herr den Grundstein: Der Erlöser vergisst keine Seele. 

gospeldoctrine.com kommentiert (sinngemäß), dass Joseph F. Smith diese Wahrheit nicht als neue Lehre empfing, sondern als erweiterte Einsicht in bereits offenbarte Prinzipien. Der Heilige Geist half ihm, zu sehen, was schon immer im Evangelium enthalten war – ähnlich wie bei den Jüngern auf dem Weg nach Emmaus, denen „die Augen geöffnet wurden“ (Lukas 24:31). 

Heutige Anwendung 

Diese ersten zehn Verse sind ein Lehrbuchbeispiel dafür, wie Offenbarung im Alltag entsteht: 

  1. Ruhe und Nachsinnen: Joseph F. Smith „saß in seinem Zimmer und sann nach“. Auch wir brauchen solche Momente geistiger Stille, fern vom Lärm der Welt. 
  1. Dankbarkeit und Fokus auf Christus: Statt sich auf Schmerz und Verlust zu konzentrieren, richtete der Prophet seinen Blick auf den Erretter. Dankbarkeit öffnet das Herz. 
  1. Studium der Schriften: Er schlug die Bibel auf. Der Geist wirkt durch das Wort – nicht als Ersatz, sondern als Erweiterung. 
  1. Einsicht durch den Heiligen Geist: Schließlich wurden „die Augen des Verständnisses“ geöffnet. 

Diese einfache, aber tiefgreifende Abfolge kann auch unser persönliches Offenbarungsmuster sein. Wenn wir über die Liebe Christi nachdenken, das Wort studieren und in Demut danken, kann der Geist uns ebenfalls „tiefer als je zuvor“ berühren. 

Wann habe ich das letzte Mal die Schriften so gelesen, dass sie mich „tiefer als je zuvor“ berührt haben – und wie kann ich in meinem täglichen Leben diese geistige Haltung des stillen Nachsinnens pflegen? 

findechristus.org

Mittwoch, 3. Dezember 2025

Gott richtet gemäß unseren Werken und Herzenswünschen

 

(Bild: Quelle)

„Denn ich, der Herr, werde alle Menschen gemäß ihren Werken richten, gemäß den Wünschen ihres Herzens.“ (Lehre und Bündnisse 137:9). 

Wie können wir verstehen, dass Gottes Gerechtigkeit sowohl die Werke als auch die Wünsche des Herzens berücksichtigt und gleichzeitig alle Menschen, selbst Kinder vor der Verantwortlichkeit, in Barmherzigkeit einschließt? 

Lehre und Bündnisse 137:9–10Das Prinzip der gerechten Beurteilung und die Errettung der Kinder 

Nachdem Joseph Smith in den Versen 6–8 die Barmherzigkeit Gottes für seine verstorbenen Familienmitglieder erlebt hatte, richtet sich seine Vision nun auf das Prinzip der gerechten Beurteilung. Vers 9 betont: „Denn ich, der Herr, werde alle Menschen gemäß ihren Werken richten, gemäß den Wünschen ihres Herzens.“ Dieser Leitgedanke zeigt, dass Gottes Gerechtigkeit maßgeschneidert auf jedes Individuum wirkt (dass sowohl das äußere Handeln als auch die inneren Absichten eines Menschen in Gottes Urteil einfließen). Joseph erkennt, dass kein Mensch willkürlich beurteilt wird; Gottes Plan berücksichtigt die wahren Absichten des Herzens ebenso wie die sichtbaren Werke. 

Historisch befand sich die Kirche 1836 in Kirtland in einer Phase intensiver geistiger Vorbereitung, in Erwartung der Tempelweihung. Die Vision zeigt, dass Gottes Urteil alle Umstände des Lebens, das Herz und die Handlungen, sowohl der Lebenden als auch der Verstorbenen, umfasst (dass Gottes Maßstab vollkommen, aber gleichzeitig barmherzig ist). Josephs Verständnis offenbart, dass Gerechtigkeit und Barmherzigkeit nicht im Widerspruch stehen, sondern harmonisch koexistieren, sodass niemand nach menschlichen Maßstäben ungerecht behandelt wird. 

In dieser Perspektive wird deutlich, dass Gottes Plan der Erlösung universell, gerecht und geordnet ist. Die Parallelen zu anderen Schriften vertiefen das Verständnis: In Römer 2:12–16 beschreibt Paulus, dass Menschen nach Maßgabe ihres Gewissens gerichtet werden, selbst wenn sie das Gesetz nicht kannten (dass inneres Wissen, Absicht und Herzeseinstellung entscheidend sind). In Alma 29:5 zeigt sich, dass der Wunsch, anderen zum Heil zu verhelfen, von Gott gesehen und gesegnet wird (dass Gott die innere Absicht und nicht nur die Handlung bewertet). Ebenso betont 2 Nephi 9:25–26, dass Gott die Wahlfreiheit des Menschen achtet, die Verantwortung jedes Einzelnen berücksichtigt und dennoch allen die Möglichkeit zur Errettung bietet (dass Errettung und persönliche Verantwortung Hand in Hand gehen). 

Vers 10 erweitert die Lehre um ein weiteres Element: „Und ich sah auch, dass alle Kinder, die sterben, ehe sie die Jahre der Verantwortlichkeit erreicht haben, im celestialen Reich des Himmels errettet sind.“ 

Hier wird die umfassende Barmherzigkeit Gottes sichtbar (unschuldige Kinder sind vollständig gesichert und können die himmlische Herrlichkeit erlangen). Joseph erkennt, dass Gottes Plan nicht auf menschliche Vorstellungen von Verdienst oder Zeit gebunden ist. Selbst diejenigen, die noch nicht in der Lage waren, moralische Entscheidungen zu treffen, sind in Gottes Reich geborgen. Die Kombination von Vers 9 und 10 zeigt: Gottes Gerechtigkeit richtet sich nach Werken und Herzenswünschen, und gleichzeitig schließt die Barmherzigkeit die Unschuldigen ein, wodurch ein ausgewogenes, ewiges System göttlichen Gerichts entsteht. 

Diese Offenbarung vertieft die familiäre und generationsübergreifende Perspektive des Heilsplans. Joseph sieht, dass nicht nur die Lebenden, sondern auch die Verstorbenen, einschließlich Kinder vor der Verantwortlichkeit, Teil der himmlischen Ordnung sind. Dies bereitet den geistigen Boden für die spätere Tempelpraxis der stellvertretenden Taufe, die sicherstellt, dass Verstorbene Zugang zur Erlösung haben (dass Gottes Plan alle Generationen und Lebensumstände berücksichtigt). 

Auf persönlicher Ebene lädt diese Vision dazu ein, über die eigenen Werke und die Ausrichtung des Herzens nachzudenken. Josephs Staunen über Gottes perfekte Gerechtigkeit (seine Ergriffenheit über die Balance zwischen Herz und Werken im göttlichen Urteil) lehrt, dass wir unser Leben bewusst nach Prinzipien ausrichten sollten, die ewige Gültigkeit haben. Dazu gehört die Bereitschaft zu Umkehr, die Pflege innerer Integrität und die Ausrichtung des Herzens auf Gott und die Nächsten. 

Die Vision lehrt auch Demut im Umgang mit anderen Menschen. Wir kennen weder alle Umstände noch die inneren Absichten anderer, doch Gott sieht alles und richtet vollkommen gerecht. Josephs Erfahrung fordert uns auf, Mitgefühl zu kultivieren, im Gebet verbunden zu bleiben und durch unseren Dienst aktiv am Heil anderer mitzuwirken (dass wir Teil von Gottes Plan sein können, ohne zu richten, weil Gott selbst alle Herzen kennt). 

Die Integration von Querverweisen macht deutlich, dass dieses Prinzip universell ist. In Römer 2 wird das Urteil nach Herz und Gewissen erläutert, in Alma 29 wird die Wertschätzung von innerem Streben dargestellt, und in 2 Nephi 9 wird die Freiheit und Verantwortung des Menschen betont. Josephs Vision konkretisiert diese Ideen, indem sie zeigt, dass Gott jeden Menschen fair beurteilt und gleichzeitig Barmherzigkeit übt, insbesondere gegenüber Unschuldigen und jenen, die nicht die Chance hatten, das Evangelium zu empfangen. 

Praktisch bedeutet dies für uns: Wir können Verantwortung für unser eigenes Leben übernehmen, Bündnisse halten, Umkehr üben und gleichzeitig aktiv zur Errettung anderer beitragen. Tempelarbeit, Gebet und Dienst am Nächsten werden Ausdrucksformen der Erkenntnis, dass Gottes Gerechtigkeit sowohl Werke als auch Herzenseinstellung berücksichtigt (dass wir als Lebende Teil des Heilsplans für andere sein können). Die Vision stärkt Vertrauen und Hoffnung, vermindert Angst vor dem Tod und ermutigt zu Mitgefühl, Dienstbereitschaft und innerer Ausrichtung. 

Abschließend verdeutlichen die Verse 9–10, dass Gottes Gericht vollständig, gerecht und barmherzig ist. Josephs persönliche Erfahrung mit dem Prinzip, dass Menschen nach Werken und Herzeseinstellung gerichtet werden und dass unschuldige Kinder errettet sind, zeigt, dass Gottes Ordnung alle einschließt (dass sowohl Gerechtigkeit als auch Barmherzigkeit auf ewiger Weisheit basieren). Diese Lehre ermutigt uns, Vertrauen zu haben, bewusst nach Gottes Prinzipien zu leben und aktiv am Heil anderer mitzuwirken. 

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Dienstag, 2. Dezember 2025

Nicht zur Vergebung der Sünden getauft worden war

 

(Bild: Quelle)

„Und verwunderte mich, wie es war, dass er in dem Reich ein Erbteil erlangt hatte, in Anbetracht dessen, dass er aus diesem Leben geschieden war, ehe der Herr seine Hand erhoben hatte, Israel zum zweiten Mal zu sammeln, und nicht zur Vergebung der Sünden getauft worden war.“ (Lehre und Bündnisse 137:6). 

Was lehrt uns Josephs Verwunderung über die Tiefe göttlicher Barmherzigkeit und über den ewigen Plan des Heils für alle Menschen? 

Josephs Familie und das Miterben der Herrlichkeit (L&B 137:6-8) 

Nachdem Joseph Smith in den ersten Versen die Herrlichkeit des celestialen Reiches und das leuchtende Tor erblickt hatte, wendet sich seine Vision nun einem sehr persönlichen Bereich zu: seiner eigenen Familie. Im Zentrum steht sein Bruder Alvin, der früh verstorben war und die heilige Taufe noch nicht empfangen hatte. Josephs unmittelbare Reaktion ist Verwunderung (Staunen und inneres Fragen), da er wusste, dass Alvin die irdischen Voraussetzungen für das Heil noch nicht erfüllt hatte. Dieses Staunen markiert den Übergang von der allgemeinen Darstellung himmlischer Herrlichkeit zu einer tief persönlichen Offenbarung über Gottes Gerechtigkeit und Barmherzigkeit. 

Historisch befand sich die Kirche 1836 in Kirtland in einer Phase intensiver geistiger Vorbereitung. Die Weihe des Tempels stand bevor, und Themen wie Erlösung, ewige Familie und heilige Bündnisse waren besonders präsent. Josephs Vision von Alvin verdeutlicht, dass Gottes Plan über die Grenzen des irdischen Lebens hinaus wirkt (dass das Heil nicht an das Lebensende auf der Erde gebunden ist) und dass auch Verstorbene Anteil an der himmlischen Herrlichkeit erhalten können. 

Vers 7 lautet: 

„Alle, die gestorben sind, ohne von diesem Evangelium zu wissen, die es aber angenommen hätten, wenn sie hätten verweilen dürfen, werden Erben des celestialen Reiches Gottes sein;“ 

Diese Zusicherung zeigt die universale Gerechtigkeit Gottes. Joseph erkennt, dass der Maßstab für Errettung nicht allein irdischer Gehorsam oder Rituale ist, sondern die innere Bereitschaft, Gottes Willen zu empfangen (Gottes Plan für das Heil übersteigt unsere menschlichen Vorstellungen). Alvin, der vor der Wiederherstellung der heiligen Handlungen gestorben war, erhält so Anteil am Reich Gottes. Josephs anfängliche Verwunderung verwandelt sich in tiefe Zuversicht über die Barmherzigkeit des Herrn. 

Die Vision offenbart auch die familiäre Dimension des Heils. Joseph erkennt, dass Erlösung und himmlische Herrlichkeit in einem Netzwerk von Beziehungen erfahren werden, das über den Tod hinausgeht (dass Familie und Bindungen im ewigen Leben fortbestehen). Dies stimmt mit Jesu Zusage in Johannes 14:2–3 überein, dass es viele Wohnungen im Haus des Vaters gibt und dass er zurückkehren werde, um seine Kinder dorthin zu bringen. Ebenso erinnert es an Paulus’ Worte in 1 Thessalonicher 4:13–18, die Hoffnung auf Wiedervereinigung der Verstorbenen im Herrn verheißen. Die himmlische Ordnung ist somit sowohl gerecht als auch relational: Gott verbindet seine Kinder in ewiger Gemeinschaft. 

In Vers 8 heißt es: 

„Auch alle Kinder, die vor dem Alter der Verantwortlichkeit sterben, sind in gleicher Weise gerettet im celestialen Reich Gottes.“ 

Diese Zusicherung betont Gottes Barmherzigkeit und Gerechtigkeit (unschuldige Kinder werden nicht ausgeschlossen, sondern vollständig geborgen in Christus). Gleichzeitig wird das Prinzip der Verantwortlichkeit deutlich: Die Rettung hängt nicht vom Alter oder von rituellen Handlungen ab, sondern vom Zustand des Herzens und der göttlichen Absicht. Diese Erkenntnis erinnert auch an Mosia 15:11–12, wo Christus allen die Auferstehung und das Leben bringt, die in Gerechtigkeit gestorben sind – ein Prinzip, das universelle Barmherzigkeit mit göttlicher Gerechtigkeit verbindet. 

Theologisch betrachtet bereitet diese Vision die Grundlage für das Werk der Erlösung für die Verstorbenen, das später in Nauvoo durch die heiligen Handlungen im Tempel weitergeführt wurde (vgl. L&B 128). Schon 1836 erkennt Joseph, dass Gottes Plan für das Heil aller Menschen wirksam ist – sowohl für die Lebenden als auch für die Verstorbenen. 

Die Vision illustriert auch die innere Bewegung des Propheten. Joseph ist nicht nur Beobachter, sondern emotional und geistlich involviert. Sein Staunen über Alvins Zustand lädt uns ein, selbst über Gottes Plan nachzudenken (die Barmherzigkeit Gottes zu reflektieren und Vertrauen zu entwickeln). Dieses Staunen ist zugleich eine Einladung, das eigene Leben auf das Heil anderer auszurichten – sowohl der Lebenden als auch der Verstorbenen. 

Die familiäre Dimension der Offenbarung hat bis heute praktische Bedeutung. Die Lehre der Kirche, dass Tempelbündnisse Familien auf ewig verbinden, findet hier ihre Bestätigung (dass Beziehungen in Christus über den Tod hinaus Bestand haben). Josephs Vision zeigt, dass Erlösung nicht isoliert, sondern in familiären Zusammenhängen erfahrbar ist. 

Die Vorstellung von ewiger Familie durchzieht auch die Praxis der Heiligen. Tempelarbeit, stellvertretende Taufen und das Streben nach heiligen Bündnissen geben Gläubigen die Möglichkeit, aktiv an der Errettung ihrer Vorfahren mitzuwirken (sie können das Heil der Verstorbenen vorbereiten und fördern). Josephs persönliche Erfahrung mit Alvin wird so zu einem Modell für alle Mitglieder der Kirche: Gott schließt niemanden aus, der sein Herz für das Evangelium geöffnet hätte, und Familien können ewig verbunden bleiben. 

Aus dieser Vision ergeben sich auch praktische Lehren für das Leben heute: Wir können uns bewusst auf die ewige Familie vorbereiten, indem wir heilige Bündnisse halten, persönliche Glaubensentscheidungen treffen und Liebe und Fürsorge in unserer Familie kultivieren (aktiv an der Errettung anderer mitwirken, geistlich wie praktisch). Die Erkenntnis, dass Gottes Gnade alle Grenzen übersteigt, stärkt unsere Hoffnung, vermindert Angst vor dem Tod und ermutigt uns zu Glauben, Treue und Dienst. 

Vers 6–8 bilden eine Brücke zwischen himmlischer Herrlichkeit und persönlicher Erfahrung. Josephs Vision von Alvin zeigt, dass Gottes Plan universell und barmherzig ist (Gottes Gerechtigkeit und Barmherzigkeit umfassen alle Menschen), dass die Familie im Zentrum der himmlischen Ordnung steht und dass das Herz für die Wahrheit Gottes entscheidender ist als zeitliche Voraussetzungen. 

Die Vision lädt uns ein, Staunen, Vertrauen und Hoffnung zu kultivieren – sowohl für unser eigenes Leben als auch für das unserer Familien (dass die Gewissheit ewiger Familie und göttlicher Barmherzigkeit unser Handeln, Denken und Trauern beeinflussen kann). So wird die himmlische Ordnung greifbar, und wir erkennen, dass wir durch Glauben, Bündnisse und heilige Handlungen auf ein Wiedersehen in Herrlichkeit vorbereitet werden. 

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Montag, 1. Dezember 2025

Die Himmel öffneten sich uns

 

(Bild: Quelle)

“Die Himmel öffneten sich uns, und ich schaute das celestiale Reich Gottes und dessen Herrlichkeit, ob im Leibe oder außerhalb, das kann ich nicht sagen.” (Lehre und Bündnisse 137:1). 

Lehre und Bündnisse 137 – Die Vision von 1836 (Joseph Smith) 

Historischer Hintergrund und himmlische Szenerie (Verse 1–5) 

Am 21. Januar 1836, wenige Wochen vor der Einweihung des Tempels von Kirtland, empfing der Prophet Joseph Smith eine heilige Vision, die einen Höhepunkt der frühen Tempelerfahrungen der Kirche darstellt. Während einer Versammlung im Obergeschoss des noch nicht geweihten Hauses des Herrn öffneten sich die Himmel, und Joseph sah in das celestiale Reich Gottes. Diese Vision wurde Jahre später als Abschnitt 137 aufgenommen und offenbart in einzigartiger Klarheit, wie der Herr seinen Propheten das Wesen des ewigen Reiches und dessen Herrlichkeit erkennen ließ. 

Vers 1 – „Die Himmel öffneten sich uns“ 

Der Bericht beginnt mit den Worten: „Die Himmel öffneten sich uns, und ich schaute das celestiale Reich Gottes und dessen Herrlichkeit, ob im Leibe oder außerhalb, das kann ich nicht sagen.“ 

Hier spricht Joseph in der Wir-Form („uns“), was darauf hinweist, dass andere anwesende Brüder – darunter wohl sein Vater, Oliver Cowdery, Sidney Rigdon und Frederick G. Williams – an der geistigen Erfahrung teilhatten. Die Formulierung „ob im Leibe oder außerhalb“ erinnert unmittelbar an Paulus’ Worte in 2 Korinther 12:2-3, wo dieser über eine eigene Himmelserfahrung sagt: „ob im Leib, weiß ich nicht, oder außerhalb des Leibes, weiß ich nicht; Gott weiß es.“ Joseph Smith gebraucht damit dieselbe demütige Zurückhaltung: Er bezeugt, was er gesehen hat, ohne die Art der Wahrnehmung erklären zu wollen. 

Bemerkenswert ist die Präzision des Ausdrucks „celestiales Reich Gottes“. Dieses Reich ist in späteren Offenbarungen (L&B 76) als die höchste Ordnung himmlischer Herrlichkeit beschrieben, in der Gott, der Vater, selbst wohnt. Dass Joseph dieses Reich „schaute“, deutet darauf hin, dass ihm kein Symbol, sondern eine reale, geistige Wirklichkeit gezeigt wurde – ein Ausblick auf das Ziel aller, die in Treue ihre Bündnisse halten. 

Vers 2 – Das Tor aus kreisenden Feuerflammen 

Hier tritt ein zentrales Bild der Vision hervor – das Tor. Es steht in der Schrift häufig für Übergang, Zugang und Prüfung. Nur die „Erben“ dieses Reiches können hindurchgehen. Ihre Erbschaft deutet auf Bundestreue hin: Der Eintritt in das Reich Gottes erfolgt nicht zufällig, sondern durch den Bund und die Heiligung. 

Das Tor ist „wie kreisende Feuerflammen“. Feuer ist in der Bibel Symbol der göttlichen Gegenwart bzw. Reinigung (vgl. 2 Mose 3:2Jesaja 6:6–7). Seine „kreisende“ Bewegung erinnert an lebendige, schützende Seraphen, die den Thron Gottes umgeben, oder an das „flammende Schwert“, das nach dem Sündenfall den Weg zum Baum des Lebens bewacht (Genesis 3:24). Das Tor aus Feuer deutet daher sowohl auf Heiligkeit als auch auf Läuterung hin: Nur wer gereinigt ist, kann eintreten. 

Joseph beschreibt dieses Tor als von „alles übersteigender Schönheit“. Damit betont er nicht Furcht, sondern Herrlichkeit und Anziehung – das Reich Gottes ist kein Ort des Schreckens, sondern der vollendeten Herrlichkeit. In der himmlischen Ordnung sind Reinheit und Schönheit untrennbar; Licht, Bewegung und Heiligkeit durchdringen einander. 

Vers 3 – „Ihre Herrlichkeit ist unbeschreiblich“ 

Joseph Smith greift hier auf die Sprache des Überwältigtseins zurück: „unbeschreiblich“. Worte reichen nicht aus, um das Gesehene wiederzugeben. Doch er versucht, die Intensität der Herrlichkeit in irdischen Begriffen zu fassen – sie „leuchteten … der Sonne gleich“. Damit zieht er eine Parallele zu L&B 76, wo die Bewohner des celestialen Reiches „in der Herrlichkeit der Sonne“ beschrieben werden (Vers 70). 

Die Wendung „die Herrlichkeit des Herrn war auf ihnen“ ist theologisch bedeutsam: Sie deutet auf Teilhabe hin, nicht bloß auf Betrachtung. Die Heiligen im celestialen Reich besitzen nicht nur einen äußeren Glanz, sondern tragen in sich die Herrlichkeit des Herrn. Dies erfüllt das alttestamentliche Ideal, dass der Mensch im Bilde Gottes geschaffen ist (Genesis 1:26), und das neutestamentliche Zeugnis, dass „wir seine Herrlichkeit anschauen … und in dasselbe Bild verwandelt werden von Herrlichkeit zu Herrlichkeit“ (2 Korinther 3:18). 

Vers 4 – „Ich sah Vater Adam und Abraham“ 

Hier verschiebt sich der Blick von der allgemeinen Herrlichkeit des Reiches auf die persönliche Dimension. Joseph erkennt nicht nur die großen Patriarchen der Heiligen Schrift, sondern auch seine eigenen Eltern und Geschwister. Diese Szene steht in enger Verbindung mit der Theologie des Heils für die Familie, die später in Nauvoo vertieft werden sollte. 

Dass Joseph „Vater Adam und Abraham“ sieht, deutet auf die Kontinuität des göttlichen Bundes hin. Abraham ist der Urheber des Bundesvolkes, und Adam steht für den Ursprung der Menschheitsfamilie. Beide erscheinen als Bewohner des celestialen Reiches – ein Hinweis darauf, dass das Heil in Christus alle Generationen umfasst. Zugleich sieht Joseph seine Eltern, insbesondere seine kurz zuvor verstorbene Mutter Lucy Mack Smith, in Herrlichkeit. Diese Erkenntnis ist tröstlich und offenbart, dass familiäre Beziehungen im Reich Gottes fortbestehen. 

Die Verbindung dieser Personen – von Adam bis zu Josephs eigener Familie – zeigt, dass das Reich Gottes eine Familie von Generationen ist, vereint durch Bündnisse und Gnade. 

Vers 5 – „Ich sah meinen Bruder Alvin“ 

Dieser Vers markiert den Übergang von der reinen Schau (Verse 1–4) zur theologischen Frage, die in den folgenden Versen (6–10) beantwortet wird. Josephs Verwunderung zeigt seine Ehrlichkeit: Er wusste, dass die Taufe die Bedingung für den Eintritt in das Reich Gottes ist (Johannes 3:5). Dennoch sah er Alvin in celestialer Herrlichkeit. Damit bereitete der Herr den Propheten auf die spätere Offenbarung über das Heil für die Toten vor. 

Für den Kontext der Verse 1–5 bleibt entscheidend: Diese ersten Szenen offenbaren die himmlische Ordnung, bevor das Prinzip der stellvertretenden Erlösung erklärt wird. Sie zeigen, dass das celestialische Reich kein abstrakter Zustand ist, sondern ein geordneter, lebendiger Bereich der Herrlichkeit, in dem familiäre und bundhafte Beziehungen fortbestehen. 

Parallelen und geistliche Bedeutung 

Die Vision steht in einer prophetischen Tradition heiliger Thronschauen: Jesaja 6 beschreibt, wie der Prophet „den Herrn sitzen sah auf hohem und erhabenem Thron“, während Johannes in Offenbarung 4 den himmlischen Thron umgeben von Licht, Regenbogen und lebendigen Wesen sah. In 3 Nephi 28:10 verheißt Christus seinen Jüngern: „Ihr werdet in das Reich meines Vaters eingehen … und ihr werdet so wie ich sein.“ Diese Parallelen zeigen, dass Joseph Smiths Erfahrung eine Wiederaufnahme biblischer Muster ist, jedoch im Licht der Wiederherstellung: sie enthüllt nicht nur den Thron Gottes, sondern das „celestiale Reich“ als erreichbares Ziel für die Menschen. 

Der Zusatz „die Himmel öffneten sich uns“ ist ebenfalls bedeutend: Er deutet darauf hin, dass solche Offenbarungen in einem gemeinschaftlichen, tempelbezogenen Rahmen stattfinden. Der Tempel fungiert hier, wie schon in Jakobs Vision (Genesis 28:17), als das „Tor des Himmels“. In Kirtland wurde dieser Ausdruck buchstäblich Wirklichkeit. 

Schlussgedanke 

Abschnitt 137:1–5 gewährt einen seltenen Blick in die himmlische Ordnung und in die Beziehung zwischen Gott, seinen Kindern und der ewigen Familie. Die Vision begann mit geöffneten Himmeln und endete mit der Frage nach der Errettung geliebter Menschen. Zwischen diesen Polen – Herrlichkeit und Sorge – liegt das Herz des Evangeliums: Der Himmel ist real, er ist schön, er ist geordnet, und er ist familiär. Wer treu Bündnisse hält und sich läutern lässt, wird durch das Tor der „kreisenden Feuerflammen“ treten und in jener unbeschreiblichen Herrlichkeit stehen, in der „die Herrlichkeit des Herrn auf ihnen“ ruht. 

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