Montag, 1. Dezember 2025

Die Himmel öffneten sich uns

 

(Bild: Quelle)

“Die Himmel öffneten sich uns, und ich schaute das celestiale Reich Gottes und dessen Herrlichkeit, ob im Leibe oder außerhalb, das kann ich nicht sagen.” (Lehre und Bündnisse 137:1). 

Lehre und Bündnisse 137 – Die Vision von 1836 (Joseph Smith) 

Historischer Hintergrund und himmlische Szenerie (Verse 1–5) 

Am 21. Januar 1836, wenige Wochen vor der Einweihung des Tempels von Kirtland, empfing der Prophet Joseph Smith eine heilige Vision, die einen Höhepunkt der frühen Tempelerfahrungen der Kirche darstellt. Während einer Versammlung im Obergeschoss des noch nicht geweihten Hauses des Herrn öffneten sich die Himmel, und Joseph sah in das celestiale Reich Gottes. Diese Vision wurde Jahre später als Abschnitt 137 aufgenommen und offenbart in einzigartiger Klarheit, wie der Herr seinen Propheten das Wesen des ewigen Reiches und dessen Herrlichkeit erkennen ließ. 

Vers 1 – „Die Himmel öffneten sich uns“ 

Der Bericht beginnt mit den Worten: „Die Himmel öffneten sich uns, und ich schaute das celestiale Reich Gottes und dessen Herrlichkeit, ob im Leibe oder außerhalb, das kann ich nicht sagen.“ 

Hier spricht Joseph in der Wir-Form („uns“), was darauf hinweist, dass andere anwesende Brüder – darunter wohl sein Vater, Oliver Cowdery, Sidney Rigdon und Frederick G. Williams – an der geistigen Erfahrung teilhatten. Die Formulierung „ob im Leibe oder außerhalb“ erinnert unmittelbar an Paulus’ Worte in 2 Korinther 12:2-3, wo dieser über eine eigene Himmelserfahrung sagt: „ob im Leib, weiß ich nicht, oder außerhalb des Leibes, weiß ich nicht; Gott weiß es.“ Joseph Smith gebraucht damit dieselbe demütige Zurückhaltung: Er bezeugt, was er gesehen hat, ohne die Art der Wahrnehmung erklären zu wollen. 

Bemerkenswert ist die Präzision des Ausdrucks „celestiales Reich Gottes“. Dieses Reich ist in späteren Offenbarungen (L&B 76) als die höchste Ordnung himmlischer Herrlichkeit beschrieben, in der Gott, der Vater, selbst wohnt. Dass Joseph dieses Reich „schaute“, deutet darauf hin, dass ihm kein Symbol, sondern eine reale, geistige Wirklichkeit gezeigt wurde – ein Ausblick auf das Ziel aller, die in Treue ihre Bündnisse halten. 

Vers 2 – Das Tor aus kreisenden Feuerflammen 

Hier tritt ein zentrales Bild der Vision hervor – das Tor. Es steht in der Schrift häufig für Übergang, Zugang und Prüfung. Nur die „Erben“ dieses Reiches können hindurchgehen. Ihre Erbschaft deutet auf Bundestreue hin: Der Eintritt in das Reich Gottes erfolgt nicht zufällig, sondern durch den Bund und die Heiligung. 

Das Tor ist „wie kreisende Feuerflammen“. Feuer ist in der Bibel Symbol der göttlichen Gegenwart bzw. Reinigung (vgl. 2 Mose 3:2Jesaja 6:6–7). Seine „kreisende“ Bewegung erinnert an lebendige, schützende Seraphen, die den Thron Gottes umgeben, oder an das „flammende Schwert“, das nach dem Sündenfall den Weg zum Baum des Lebens bewacht (Genesis 3:24). Das Tor aus Feuer deutet daher sowohl auf Heiligkeit als auch auf Läuterung hin: Nur wer gereinigt ist, kann eintreten. 

Joseph beschreibt dieses Tor als von „alles übersteigender Schönheit“. Damit betont er nicht Furcht, sondern Herrlichkeit und Anziehung – das Reich Gottes ist kein Ort des Schreckens, sondern der vollendeten Herrlichkeit. In der himmlischen Ordnung sind Reinheit und Schönheit untrennbar; Licht, Bewegung und Heiligkeit durchdringen einander. 

Vers 3 – „Ihre Herrlichkeit ist unbeschreiblich“ 

Joseph Smith greift hier auf die Sprache des Überwältigtseins zurück: „unbeschreiblich“. Worte reichen nicht aus, um das Gesehene wiederzugeben. Doch er versucht, die Intensität der Herrlichkeit in irdischen Begriffen zu fassen – sie „leuchteten … der Sonne gleich“. Damit zieht er eine Parallele zu L&B 76, wo die Bewohner des celestialen Reiches „in der Herrlichkeit der Sonne“ beschrieben werden (Vers 70). 

Die Wendung „die Herrlichkeit des Herrn war auf ihnen“ ist theologisch bedeutsam: Sie deutet auf Teilhabe hin, nicht bloß auf Betrachtung. Die Heiligen im celestialen Reich besitzen nicht nur einen äußeren Glanz, sondern tragen in sich die Herrlichkeit des Herrn. Dies erfüllt das alttestamentliche Ideal, dass der Mensch im Bilde Gottes geschaffen ist (Genesis 1:26), und das neutestamentliche Zeugnis, dass „wir seine Herrlichkeit anschauen … und in dasselbe Bild verwandelt werden von Herrlichkeit zu Herrlichkeit“ (2 Korinther 3:18). 

Vers 4 – „Ich sah Vater Adam und Abraham“ 

Hier verschiebt sich der Blick von der allgemeinen Herrlichkeit des Reiches auf die persönliche Dimension. Joseph erkennt nicht nur die großen Patriarchen der Heiligen Schrift, sondern auch seine eigenen Eltern und Geschwister. Diese Szene steht in enger Verbindung mit der Theologie des Heils für die Familie, die später in Nauvoo vertieft werden sollte. 

Dass Joseph „Vater Adam und Abraham“ sieht, deutet auf die Kontinuität des göttlichen Bundes hin. Abraham ist der Urheber des Bundesvolkes, und Adam steht für den Ursprung der Menschheitsfamilie. Beide erscheinen als Bewohner des celestialen Reiches – ein Hinweis darauf, dass das Heil in Christus alle Generationen umfasst. Zugleich sieht Joseph seine Eltern, insbesondere seine kurz zuvor verstorbene Mutter Lucy Mack Smith, in Herrlichkeit. Diese Erkenntnis ist tröstlich und offenbart, dass familiäre Beziehungen im Reich Gottes fortbestehen. 

Die Verbindung dieser Personen – von Adam bis zu Josephs eigener Familie – zeigt, dass das Reich Gottes eine Familie von Generationen ist, vereint durch Bündnisse und Gnade. 

Vers 5 – „Ich sah meinen Bruder Alvin“ 

Dieser Vers markiert den Übergang von der reinen Schau (Verse 1–4) zur theologischen Frage, die in den folgenden Versen (6–10) beantwortet wird. Josephs Verwunderung zeigt seine Ehrlichkeit: Er wusste, dass die Taufe die Bedingung für den Eintritt in das Reich Gottes ist (Johannes 3:5). Dennoch sah er Alvin in celestialer Herrlichkeit. Damit bereitete der Herr den Propheten auf die spätere Offenbarung über das Heil für die Toten vor. 

Für den Kontext der Verse 1–5 bleibt entscheidend: Diese ersten Szenen offenbaren die himmlische Ordnung, bevor das Prinzip der stellvertretenden Erlösung erklärt wird. Sie zeigen, dass das celestialische Reich kein abstrakter Zustand ist, sondern ein geordneter, lebendiger Bereich der Herrlichkeit, in dem familiäre und bundhafte Beziehungen fortbestehen. 

Parallelen und geistliche Bedeutung 

Die Vision steht in einer prophetischen Tradition heiliger Thronschauen: Jesaja 6 beschreibt, wie der Prophet „den Herrn sitzen sah auf hohem und erhabenem Thron“, während Johannes in Offenbarung 4 den himmlischen Thron umgeben von Licht, Regenbogen und lebendigen Wesen sah. In 3 Nephi 28:10 verheißt Christus seinen Jüngern: „Ihr werdet in das Reich meines Vaters eingehen … und ihr werdet so wie ich sein.“ Diese Parallelen zeigen, dass Joseph Smiths Erfahrung eine Wiederaufnahme biblischer Muster ist, jedoch im Licht der Wiederherstellung: sie enthüllt nicht nur den Thron Gottes, sondern das „celestiale Reich“ als erreichbares Ziel für die Menschen. 

Der Zusatz „die Himmel öffneten sich uns“ ist ebenfalls bedeutend: Er deutet darauf hin, dass solche Offenbarungen in einem gemeinschaftlichen, tempelbezogenen Rahmen stattfinden. Der Tempel fungiert hier, wie schon in Jakobs Vision (Genesis 28:17), als das „Tor des Himmels“. In Kirtland wurde dieser Ausdruck buchstäblich Wirklichkeit. 

Schlussgedanke 

Abschnitt 137:1–5 gewährt einen seltenen Blick in die himmlische Ordnung und in die Beziehung zwischen Gott, seinen Kindern und der ewigen Familie. Die Vision begann mit geöffneten Himmeln und endete mit der Frage nach der Errettung geliebter Menschen. Zwischen diesen Polen – Herrlichkeit und Sorge – liegt das Herz des Evangeliums: Der Himmel ist real, er ist schön, er ist geordnet, und er ist familiär. Wer treu Bündnisse hält und sich läutern lässt, wird durch das Tor der „kreisenden Feuerflammen“ treten und in jener unbeschreiblichen Herrlichkeit stehen, in der „die Herrlichkeit des Herrn auf ihnen“ ruht. 

findechristus.org

Samstag, 29. November 2025

Mein Volk muss in allem geprüft werden

 

(Bild: Quelle)

„Mein Volk muss in allem geprüft werden, damit es vorbereitet sei, die Herrlichkeit zu empfangen, die ich für es habe, nämlich die Herrlichkeit Zions; und wer Züchtigung nicht ertragen will, der ist meines Reiches nicht wert.“ (Lehre und Bündnisse 136:31). 

Lehre und Bündnisse 136:25–42 – Hoffnung, Prüfung und der Weg des Herrn 

Wie folgen wir heute dem Herrn, wenn unser „Weg durch die Wüste“ führt? 

Die letzten Verse von L&B 136 bilden den geistigen Höhepunkt des „Wortes und Willens des Herrn“. Während die Verse 1–24 praktische Ordnung und gemeinschaftliche Verantwortung betonten, führen die Verse 25–42 in das Herz der göttlichen Pädagogik: Die Reise nach Westen wird zu einem Sinnbild für die Läuterung des Bundesvolkes. Der Herr offenbart, dass Prüfungen nicht das Ende, sondern der Weg zur Vorbereitung auf Herrlichkeit sind. 

25–27: Treue im Kleinen und rechtes Handeln untereinander 

In den Versen 25–27 legt der Herr den Grundstein einer Zionsgemeinschaft: Ehrlichkeit, Verantwortungsbewusstsein und Achtung vor fremdem Eigentum. „Wenn du von deinem Nächsten borgst, sollst du das Geborgte zurückgeben“ (V. 25). In der damaligen Situation – mit begrenzten Vorräten, zerstörten Häusern und einer unsicheren Zukunft – war dieser Grundsatz überlebenswichtig. Doch zugleich ist er ein geistiges Prinzip: Treue im Kleinen bildet das Fundament für größere göttliche Segnungen. 

Diese Mahnungen erinnern an Jesu Worte in Lukas 16:10: „Wer im Geringsten treu ist, der ist auch im Großen treu.“ Die Heiligen sollten verstehen, dass wahre Jüngerschaft sich nicht nur in Glaubensbekenntnissen, sondern im alltäglichen Umgang miteinander zeigt. Der Herr nennt die Menschen hier „Treuhänder“ seiner Gaben (V. 27) – ein Hinweis auf das Prinzip der Verwaltung in Heiligkeit. Wie auch im Gleichnis von den Talenten (Matthäus 25:14–30) wird der Besitz nicht als Eigentum, sondern als göttliche Leihgabe verstanden. 

28–30: Freude in Lobpreis und Vertrauen 

Vers 28 hebt sich in besonderer Schönheit ab: „Wenn du fröhlich bist, so preise den Herrn mit Gesang, mit Musik, mit Tanz und mit einem Gebet des Lobes und der Danksagung.“ Diese Worte zeigen ein bemerkenswertes Gleichgewicht. Mitten im Leid und in den Entbehrungen ruft der Herr zur Freude auf. In Winter Quarters war Hunger, Krankheit und Tod allgegenwärtig – dennoch gebot der Herr, sich im Lobpreis zu üben. Hier zeigt sich ein göttliches Paradox: Echte Freude wurzelt nicht in äußeren Umständen, sondern im Vertrauen auf Gottes Führung. 

In Vers 29 ergänzt der Herr: „Wenn du bekümmert bist, so rufe den Herrn, deinen Gott, in flehentlichem Gebet an.“ Freude und Leid werden hier nicht getrennt, sondern als zwei Seiten desselben Weges dargestellt. Paulus bezeugt Ähnliches in Philipper 4:4: „Freuet euch in dem Herrn allewege; und abermals sage ich: Freuet euch!“ – eine Einladung, das Herz im Gebet zu Gott zu erheben, unabhängig von der Lebenslage. 

30–33: Prüfung als Vorbereitung auf Herrlichkeit 

Der zentrale Vers 31 lautet: „Mein Volk muss in allem geprüft werden, damit es vorbereitet sei, die Herrlichkeit zu empfangen, die ich für es habe.“ Diese Aussage fasst den Sinn der gesamten Pionierwanderung zusammen. Prüfungen sind keine Strafe, sondern göttliche Schule. Der Herr führt nicht in die Wüste, um zu vernichten, sondern um zu veredeln. 

Diese Lehre zieht sich durch alle heiligen Schriften. Im Buch Mormon spricht der Herr zu den Nephiten: „Ich prüfe mein Volk in allem, ob es mir gehorchen will“ (Mosia 23:21). Ebenso lehrt Petrus, dass „die Bewährung eures Glaubens … viel kostbarer ist als vergängliches Gold“ (1. Petrus 1:7). Der Herr benutzt Schwierigkeiten, um Glauben in Erkenntnis zu verwandeln, Vertrauen in Erfahrung und Hoffnung in Zeugnis. 

Vers 32 fügt hinzu: „Wer unwissend ist, soll Weisheit lernen, indem er sich demütigt.“ Prüfung ohne Demut verhärtet das Herz; Prüfung mit Demut öffnet den Geist für göttliche Einsicht. Der Heilige Geist ist, wie Vers 33 sagt, „in die Welt gesandt, um die Demütigen und Zerknirschten zu erleuchten“. Damit wird deutlich: Der Weg durch Leid ist zugleich der Weg zur Offenbarung. 

34–39: Erinnerung an das Zeugnis Joseph Smiths 

Ab Vers 34 richtet sich der Blick auf die Geschichte des jungen Volkes. „Eure Brüder haben euch und euer Zeugnis verworfen … und nun kommt der Tag ihres Unheils.“ Die Heiligen werden daran erinnert, dass ihr Leiden Teil eines größeren göttlichen Plans ist. Besonders bewegend sind die Verse 37–39, in denen der Herr erklärt, dass Joseph Smith „sein Zeugnis mit seinem Blut besiegeln musste“. 

Diese Worte bringen Trauer und Trost zugleich. Trauer über das Opfer, Trost über die Gewissheit, dass Josephs Werk durch seinen Tod bestätigt wurde. Wie in der Bibel das Blut der Propheten als Zeugnis gegen die Gottlosen spricht (vgl. Matthäus 23:35), so wird auch Josephs Tod zu einer heiligen Bekräftigung seines Auftrags. Doctrine and Covenants Central bemerkt dazu, dass der Herr hier „den Märtyrertod Josephs als Sieg, nicht als Niederlage“ offenbart – ein Sieg der Treue über Gewalt und Verblendung. 

40–42: Mahnung zur Treue und geistige Vollendung 

In den letzten Versen (40–42) spricht der Herr direkt und eindringlich zu seiner Kirche: „Habe ich euch nicht von euren Feinden befreit, allein dadurch, dass ich ein Zeugnis meines Namens hinterlassen habe?“ (V. 40). Der Herr erinnert die Heiligen daran, dass seine Macht sich nicht immer in der Verhinderung von Leid zeigt, sondern in der Bewahrung des Glaubens trotz Leid. 

Vers 41 ruft alle Ältesten auf, zuzuhören, denn sie haben „mein Reich empfangen“. Diese Formulierung verweist auf die Verantwortung, die mit göttlicher Erkenntnis einhergeht. Wer das Reich empfangen hat, muss dessen Prinzipien auch leben: Glaube, Einheit, Opferbereitschaft. Und so endet der Abschnitt mit der Mahnung: „Seid eifrig im Halten all meiner Gebote, damit nicht Strafgerichte über euch kommen und euer Glaube euch versage“ (V. 42). 

Dieser abschließende Appell ist keine Drohung, sondern ein liebevoller Weckruf: Wer in den Geboten bleibt, bleibt in der Kraft Gottes. So wie die Pioniere nur in geordneter, glaubensvoller Gemeinschaft das verheißene Land erreichen konnten, so erreichen auch wir das „Zion“ unseres Lebens nur durch beständige Treue und gegenseitige Stärkung. 

Heutige Anwendung: Der Weg durch unsere Wüsten 

Die Verse 25–42 zeigen, dass die äußere Wüstenwanderung ein Symbol für unsere inneren Lebensreisen ist. Jeder Jünger Christi geht Zeiten der Dürre und Einsamkeit durch. Doch gerade dort zeigt sich, ob wir bereit sind, dem Herrn zu vertrauen. Wir lernen, ehrlich zu handeln, auch wenn es niemand sieht; wir lernen, zu danken, auch wenn das Herz schwer ist; wir lernen, zu dienen, auch wenn wir selbst Mangel empfinden. 

So ruft dieser Abschnitt dazu auf, unsere „Abteilungen“ – Familie, Gemeinde, Freundeskreis – als heilige Gemeinschaften zu verstehen, in denen wir einander tragen und erbauen. Wie Mose das Volk Israel durch die Wüste führte, so führt Christus uns heute Schritt für Schritt, bis wir das geistige Gelobte Land erreichen. 

Schlussgedanke: 
Wenn unser Weg durch die Wüste führt, ruft der Herr uns auf, treu, lernbereit und demütig zu bleiben. Er hat verheißen: „Zion wird zu der von mir selbst bestimmten Zeit erlöst werden“ (V. 18). Diese Verheißung gilt auch heute – für jedes Herz, das in Prüfungen ausharrt und den Herrn dennoch lobt. Denn der Weg durch die Wüste ist immer der Weg, auf dem Gott sein Volk heiligt. 

findechristus.org

Freitag, 28. November 2025

Damit nicht die Schreie der Witwen und der Vaterlosen

 

(Bild: Quelle)

„Jede Abteilung soll gemäß der verteilbaren Menge ihres Eigentums einen im Verhältnis gleichen Anteil aufbringen, um die Armen, die Witwen, die Vaterlosen und die Familien derer, die im Heeresdienst stehen, mitzunehmen, damit nicht die Schreie der Witwen und der Vaterlosen dem Herrn gegen dieses Volk in die Ohren heraufkommen.“ (Lehre und Bündnisse 136:8). 

Lehre und Bündnisse 136:1–24 – Prinzipien der göttlichen Ordnung 

Was lehrt uns die Organisation der Wanderung über Führung, Verantwortung und Einigkeit? 

L&B 136 beginnt mit einer der eindrucksvollsten organisatorischen Offenbarungen der Kirchengeschichte. Nach dem Tod Joseph Smiths stand Brigham Young 1847 vor der gewaltigen Aufgabe, Tausende von Heiligen sicher durch das weite, unerschlossene Gebiet des amerikanischen Westens zu führen. In diesem entscheidenden Moment offenbarte der Herr eine göttliche Ordnung: „Alles Volk … soll sich in Abteilungen organisieren, mit dem Bündnis und Gelübde, alle Gebote und Satzungen des Herrn … zu befolgen“ (Vers 2). Diese göttliche Anweisung war weit mehr als ein logistischer Plan; sie war eine geistliche Schule in Disziplin, Treue und Gemeinschaft. 

Wie einst das Israel unter Mose (vgl. 2. Mose 18:13–26), wurden die Heiligen in Gruppen gegliedert – Hundertschaften, Fünfzigschaften und Zehnerschaften. Jede Abteilung hatte einen Führer mit klarer Verantwortung, und jeder Führer diente seinen Brüdern und Schwestern. Diese Struktur spiegelte göttliche Weisheit wider: Ordnung inmitten von Unsicherheit, Verantwortung inmitten von Prüfung. Jethros Rat an Mose lautete, fähige Männer einzusetzen, „die Gott fürchten, die Wahrheit lieben und unrechten Gewinn hassen“ (2. Mose 18:21). Auch Brigham Young folgte diesem Prinzip – nicht persönliche Macht stand im Vordergrund, sondern Dienst an einem heiligen Ziel. 

In Vers 3–4 gebot der Herr, dass „jeder Mann“ Rechenschaft vor seinem Hauptmann ablege, und dass die Führer ihrerseits dem Propheten Bericht erstatten. Diese göttliche Hierarchie war kein Machtgefälle, sondern Ausdruck von Verantwortung, Vertrauen und gemeinsamer Richtung. Das Prinzip bleibt bis heute gültig: In der Kirche Jesu Christi wird Führung stets als Dienst verstanden, nicht als Herrschaft. Der Herr selbst sagte: „Wer der Größte unter euch ist, der sei euer Diener“ (Matthäus 23:11). 

Die Verse 5–11 legen großen Wert auf praktische Vorbereitung – das Sammeln von Vorräten, Werkzeugen und Lebensmitteln. Doch dahinter steht ein geistliches Prinzip: Wer dem Herrn folgen will, soll sowohl geistig als auch materiell vorbereitet sein. Der Glaube schließt Voraussicht nicht aus, sondern erhebt sie. So wie die Heiligen ihre Wagen beluden und Vorräte sammelten, sollen auch wir heute unsere „geistigen Vorräte“ füllen – durch Schriftstudium, Gebet und Gehorsam. 

In Vers 9 heißt es: „Die Heiligen sollen aufeinander achten, damit niemand Hunger oder Kälte leidet.“ Diese schlichte Anweisung trägt eine tiefe Lehre in sich: Das Volk des Bundes ist dazu berufen, sich gegenseitig zu tragen. Hier klingt die frühe Kirche in Jerusalem an, von der es heißt: „Die Menge der Gläubigen war ein Herz und eine Seele“ (Apostelgeschichte 4:32). Wo Liebe und gegenseitige Verantwortung herrschen, dort ist der Geist des Herrn gegenwärtig. 

Die Offenbarung unterstreicht mehrfach das Prinzip der gegenseitigen Hilfe. In Vers 10–11 heißt es, niemand solle sich „über den anderen erheben“. Der Herr erinnert sein Volk daran, dass alle gleichwertige Kinder Gottes sind, und dass Macht nur gerecht ausgeübt wird, wenn sie von Liebe und Sanftmut getragen ist (vgl. LuB 121:41–46). Brigham Young selbst verkörperte diesen Geist, indem er als erster half, Wagen zu bauen, Nahrung zu teilen und den Mutlosen Trost zu spenden. 

Ein weiteres Leitmotiv der Verse 12–15 ist der Fleiß: „Wenn die Menschen fleißig sind, sollen sie gesegnet werden.“ Der Herr verbindet Segen mit Arbeit – eine Lehre, die sich durch die gesamte Schrift zieht. Adam sollte „im Schweiße seines Angesichts“ den Erdboden bebauen (1. Mose 3:19), und auch die Heiligen auf dem Weg nach Westen mussten ihren Glauben durch Tat bezeugen. Fleiß ist nicht nur körperliche Anstrengung, sondern geistige Zielstrebigkeit – die Bereitschaft, Gottes Willen täglich umzusetzen. 

In Vers 16–18 wird das Prinzip des Glaubens hervorgehoben: „Wenn sie auf den Herrn vertrauen, wird er sie führen.“ Diese Zusage erinnert an die Wolken- und Feuersäule in der Wüste, die Israel den Weg wies (2. Mose 13:21–22). Auch die Heiligen der Letzten Tage wurden durch ein unsichtbares, aber spürbares Licht geführt – durch Offenbarung, Zeugnis und prophetische Führung. Inmitten von Entbehrung, Krankheit und Tod blieb der Glaube ihre größte Stütze. 

Vers 19–20 erinnern an das Gebot, Freude zu bewahren: „Die Heiligen sollen fröhlich sein … sie sollen singen und beten.“ Diese Worte zeigen, dass der Herr auch in Prüfungen Freude gebietet. Freude ist hier kein oberflächliches Gefühl, sondern Ausdruck tiefer Zuversicht – das Vertrauen, dass Gott gegenwärtig ist, selbst in Mühsal. So wie Paulus im Gefängnis sang (Apostelgeschichte 16:25), so sangen die Heiligen am Lagerfeuer in den Ebenen Iowas Loblieder. 

Die letzten Verse des Abschnitts (21–24) mahnen zu Einigkeit und Friedfertigkeit. „Wenn ihr Streit habt, so endet ihn schnell“, heißt es sinngemäß. Das erinnert an Jesu Lehre in der Bergpredigt: „Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen“ (Matthäus 5:9). Auf einer langen Wanderung konnte Uneinigkeit verheerend wirken – doch in geistlicher Hinsicht ist das nicht anders: Nur ein vereintes Herz kann Zion aufbauen. 

Insgesamt offenbaren die Verse 1–24 ein umfassendes Muster göttlicher Ordnung: Organisation mit geistiger Zielrichtung, Verantwortung in Liebe, Fleiß aus Glauben und Freude trotz Mühsal. Diese Prinzipien bleiben zeitlos. Auch heute fordert der Herr seine Jünger auf, sich „in Abteilungen zu organisieren“ – sei es in Familien, in Gemeinden oder in kirchlichen Berufungen. Struktur, wenn sie von Liebe durchdrungen ist, schafft Freiheit und Frieden. 

Die Offenbarung in Winter Quarters ist damit nicht bloß ein Relikt der Pioniergeschichte, sondern ein Lehrplan für jede Generation von Heiligen. Sie zeigt, dass der Weg nach Zion – ob durch Prärien oder durch das Leben – stets dieselben Eigenschaften erfordert: Glauben, Ordnung, gegenseitige Hilfe und die Bereitschaft, dem Herrn in allem zu folgen. So wie die Heiligen 1847 das verheißene Land erreichten, werden auch wir Zion erreichen, wenn wir uns gemeinsam auf den Weg machen – organisiert im Glauben, vereint in Liebe, geführt vom Herrn selbst. 

findechristus.org

Donnerstag, 27. November 2025

Sollen sich in Abteilungen organisieren

 

(Bild: Quelle)

„Alles Volk der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage und diejenigen, die mit ihnen reisen, sollen sich in Abteilungen organisieren, mit dem Bündnis und Gelübde, alle Gebote und Satzungen des Herrn, unseres Gottes, zu befolgen.“ (Lehre und Bündnisse 136:2

Lehre und Bündnisse 136 – Der Bund des Gehorsams als Fundament der Wanderung nach Zion  

Diese Offenbarung, gegeben durch Brigham Young im Januar 1847 in Winter Quarters, markiert eine entscheidende Wende in der Geschichte der Heiligen der Letzten Tage. Der Prophet Joseph Smith war seit zweieinhalb Jahren tot, die Kirche war aus Nauvoo vertrieben worden, und Tausende lebten nun im provisorischen Lager an den Ufern des Missouri, zwischen Iowa und Nebraska. In dieser Lage der Unsicherheit und Entwurzelung kam durch Brigham Young „das Wort und der Wille des Herrn“ – nicht als neue theologische Lehre, sondern als konkrete göttliche Anleitung für das Überleben und den geistigen Zusammenhalt des Volkes. Vers 2 fasst dabei das Grundprinzip zusammen: Organisation im Bund. 

Ein Bund in der Wüste – die theologische Linie von Mose bis Winter Quarters 

Die Formulierung erinnert sofort an das Alte Testament, insbesondere an die Zeit Israels in der Wüste Sinai. Auch dort wurde das Volk Gottes organisiert, „nach ihren Heerscharen“ (vgl. 4. Mose 1:52), und gebunden durch ein feierliches Bundesgelübde, „alles, was der Herr gesagt hat, wollen wir tun“ (2. Mose 19:8). Ebenso wie Mose führte Brigham Young ein Volk, das „aus Ägypten“ vertrieben worden war – aus einem Ort der Verfolgung und des Aufruhrs. Doctrine and Covenants Central hebt hervor, dass der Herr hier „die Sprache der Exodus-Geschichte bewusst wieder aufgreift“, um die Heiligen daran zu erinnern, dass sie „Teil derselben fortdauernden Heilsgeschichte Israels“ sind (Zusammenfassung nach doctrineandcovenantscentral.org). 

Der Befehl, sich zu organisieren „mit dem Bündnis und Gelübde, alle Gebote zu halten“, steht somit in der Tradition der heiligen Bundeserneuerung: Das Volk soll sich selbst heiligen, um in ein „Land des Friedens“ geführt zu werden (Vers 16). Der Bund war nicht nur ein Verwaltungsinstrument, sondern eine geistliche Verpflichtung, ähnlich wie im Buch Mormon, wo Alma und sein Volk „einen Bund schlossen, Gott zu dienen und seine Gebote zu halten“ (Mosia 18:10). 

Organisation als Ausdruck geistlicher Ordnung 

Historisch betrachtet war Winter Quarters mehr als ein Zufluchtslager. Es war ein Testgelände für den Aufbau Zions. Die Heiligen hatten aus den chaotischen Erfahrungen in Missouri und Nauvoo gelernt: Ohne göttlich inspirierte Ordnung führt menschliche Begeisterung zu Spaltung. So bestimmte der Herr, dass das „Volk der Kirche“ sich in klaren Abteilungen mit Hauptleuten über Hundert, Fünfzig und Zehn organisieren sollte (Vers 3). Diese Struktur spiegelt nicht nur das mosaische System wider (2. Mose 18:25), sondern auch das himmlische Prinzip der hierarchischen und zugleich dienstbereiten Ordnung. 

Steven C. Harper kommentiert, dass Brigham Young diese Organisation „nicht als bürokratische Notwendigkeit, sondern als geistliches Muster“ verstand – eine Vorbereitung für das kommende Zion (nach stevecraigharper.com). Das Wort „Bündnis“ zeigt, dass diese Struktur eine heilige Dimension hatte: Jeder, der Teil dieser Abteilungen wurde, erklärte sich bereit, nicht nur physisch zu reisen, sondern geistlich in Einigkeit zu handeln. 

Das Bündnis des Gehorsams – eine Erneuerung nach Nauvoo 

Nach dem Märtyrertod Joseph Smiths im Jahr 1844 war die Kirche in einer kritischen Phase. Viele hatten ihre Führer verloren, andere zweifelten an der Zukunft der Bewegung. In dieser Zeit erneuerte der Herr durch Brigham Young das grundlegende Prinzip, das schon in L&B 1:14 festgehalten war: „Wer nicht auf meine Stimme hört und meine Worte nicht annimmt, … soll aus dem Volke Israel ausgerottet werden.“ 

Das Bündnis in Vers 2 ist also keine formelle Erklärung, sondern ein heiliger Schwur des Volkes, dass es sich weiterhin an die göttliche Ordnung halten werde, die Joseph Smith begründet hatte. Doctrine and Covenants Central nennt diesen Abschnitt deshalb „die Verfassung des Priestertums“ – nicht im juristischen Sinn, sondern als erneuerte Verpflichtung, das Werk fortzuführen, das Joseph begonnen hatte (sinngemäß nach doctrineandcovenantscentral.org). 

Dieses Prinzip des kollektiven Gehorsams erinnert stark an das Buch Mose in der Köstlichen Perle, wo Enoch lehrt, dass „Zion eins war, und das Volk hatte ein Herz und einen Sinn“ (Mose 7:18). Genau dieses Ziel – geistige und soziale Einheit – wird hier wiederaufgenommen. 

Der Bund als Wegbereiter der Verheißung 

Vers 2 führt das Ziel des göttlichen Bundes nicht explizit aus, aber der Kontext macht es deutlich: Das Volk soll durch Gehorsam und Organisation an einen Ort geführt werden, „wo der Herr einen Zionspfahl errichten wird“ (Vers 10). Der Weg dorthin war sowohl wörtlich als auch symbolisch: eine Wanderung nach Westen und zugleich eine Bewegung zu größerer Heiligkeit. 

Der Bund, alle Gebote und Satzungen des Herrn zu befolgen, war somit die Bedingung für das Erreichen der physischen wie geistlichen „Verheißung“. In diesem Sinne spiegelt L&B 136 das Muster des gesamten Heilsplans wider: erst Gehorsam, dann Befreiung, dann Herrlichkeit. 

Im Buch Mormon findet sich dasselbe Prinzip in 1. Nephi 2:20: „Wenn du meine Gebote hältst, wirst du in das Land der Verheißung geführt werden.“ Und in L&B 82:10 bekräftigt der Herr: „Ich, der Herr, bin an mein Wort gebunden, wenn ihr tut, was ich sage.“ Das Volk der Heiligen lebte buchstäblich diese Verheißung – ihre Reise nach Utah wurde zum Symbol des Glaubensgehorsams. 

Gehorsam und Gemeinschaft – Gegengewicht zur Angst 

Bemerkenswert ist, dass der Herr hier das Gebot des Gehorsams unmittelbar mit der Verheißung des Schutzes verbindet. In Vers 17 sagt er: „Fürchtet eure Feinde nicht; denn sie werden nicht die Macht haben, mein Werk aufzuhalten.“ Das erinnert an die Zusage in Josua 1:9: „Sei stark und mutig; fürchte dich nicht.“ Der Bund war somit auch eine geistliche Waffe gegen Angst und Verzweiflung. 

Der kollektive Charakter des Gelübdes – „alles Volk … und diejenigen, die mit ihnen reisen“ – zeigt, dass die göttliche Führung nicht auf Mitgliederzahlen beschränkt war. Jeder, der sich unter das Joch des Bundes stellte, konnte Teil des Zionsvolkes werden. Dies spiegelt die universelle Einladung des Evangeliums wider, wie sie schon Christus ausgesprochen hatte: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid“ (Matthäus 11:28). 

Parallelen zur persönlichen Nachfolge heute 

Für heutige Leser wird dieser Vers zu einem Spiegel persönlicher Nachfolge. Der „Bund und das Gelübde“ sind nicht nur historische Kategorien, sondern bilden auch das Herzstück jedes christlichen Lebens. Wer getauft wird, verpflichtet sich, „den Namen Christi auf sich zu nehmen“ und „seine Gebote zu halten“ (Mosia 18:8–10). 

So wie die Pioniere nur gemeinsam nach Westen gelangen konnten, erreichen auch heutige Jünger Christi das geistliche Zion nur in Einigkeit und Treue. Der Aufruf, sich „in Abteilungen zu organisieren“, kann geistlich verstanden werden als Einladung, das eigene Leben zu ordnen – Prioritäten zu setzen, geistige Disziplin zu üben und sich mit anderen Gläubigen zu verbinden. 

In einer Zeit globaler Unsicherheit erinnert L&B 136:2 daran, dass Heil und Sicherheit nicht aus individueller Stärke entstehen, sondern aus der Bundesgemeinschaft, die auf Gehorsam gegenüber dem Herrn gegründet ist. Der Bund schafft Orientierung inmitten des Chaos und verwandelt Prüfungen in Gelegenheiten zur Heiligung. 

Schlussgedanke 

L&B 136:2 zeigt, dass der Herr seine Kirche nie unvorbereitet lässt, selbst in Momenten des Verlusts und der Neuorientierung. Durch Brigham Young erneuerte er das uralte Prinzip des Bundes, das Israel durch die Wüste getragen hat und das die Heiligen der Letzten Tage durch ihre Wüstenzeit nach Zion führen sollte. 

Das Bündnis, alle Gebote und Satzungen des Herrn zu befolgen, ist der rote Faden der Heilsgeschichte – von Mose bis zu den Pionieren, von Alma bis zu uns. Es ruft uns heute auf, in einer Welt des geistigen Wandels fest verankert zu bleiben, in Gemeinschaft und im Gehorsam gegenüber Gott. 

Wer diesen Bund bewusst erneuert, wird, wie die Heiligen damals, „in ein Land des Friedens“ geführt – nicht unbedingt geographisch, sondern geistig: in die Ruhe Christi (vgl. Moroni 7:3). Dort liegt die wahre Verheißung Zions. 

findechristus.org

Mittwoch, 26. November 2025

Ihr unschuldiges Blut ist ein großes Siegel

 

(Bild: Quelle)

„Und ihr unschuldiges Blut auf dem Fußboden des Gefängnisses zu Carthage ist ein großes Siegel, das dem ‚Mormonismus‘ beigefügt wurde und das von keinem Gerichtshof auf Erden verworfen werden kann.“ (Lehre und Bündnisse 135:7

Warum lässt der Herr manchmal zu, dass das Zeugnis Seiner Propheten erst durch ihr Leiden und ihr Blut unübersehbar wird? 

Lehre und Bündnisse 135:5–7 – Das Zeugnis des Blutes 

Vers 5 – Das Wort des Abschieds 

Der fünfte Vers verknüpft die letzten Handlungen Hyrum Smiths mit dem Buch Mormon: 

„Hyrum … las den folgenden Absatz kurz vor Ende des zwölften Kapitels von Ether …“ 

Dieser Moment ist von tiefer Symbolik erfüllt. Hyrum, der Patriarch der Kirche, öffnet die Schrift nicht zufällig, sondern als geistlich vorbereiteter Zeuge. Der gewählte Abschnitt (Ether 12:36–38) spricht vom Gebet um Nächstenliebe, von der Reinigung der Kleider und von einem Abschied „bis wir uns vor dem Richterstuhl Christi begegnen“. 

Damit deutet Hyrum sein eigenes Ende als Heimkehr und Zeugnis zugleich. Seine gefaltete Seite im Buch Mormon wird zu einem stillen Symbol: Das Wort, das er gelesen hat, bleibt im Buch eingeschlagen – als ewige Erinnerung an den Preis der Wahrheit. So wie das Buch Mormon durch göttliche Macht hervorgebracht wurde, wird es nun durch das Blut seiner Zeugen besiegelt. 

Hier begegnen wir einem uralten biblischen Motiv: Das Wort Gottes wird durch das Opfer seiner Boten bestätigt. In Hebräer 9:16–17 heißt es: „Ein Testament tritt erst in Kraft nach dem Tod dessen, der es gemacht hat.“ John Taylor greift dieses Bild ausdrücklich auf, wenn er schreibt: „Die das Testament gemacht haben, sind nun tot, und ihr Testament ist in Kraft.“ 

Damit wird klar: Das Werk Josephs und Hyrums war nicht beendet, sondern vollendet. Ihr Tod war kein Scheitern, sondern die Aktivierung des Bundes – so wie Christus durch sein Blut das neue Testament besiegelte, so bekräftigten diese Brüder den Bund der Wiederherstellung. 

Vers 6 – Das Blut des 19. Jahrhunderts 

„… hinfort werden ihre Namen unter die der religiösen Märtyrer eingereiht werden, und der Leser in jeder Nation wird daran erinnert werden, dass das Buch Mormon und dieses Buch, Lehre und Bündnisse … das beste Blut des neunzehnten Jahrhunderts gekostet haben.“ 

Hier spricht John Taylor nicht mehr als Chronist, sondern als Prophet des Gedächtnisses. Seine Worte sind zugleich Klage und Weihe: Das Evangelium wurde auf Kosten „des besten Blutes“ hervorgebracht. 

Diese Formulierung trägt doppelten Sinn. Einerseits meint sie den hohen moralischen Rang der Männer, die starben – rechtschaffene, tugendhafte Männer. Andererseits verweist sie auf den geistlichen Wert ihres Blutes als Zeugnisblut. Taylor deutet es als „Preis“, durch den das Evangelium der Welt gebracht wurde. 

Historisch gesehen war das Martyrium ein Wendepunkt. Die Kirche stand vor einer Bewährungsprobe: Sollte sie zerfallen oder sich unter göttlicher Führung erneuern? Der Tod der Brüder entfachte keinen Zerfall, sondern sammelte den Glauben der Heiligen. Brigham Young sprach später davon, dass die Märtyrer „die Saat“ waren, aus der Zion wachsen konnte. 

Spirituell gesehen ist hier von der Reinigungskraft des Blutes der Zeugen die Rede. Ihr Opfer brannte die Wahrheit in das Bewusstsein der Kirche ein. Wie Christus für die ganze Welt starb, so gaben Joseph und Hyrum ihr Leben für das fortgesetzte Werk der Errettung in der letzten Zeit. 

Wenn John Taylor sagt, ihr Blut sei „das beste Blut des neunzehnten Jahrhunderts“, dann meint er nicht weltliche Größe, sondern geistliche Würde. Das 19. Jahrhundert brachte industrielle und politische Revolutionen hervor – doch in Carthage geschah eine Revolution anderer Art: eine geistige Neugeburt, in der die Wahrheit teurer war als das Leben. 

Vers 7 – Das dreifache Zeugnis des Blutes 

Der letzte Vers ist zugleich Höhepunkt und Schlussakkord dieses heiligen Berichtes: 

„Und ihr unschuldiges Blut auf dem Fußboden des Gefängnisses zu Carthage ist ein großes Siegel … und ihr unschuldiges Blut auf dem Wappen des Staates Illinois … und ihr unschuldiges Blut auf dem Banner der Freiheit … ist ein Botschafter für die Religion Jesu Christi …“ 

Dreimal wiederholt John Taylor die Wendung „ihr unschuldiges Blut“ – jedes Mal mit neuer Bedeutung. 

  1. Auf dem Fußboden des Gefängnisses – das persönliche, greifbare Zeugnis. Es verweist auf den konkreten Ort des Martyriums, an dem Himmel und Erde sich berührten. Dieses Blut ist das sichtbare Siegel für alle, die zweifeln. 
  1. Auf dem Wappen des Staates Illinois – das gesellschaftliche Zeugnis. Es erinnert an die gebrochene Zusicherung des Gouverneurs, die den Mord ermöglichte. Damit wird die Schuld der irdischen Macht zum Teil der Botschaft: Kein menschlicher Verrat kann göttliche Wahrheit entkräften. 
  1. Auf dem Banner der Freiheit und auf der Magna Charta der Vereinigten Staaten – das universelle Zeugnis. Hier erhebt sich das Blut zum Symbol für Religionsfreiheit und Wahrheit in allen Nationen. Es wird zum „Botschafter“, der die Herzen ehrlicher Menschen überall berührt. 

Diese dreifache Symbolik entfaltet eine prophetische Vision: Das Blut der Gerechten ruft über Generationen hinweg. Es klagt nicht zur Rache, sondern zum Gedächtnis – damit die Welt erkenne, dass göttliche Wahrheit nicht ausgelöscht werden kann. 

Die letzte Wendung greift die Offenbarung des Johannes auf: 

„Ihr unschuldiges Blut wird zusammen mit dem unschuldigen Blut aller Märtyrer, die Johannes unterhalb des Altares sah, zum Herrn der Heerscharen schreien …“ 

Dieses apokalyptische Bild (Offenbarung 6:9–11) verbindet Carthage mit der himmlischen Geschichte der Zeugen Gottes. Joseph und Hyrum stehen in derselben Reihe wie Abel, Abinadi, Stephanus und unzählige andere, deren Blut Gott als heiliges Zeugnis annimmt. 

Das Siegel der Wahrheit 

John Taylor nennt das Blut der Brüder ein „großes Siegel“. In antiken Kulturen war das Siegel das Symbol der Beglaubigung – unauflösbar, verbindlich, unwiderruflich. Durch ihr Opfer wurde das Werk Josephs von Gott selbst besiegelt. Kein menschliches Gericht kann dieses Siegel brechen. 

In dieser Perspektive ist Carthage nicht das Ende der Geschichte, sondern der Punkt, an dem das irdische Zeugnis in himmlische Gewissheit übergeht. Das, was Menschen zu vernichten suchten, wurde durch ihr Verbrechen bestätigt. Ihre Tat sprach unbeabsichtigt für die Wahrheit dessen, was sie bekämpften. 

Taylor formuliert das mit schneidender Klarheit: 

„… und das von keinem Gerichtshof auf Erden verworfen werden kann.“ 

Hier verschmelzen historische Realität und göttliches Recht. Die Erde mag ihre Urteile sprechen, aber der Himmel setzt sein Siegel – und das Blut der Märtyrer ist die Tinte dieses ewigen Dokuments. 

Geistliche Lehren 

  1. Das Blut der Zeugen ruft zum Glauben, nicht zur Vergeltung. 
    Josephs und Hyrums Opfer bezeugen, dass Gottes Reich nicht durch Gewalt verteidigt, sondern durch Treue und Liebe bestätigt wird. Ihr Blut ruft nicht nach Rache, sondern nach Nachfolge. 
  1. Wahrheit wird durch Leiden glänzend. 
    In einer Welt, die Macht über Recht stellt, offenbart das Leiden der Gerechten die Kraft der Wahrheit. Wenn das Licht bekämpft wird, leuchtet es umso heller. 
  1. Göttliche Bestätigung übersteigt irdische Macht. 
    Kein politisches System, kein Gericht, keine Verleumdung kann das göttliche Werk annullieren, das mit Blut besiegelt wurde. 
  1. Erinnerung ist Teil des Bundes. 
    John Taylor lädt jede Generation ein, sich zu erinnern. Das Gedächtnis an Carthage ist nicht Vergangenheitsbewältigung, sondern Bundesbewahrung – die Verpflichtung, die Wahrheit weiterzutragen. 

Schlussgedanke 

L&B 135 endet mit dem Wort „Amen“ – ein einfaches, aber gewaltiges Schlusswort. Es bedeutet: So sei es. Es ist bestätigt. John Taylor beendet seinen Bericht damit nicht nur literarisch, sondern feierlich. Dieses „Amen“ steht stellvertretend für das Siegel Gottes über dem Leben der Märtyrer und über dem Werk der Wiederherstellung. 

Carthage bleibt in der Erinnerung der Heiligen nicht als Ort des Todes, sondern als Ort des Siegels. Dort wurde das Evangelium endgültig als wahr erklärt – nicht durch Worte, sondern durch Blut. 

 
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Dienstag, 25. November 2025

Mehr getan für die Errettung der Menschen

 

(Bild: Quelle)

„Joseph Smith, der Prophet und Seher des Herrn, hat mehr für die Errettung der Menschen in dieser Welt getan als irgendein anderer Mensch, der je auf ihr gelebt hat – Jesus allein ausgenommen.“ (Lehre und Bündnisse 135:3). 

Diese machtvollen Worte John Taylors gehören zu den ehrfürchtigsten Bekenntnissen der Kirchengeschichte. Sie sind nicht Übertreibung aus Schmerz, sondern Ausdruck tiefster Erkenntnis: In Joseph Smiths Leben und Tod erfüllt sich der göttliche Auftrag, die Fülle des Evangeliums wiederherzustellen – und sie mit dem höchsten Opfer zu besiegeln. 

Lehre und Bündnisse 135:1–4 – Joseph Smith, der Prophet und Seher des Herrn, wurde ermordet … 

Vers 1 – Das Besiegeln des Zeugnisses 

Der Abschnitt beginnt mit der Verkündigung: 

„Um das Zeugnis dieses Buches und des Buches Mormon zu besiegeln, geben wir den Märtyrertod … bekannt.“ 

Hier wird das Martyrium nicht nur als tragischer Abschluss verstanden, sondern als Akt des Besiegelns. Im biblischen Sinn bedeutet „besiegeln“ (vgl. Offb 7:3Eph 1:13), dass etwas bestätigt, beglaubigt und unverrückbar gemacht wird. Joseph und Hyrum starben nicht lediglich als Opfer eines Mobs, sondern als Zeugen, deren Blut zum „Siegel“ ihrer Botschaft wurde. 

Der Ausdruck erinnert an die Propheten alter Zeit, deren Zeugnis erst durch Verfolgung und Tod vollendet wurde. Wie Abinadi, der vor König Noah stand und „sein Zeugnis mit dem Blut besiegelte“ (Mosia 17:20), so bestätigten auch Joseph und Hyrum die Wahrheit des wiederhergestellten Evangeliums. Ihr Tod wurde damit nicht das Ende, sondern der letzte Beweis ihrer Sendung – eine Erfüllung göttlicher Vorsehung, die ihr Werk unvergänglich machte. 

Vers 2 – Das Zeugnis der Überlebenden 

John Taylor, der Verfasser des Abschnitts, spricht in Vers 2 als Augenzeuge: 

„John Taylor und Willard Richards … waren zu der Zeit die Einzigen im gleichen Raum …“ 

Diese persönliche Note verleiht dem Bericht Authentizität und Gewicht. Taylor überlebte schwer verwundet; Richards blieb unverletzt. Beide verstanden dies als Ausdruck göttlicher Bewahrung, damit das Zeugnis weitergetragen werde. Ihr Überleben war Teil des Plans: Sie sollten das Geschehen aufzeichnen und bezeugen, dass die Propheten unschuldig gestorben waren. 

Taylor stellt klar, dass kein menschliches Gericht ihre Unschuld hätte verneinen oder ihr Werk zerstören können. Ihr Blut auf dem Boden von Carthage wurde so zum „unwiderlegbaren Zeugnis“ (Vers 7). Hier offenbart sich ein geistliches Prinzip: Wenn irdische Gerichte versagen, spricht das Blut der Gerechten – wie das Abels (Hebr 12:24) – lauter als jedes menschliche Urteil. 

Vers 3 – „Mehr getan für die Errettung der Menschen …“ 

Dieser Satz ist in seiner theologischen Tiefe kaum zu überschätzen: 

„Joseph Smith … hat mehr für die Errettung der Menschen getan als irgendein anderer Mensch – Jesus allein ausgenommen.“ 

John Taylor vergleicht hier nicht Josephs Menschlichkeit mit der Göttlichkeit Christi, sondern betont die einzigartige Rolle des Propheten im Heilsplan dieser letzten Zeit. Während Jesus Christus die Quelle der Erlösung ist, war Joseph das Werkzeug ihrer Wiederherstellung. Durch ihn wurde die Fülle des Evangeliums, die in Jahrhunderten der Dunkelheit verloren gegangen war, erneut auf die Erde gebracht. 

Taylor zählt diese Werke auf: 
– Übersetzung und Veröffentlichung des Buches Mormon 
– Verkündung der Fülle des immerwährenden Evangeliums 
– Sammlung der Heiligen und Gründung von Zion 
– Offenbarungen und Gebote, die das Buch Lehre und Bündnisse bilden 
– Aufbau einer Gemeinschaft der Gläubigen 

Diese Leistungen werden in nur zwanzig Jahren zusammengefasst – ein erstaunlicher Zeitraum, in dem Joseph vom ungebildeten Bauernjungen zum Propheten und Kirchenführer wuchs. Der Satz, dass sein „Name nicht getötet werden kann“, hat sich prophetisch erfüllt: Millionen erkennen heute sein Wirken an, sein Zeugnis wird in über hundert Sprachen verkündet, und sein Einfluss auf den Glauben unzähliger Menschen bleibt lebendig. 

Vers 4 – „Ich gehe wie ein Lamm zum Schlachten …“ 

Die Worte, die Joseph wenige Tage vor seinem Tod sprach, zeigen eine Haltung, die an Christus selbst erinnert: 

„Ich gehe wie ein Lamm zum Schlachten, aber ich bin so ruhig wie ein Sommermorgen; mein Gewissen ist frei von Schuld gegenüber Gott und allen Menschen.“ 

In dieser Gelassenheit spiegelt sich tiefer Glaube und völliges Vertrauen in Gottes Plan. Joseph wusste, dass sein Weg nach Carthage in den Tod führen würde. Doch anstatt zu fliehen, ging er bewusst – nicht getrieben von Angst, sondern getragen von der Gewissheit seiner Berufung. Diese Ruhe entspringt einem reinen Gewissen und einer Liebe, die selbst vor dem Tod nicht zurückweicht. 

Das Bild des „Lamms“ ruft unweigerlich den Opfertod Christi in Erinnerung. Joseph folgt dem Beispiel des Erlösers, nicht in erlösender Funktion, sondern in Nachfolge und Zeugenschaft: Er legt sein Leben nieder für das Werk, das Christus ihm anvertraut hat. 

Das gemeinsame Zeugnis der Brüder 

John Taylor betont mehrfach die Einheit von Joseph und Hyrum: 

„Im Leben waren sie vereint, und der Tod hat sie nicht getrennt!“ 

Diese Formulierung hebt nicht nur ihre familiäre, sondern auch ihre geistliche Verbindung hervor. Hyrum war Patriarch, ein väterlicher Lehrer und Stütze Josephs. Ihr gemeinsames Sterben symbolisiert, dass das Prophetentum und das Patriarchat gemeinsam das Fundament der Kirche bilden – Offenbarung und Beständigkeit, Führung und Familie, Lehre und Zeugnis. 

Dass Hyrum vor seiner Abreise aus Nauvoo aus Ether 12 las, wo von Glauben, Schwäche und Reinigung der Kleider die Rede ist, verleiht seinem Tod tiefe symbolische Bedeutung. Es ist, als hätte der Herr selbst ihn vorbereitet und gestärkt, um sein Zeugnis zu vollenden. 

Das Blut als Siegel der Wahrheit 

Im gesamten Abschnitt steht das Bild des Blutes als Siegel im Mittelpunkt. Im Alten und Neuen Testament wurde das Blut des Opfers als Zeichen des Bundes verstanden – zuerst in den Tieropfern Israels, schließlich im Blut Christi, das „für viele vergossen“ wurde (Matthäus 26:28). 

So wird auch das Blut der Propheten zu einem Bundeszeichen. Es besiegelt das Werk, das sie verkündet haben, und macht ihre Botschaft unantastbar. John Taylor beschreibt, dass dieses Blut „auf dem Banner der Freiheit“ und „auf der Magna Charta der Vereinigten Staaten“ ein bleibendes Zeugnis ist. In dieser Sprache verbindet sich Patriotismus, Glaube und Prophetentum – die Märtyrer stehen für das göttliche Recht auf Wahrheit und Glaubensfreiheit. 

Geistliche Lehren 

  1. Wahrheit hat ihren Preis. 
    Göttliche Wahrheit fordert Opfer. Wer ihr treu ist, muss bereit sein, Anfeindung zu tragen. Josephs und Hyrums Tod erinnert daran, dass wahre Jüngerschaft Mut verlangt. 
  1. Zeugnis wird durch Treue bestätigt. 
    Ihr Beispiel lehrt, dass das stärkste Zeugnis nicht im Wort, sondern im Leben – und im Sterben – gegeben wird. 
  1. Gott macht das Opfer fruchtbar. 
    Was in Carthage geschah, führte nicht zur Zerstörung, sondern zur Ausbreitung der Kirche. Der Herr verwandelte Leid in Wachstum und Tod in Zeugnis. 
  1. Friede des Gewissens ist die höchste Gabe. 
    Josephs Worte „mein Gewissen ist frei von Schuld“ zeigen, dass innerer Friede nicht von äußeren Umständen abhängt, sondern vom Wissen, in Gottes Willen zu stehen. 

Schlussgedanke 

L&B 135:1–4 lädt uns ein, das Martyrium nicht als Katastrophe, sondern als Krönung des Zeugnisses zu verstehen. Joseph und Hyrum besiegelten ihr Werk durch das Blut des Glaubens – und machten so sichtbar, dass Gottes Wahrheit stärker ist als Gewalt und Tod. 

Wie kann mein eigenes Zeugnis – in Worten, Taten und Treue – zu einem lebendigen Siegel für die Wahrheit des Evangeliums werden? 

findechristus.org

Montag, 24. November 2025

Um das Zeugnis dieses Buches und des Buches Mormon zu besiegeln

 

(Bild: Quelle)

“Um das Zeugnis dieses Buches und des Buches Mormon zu besiegeln, geben wir den Märtyrertod des Propheten Joseph Smith und des Patriarchen Hyrum Smith bekannt. ...” (Lehre und Bündnisse 135:1). 

Dieser Vers führt uns mitten in das Geschehen von Carthage und lässt uns erkennen, dass das vergossene Blut der Propheten mehr war als ein Ende – es war ein göttliches Siegel der Wahrheit. 

Lehre und Bündnisse 135 – Das Zeugnis des Blutes 

Historischer Hintergrund – Die letzten Tage in Carthage 

Entstehungskontext des Abschnitts 

Der Text von L&B 135 wurde von Elder John Taylor verfasst, einem der Zwölf Apostel, der zusammen mit Joseph Smith, Hyrum Smith und Willard Richards im Gefängnis von Carthage inhaftiert war. Taylor war Augenzeuge des Martyriums und überlebte schwer verletzt. Er verfasste dieses bewegende Zeugnis nur wenige Tage nach dem 27. Juni 1844, zunächst für die Veröffentlichung im Times and Seasons, und es wurde anschließend in die 1844-Ausgabe des Buches Lehre und Bündnisse aufgenommen. Sein Bericht trägt die doppelte Bedeutung eines Augenzeugenprotokolls und eines apostolischen Zeugnisses. Der Abschnitt wurde nicht als Offenbarung diktiert, sondern als eine inspiriert formulierte Bekanntmachung des Märtyrertodes der beiden Brüder – und zugleich als feierliche Bekräftigung der Wahrheit ihres Werkes. 

Juni 1844 – Spannungen und Verrat 

Der Weg nach Carthage war das Ergebnis monatelanger politischer, gesellschaftlicher und religiöser Spannungen in Illinois. Joseph Smith war nicht nur der Präsident der Kirche, sondern auch Bürgermeister von Nauvoo und Kandidat für das Präsidentenamt der Vereinigten Staaten. Diese Machtkonzentration, verbunden mit Gerüchten über die Praxis der Mehrehe und wachsender Feindschaft unter abtrünnigen Mitgliedern, erzeugte ein explosives Klima. Der unmittelbare Auslöser war die Zerstörung der Druckerpresse des „Nauvoo Expositor“ am 10. Juni 1844. Die Herausgeber – ehemalige Mitglieder, die Joseph Smith des Machtmissbrauchs bezichtigten – hatten in ihrer einzigen Ausgabe Anschuldigungen gegen ihn veröffentlicht. Der Nauvoo-Stadtrat erklärte die Druckerpresse zur öffentlichen Belästigung und ließ sie gemäß dem Stadtrecht entfernen. 

Diese Entscheidung wurde von den Gegnern Joseph Smiths als Angriff auf die Pressefreiheit gedeutet und führte zu einem Haftbefehl wegen „Aufruhr“. Joseph und Hyrum Smith beschlossen, sich freiwillig zu stellen, um weiteren Gewaltausbrüchen vorzubeugen. Am 24. Juni 1844 ritt Joseph nach Carthage, begleitet von mehreren Freunden, unter ihnen John Taylor und Willard Richards. Bevor er Nauvoo verließ, sagte er mit prophetischem Blick: „Ich gehe wie ein Lamm zum Schlachten.“ (vgl. Vers 4). 

Im Gefängnis von Carthage 

Die vier Männer wurden in einem kleinen oberen Raum des Carthage Jail festgehalten, während draußen eine zunehmend feindselige Menge tobte. Gouverneur Thomas Ford hatte ihnen Sicherheit zugesichert, reiste jedoch selbst mit der Miliz aus der Stadt ab – ein verhängnisvoller Fehler. John Taylor beschreibt in seinem Bericht, wie die Gefangenen jene Tage in Gebet, Gespräch und Gesang verbrachten. Am Morgen des 27. Juni las Hyrum Smith aus Ether 12:36–38 im Buch Mormon – eine Stelle über Glauben, Nächstenliebe und das Reinge­macht-Werden der Kleider durch Treue. Diese Verse wurden zur geistlichen Vorbereitung auf ihr Schicksal

Gegen fünf Uhr nachmittags stürmte ein bewaffneter Mob von etwa 150–200 Männern das Gefängnis. Hyrum wurde als Erster tödlich getroffen, fiel mit den Worten: „Ich bin des Todes!“ Joseph feuerte seine Pistole zur Selbstverteidigung ab, doch vergeblich. Er sprang aus dem Fenster, rief: „O Herr, mein Gott!“ und wurde beim Aufprall erschossen. John Taylor wurde schwer verwundet; Willard Richards blieb auf wundersame Weise unverletzt. 

Das Zeugnis John Taylors 

John Taylor begann seinen Bericht mit den Worten: 

„Um das Zeugnis dieses Buches und des Buches Mormon zu besiegeln, geben wir den Märtyrertod … bekannt.“ (Vers 1

Er betrachtete den Tod der Brüder nicht als Zufall, sondern als Siegel ihres göttlichen Auftrags. In seinen Augen war ihr vergossenes Blut ein sichtbares Zeugnis, dass das Werk, das sie begonnen hatten, wahr und von Gott bestätigt war. In Vers 7 nennt er dieses Blut ein „großes Siegel“, das „von keinem Gerichtshof auf Erden verworfen werden kann“. Damit erhob Taylor die Tat über die Ebene politischer oder rechtlicher Fragen hinaus – sie wurde zum kosmischen Zeugnis der Wahrheit

Die Größe Josephs 

In Vers 3 formuliert John Taylor einen der kraftvollsten Nachrufe der Kirchengeschichte: 

„Joseph Smith … hat mehr für die Errettung der Menschen in dieser Welt getan als irgendein anderer Mensch, der je auf ihr gelebt hat – Jesus allein ausgenommen.“ 

Diese Worte fassen die Dankbarkeit der frühen Heiligen zusammen. Taylor listet die Taten Josephs auf: Übersetzung und Veröffentlichung des Buches Mormon, Offenbarungen, Sammlung der Heiligen, Gründung von Nauvoo – und betont, dass Josephs Name „nicht getötet werden kann“. Diese Formulierung erinnert an das biblische Prinzip, dass wahre Propheten im Tod triumphieren, weil ihr Zeugnis ewig bleibt. Wie die meisten Gesalbten in alter Zeit (vgl. Hebräer 11), besiegelte Joseph sein Werk „mit seinem eigenen Blut“. 

Parallelen zu biblischen Märtyrern 

Die Schilderung trägt deutliche Parallelen zur Steinigung des Stephanus (Apostelgeschichte 7) und zur Hinrichtung des Paulus. Beide litten um des Zeugnisses Jesu willen und starben mit einem Blick auf den Himmel. Auch Hyrum und Joseph verließen die Welt in Frieden des Gewissens (Vers 4). Wie Stephanus sahen sie über den Hass der Menschen hinweg und vertrauten auf göttliche Gerechtigkeit. 

In Vers 5 verknüpft Taylor die letzten Worte Hyrums mit dem Zitat aus Ether 12, wo der Prophet Moroni von der Reinigung der Kleider spricht. Damit stellte er Hyrum in die Linie der alttestamentlichen und neubiblischen Zeugen, deren Blut „unterhalb des Altars“ auf Gerechtigkeit wartet (vgl. Offenbarung 6:9-11). Der Text greift dieses Bild in Vers 7 wieder auf, wenn er sagt, dass ihr Blut zusammen mit dem aller Märtyrer „zum Herrn der Heerscharen schreien“ werde. 

Die Bedeutung des Martyriums für die frühe Kirche 

Das Martyrium Josephs und Hyrums markierte das Ende einer Ära. Es war nicht das Ende der Kirche, sondern der Beginn ihres weltweiten Auftrags. Viele Heilige sahen in diesem Ereignis die Erfüllung der Schriftworte, dass der Herr seine Propheten nicht im Stich lässt, sondern ihr Blut zum Zeugnis macht. Doctrine and Covenants Central bemerkt, dass die Gläubigen Josephs Tod als „Opfer der Versöhnung zwischen Erde und Himmel“ betrachteten (Zusammenfassung). Das Blut der Propheten wurde so zu einem heiligen Pfand, dass Gott sein Werk fortsetzen würde. 

Auch in praktischer Hinsicht hatte der Tod der Brüder eine tiefgreifende Wirkung. Wie Steven C. Harper erläutert, führte das Martyrium zur Stärkung der Führungsautorität des Kollegiums der Zwölf, das nun die Leitung übernahm. Es prüfte die Glaubenstreue der Mitglieder: Würden sie dem Zeugnis der Märtyrer folgen oder den Anfeindungen weichen? 

Geistliche Anwendung 

Für heutige Leser erinnert L&B 135 daran, dass wahres Zeugnis Opfer fordert. Joseph und Hyrum gaben nicht nur ihr Leben, sondern zuvor auch Jahre des Leidens, der Verfolgung und des unerschütterlichen Dienstes. Ihr Beispiel ruft jeden Nachfolger Christi auf, standhaft zu bleiben – auch, wenn der Preis hoch ist. Wie sie sollen wir „so ruhig wie ein Sommermorgen“ (Vers 4) dem begegnen, was Gott zulässt, im Wissen, dass Unschuld und Glauben stärker sind als Gewalt und Hass. 

Ihr unschuldiges Blut ist, wie Taylor schrieb, ein „Botschafter für die Religion Jesu Christi“ (Vers 7). Es ruft auch heute noch zum Glauben, zur Wahrhaftigkeit und zum Mut, Zeugnis abzulegen. Josephs Name wurde tatsächlich nicht getötet: Millionen erkennen ihn heute als Propheten an, der das wiederhergestellte Evangelium brachte. 

Schlussgedanke 

L&B 135 ist kein Bericht bloßer Tragödie, sondern ein Loblied auf göttliche Treue. John Taylor bezeugt, dass Joseph Smith „groß im Leben und groß im Sterben“ war, und dass Gott seine Propheten nicht verlässt. Wie bei Stephanus, Paulus und allen Gerechten vergangener Zeiten ist ihr Blut nicht vergebens, sondern das Siegel eines Bundes, der Himmel und Erde verbindet. 

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